Für neun Euro pro Monat mit dem ÖPNV durch ganz Deutschland - ein verlockendes Angebot, das Millionen Fahrgäste genutzt haben. Doch die spektakuläre Aktion mit dem Schnäppchenticket für Busse und Bahnen ist vorbei. Am 1. September lief das 9-Euro-Ticket aus. Die Spitzen der Ampel-Koalition hatten sich für das geplante nächste Entlastungspaket darauf verständigt, jährlich 1,5 Milliarden Euro für ein bundesweites Nahverkehrsticket bereitzustellen, wenn die Länder mindestens ebenso viel geben. Ziel ist ein Preis zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Dazu sind nun Beratungen mit den Ländern geplant.
- Was ist im Rahmen des 3. Entlastungspakets geplant?
- Wie geht es im September weiter?
- Welche Nachfolger waren bisher im Gespräch?
- Ab wann ist mit einer Anschlusslösung zu rechnen?
Nach 9-Euro-Ticket: Neues bundesweites Nahverkehrsticket soll kommen
Die Ampel-Koalition will ein neues, bundesweit gültiges Nahverkehrsticket schaffen. Ziel sei eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat, heißt es im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP, das am Sonntag in Berlin veröffentlicht wurde. Die Länder müssen der Finanzierung noch zustimmen. Der Bund will sich mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr an einem Nachfolger-Modell für das populäre Neun-Euro-Ticket beteiligen. Voraussetzung sei, dass „die Länder mindestens den gleichen Betrag zur Verfügung stellen“, heißt es in dem Papier.
Drittes Entlastungspaket: Nachfolge für 9-Euro-Ticket als Punkt
Die Koalition will mit weiteren Entlastungen der Energiekrise gegensteuern. Kanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte ein drittes Entlastungspaket an. Das 9-Euro-Ticket sollte einen bundesweit gültigen Nachfolger bekommen. Nach wochenlanger Diskussion über weitere Entlastungen wegen der steigenden Energiepreise haben die Führungsleute der Ampel-Koalition am ersten Septemberwochenende konkrete Schritte vereinbart. Hier gibt es alle Details zum dritten Entlastungspaket.
Bundeskanzler Scholz zuversichtlich bei 9-Euro-Ticket-Nachfolger
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zuversichtlich zu einem Folgeangebot für die 9-Euro-Tickets für Busse und Bahnen geäußert. „Das war eine große Sache“, sagte der SPD-Politiker Anfang September in der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag. „Und deshalb wird es eine Fortsetzung geben für eine Lösung, die das möglich macht: Bundesweit abonnierbare, digital buchbare Tickets zu haben, die zu einem vertretbaren Tarif überall in Deutschland die Nutzung des Nahverkehrs möglich machen.“ Dies sei eine gute Entscheidung, die aus der Krise gewachsen, aber für viel längere Zeit sinnvoll sei.
Wann kommt ein neues bundesweites ÖPNV-Ticket als Nachfolger?
Wann eine Anschlusslösung kommt, ist völlig offen. In diesem Jahr dürfte es aber nichts mehr werden. Allein für die technische Umsetzung einer dauerhaften Anschlusslösung für das 9-Euro-Ticket brauchen die Verkehrsunternehmen aus Sicht ihres Branchenverbands etwa drei Monate. Sollte die Politik also ein neues Angebot zum 1. Januar des kommenden Jahres starten wollen, müssten die politischen Entscheidungsprozesse „idealerweise“ bis Anfang Oktober abgeschlossen sein, sagte ein VDV-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur.
Die Nachfolge des 9-Euro-Tickets soll nach Wunsch von Bundesverkehrsminister Volker Wissing bis Ende des Jahres geklärt sein. „Unser Ziel ist, spätestens zu Beginn des Jahres 2023 ein neues Ticket zu haben“, sagte der FDP-Politiker am Dienstag im Bundestag. Es gehe um ein Angebot, das attraktiv, unkompliziert, digital und natürlich auch bezahlbar sei. Wie genau eine Folgeregelung aussehen soll, sei nun mit den Ländern zu besprechen. Der Bund will dafür schnell auf sie zugehen, wie Wissing klarmachte.
Was ist zur Finanzierung eines günstigen Tickets geplant?
Der Bund will sich mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr an dem Ticket beteiligen - wenn die Länder ihrerseits zur Finanzierung beitragen. Städtetagspräsident Markus Lewe hat die Länder aufgefordert, gemeinsam mit dem Bund einen deutschlandweiten Nachfolge-Fahrschein für das Neun-Euro-Ticket auf den Weg zu bringen. Die vom Bund vorgesehenen Mittel für solch ein neues Nahverkehrsticket würden bei Weitem nicht reichen, sagte Lewe der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Die Länder müssten in die Pflicht genommen werden. "Sie müssen sich jetzt bewegen", sagte der Städtetagspräsident. Die Finanzierung dürfe am Ende nicht bei den Städten hängenbleiben, warnte Lewe. Gleichzeitig müsse weiterhin massiv in den öffentlichen Nahverkehr investiert werden.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung ohne zusätzliche Neuverschuldung finanzieren. Der Bundeshaushalt 2023 werde wie geplant die Regeln der Schuldenbremse respektieren, sagte Linder am 4.9.2022 bei der Vorstellung der Koalitionspläne.
49- oder 69-Euro-Ticket: Vor- und Nachteile im Überblick
Tarifzonen, Ringe, Wochentage, nach 9.00 Uhr, mit Kind, ohne Fahrrad, älter als 65, und so weiter und so fort. Der Fahrkartenkauf für Bus und Bahn ist manchmal eine Knobelaufgabe. Im Sommer war das dank der pauschalen 9-Euro-Tickets alles egal - doch die beliebten Sondertickets sind jetzt passé. Das neue Ticket könnte diese Knobelei einfacher machen. Manchen wird das neue Ticket aber nichts bringen. Hier ein Überblick:
Für Abo-Kunden
Ob sich die Monatskarte für 49 bis 69 Euro für Stammkunden rechnet, hängt von Ort und Fahrtstrecke ab. Wer nur innerhalb seiner eigenen Stadt unterwegs ist, den erwartet ein mehr oder weniger großer Rabatt. In Berlin etwa kostet die Monatskarte 86 Euro. Wer regelmäßig fährt und sie im Abo bucht, ist aber mit gut 63 Euro im Monat schon jetzt unter Umständen günstiger dran als mit dem geplanten Ticket. In Frankfurt dagegen kostet das Abo in der günstigsten Variante bereits rund 77 Euro, in Paderborn hingegen nur etwa 55 Euro.
Klarer ist die Sache für Menschen, die aus dem Umland in Innenstädte pendeln. Für sie lohnt sich das geplante Angebot in den allermeisten Fällen. Denn bisher galt bei den Tarifen: je weiter, desto teurer. Wer etwa die 50 Kilometer zwischen Lüneburg und Hamburg pendelt, zahlt im Abo mindestens rund 187 Euro im Monat. Kommt der Einheitspreis, dann gilt: je weiter, desto größer die Ersparnis.
Ausflügler
Das 9-Euro-Ticket hat sich vor allem an touristischen Zielen bemerkbar gemacht. Viele nutzten die Gelegenheit für günstige Ausflüge. Das dürfte sich bei einer Nachfolgelösung für 49 bis 69 Euro ändern. Denn für gelegentliche Tagesausflüge, gerade mit mehreren Reisenden, sind häufig die bestehenden Länder-Tickets der Bahn oder das bundesweite Quer-durchs-Land-Ticket (zwischen 42 und 70 Euro je nach Anzahl der Reisenden) günstiger.
Dorfbewohner
Wenn in der Nähe selten Busse oder Züge halten, bringt auch die günstigste Fahrkarte nicht viel - so wie in vielen Dörfern. An mehr als jeder dritten Haltestelle in Deutschland kann man nach Berechnungen der Bahn-Tochter Ioki nicht mal einmal pro Stunde in die eine oder die andere Richtung fahren. Auch der Autofahrerclub ADAC mahnt an, weiterhin Lücken im öffentlichen Angebot zu schließen.
Familien
„Es fehlt die Familienkomponente“, kritisiert Karl-Peter Naumann, der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn. Denn eine kostenfreie Kindermitnahme wie beim Vorbild 9-Euro-Ticket ist bisher jedenfalls nicht angekündigt. Das werde manche davon abhalten, auf Bus und Bahn umzusteigen. „Für den Autofahrer macht es bei den Kosten aber keinen Unterschied, ob er seine Kinder mitnimmt.“
3. Entlastungspaket: Welche Entlastungen kommen?
Einige der Entlastungsschritte, auf die sich die Ampel-Koalition neu geeinigt hat, haben Wirkungen bis weit über den Winter hinaus. Andere sollen kurzfristig greifen. Folgende Bestandteile hat das Entlastungspaket, das am 4.9.2022 verkündet wurde:
- Wohngeld: Heizkostenzuschuss von 415 Euro
- Einführung des Bürgergelds, das Hartz IV ablösen soll und erhöht wird
- 1,5 Milliarden Euro für Neun-Euro-Ticket-Nachfolge in einer anderen Form
- Entlastung beim CO₂-Preis
- Entlastungen für Rentner (300 Euro)
- Entlastungen für Studierende (200 Euro)
- Erhöhung des Kindergelds und des Kinderzuschlags für einkommensschwache Familen
- Übergewinnsteuer: Gewinnabschöpfung bei Energiefirmen
- Höhere Grenze bei Midi-Jobs
- Steuerentlastungen
- Unternehmenshilfen
- Verlängerungen des erleichterten Zugangs zur Kurzarbeit
- Strompreisbremse
mit dpa und AFP