Die Bundesregierung hat das neue Wohngeld auf den Weg gebracht, mit dem den stark gestiegenen Energiekosten Rechnung getragen werden soll. Das Kabinett billigte den Gesetzentwurf von Bundesbaumministerin Klara Geywitz (SPD), mit dem sich die Zahl der anspruchsberechtigten Haushalte zum Beginn des kommenden Jahres von rund 600.000 auf zwei Millionen erhöhen soll. Die Beträge, die die Bezieher erhalten, sollen sich im Durchschnitt mehr als verdoppeln. Der derzeitige Durchschnittsbeitrag steigt damit von 180 Euro pro Monat auf 370 Euro.
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Wann kommt das neue Wohngeld?

Geplant ist ein Start zum 1. Januar 2023. Allerdings muss dafür das Gesetz bis Ende November gebilligt worden sein. Der Bundesrat muss noch zustimmen.
Allerdings wird es Wochen oder sogar Monate dauern, bis die Anträge für das neue Wohngeld dann durch sind. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt bei der Umsetzung der Wohngeld-Reform vor einer Überlastung der Ämter zu Beginn des neuen Jahres. „Da droht zum Jahresanfang ein Ämter-Chaos, so dass Menschen wochen- oder sogar monatelang auf die Bearbeitung und Auszahlung warten müssten“, sagte Verbandschefin Ramona Pop der „Welt“. Als Grund nannte sie die Ausweitung des Wohngeldes und der Heizkostenzuschüsse für niedrige Einkommensgruppen.

Wohngeld: Wer ist ab 2023 Wohngeldberechtigt?

Wohngeld bekommen aktuell Menschen mit kleinem Einkommen. Im Jahr 2020 erhielten laut Statistischem Bundesamt 618.165 Haushalte Wohngeld. Das waren 1,5 Prozent aller privaten Haushalte in Deutschland, die Hauptwohnsitz sind. Mit dem Wohngeldrechner der Regierung kann man herausfinden, ob man aktuell berechtigt ist und wie viel Geld man theoretisch bekommen könnte. Wenn man Anspruch hat, muss man einen Antrag bei seiner kommunalen Wohngeldbehörde stellen.
Ob man wohngeldberechtigt ist, hängt von einer komplizierten Rechnung ab - eine einfach zu merkende Einkommensschwelle gibt es nicht. Das dürfte ein Grund sein, warum bisher lange nicht alle Haushalte, die ein Recht darauf hätten, auch Wohngeld beantragt haben. Faktoren in der Rechnung sind Einkommen, Miete, Haushaltsgröße und Wohnort. Ob man Wohngeld bekommen könnte, kann man online mit dem Wohngeld-Rechner des Ministeriums ausrechnen lassen.
Menschen, die bereits Sozialleistungen wie die Grundsicherung oder Sozialhilfe erhalten, können kein Wohngeld beantragen. Denn bei ihnen sind Unterkunftskosten schon in diesen Leistungen berücksichtigt. Hilfe beantragen können aber auch Eigentümer, die ihre Wohnung selbst nutzen. Sie können den Wohnzuschuss bekommen, wenn sie wegen eines zu geringen Einkommens laufende Kosten nicht tragen können.
Ab Januar 2023 soll der Kreis der Berechtigten erweitert werden. Rentner und Rentnerinnen sollen wohl dauerhaft Anspruch auf Wohngeld erhalten. Die Details dazu werden noch erarbeitet – es ist also noch nicht klar, wie genau die wohngeldberechtigten ab 2023 erfasst werden.

Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte: 415 Euro

Als kurzfristige Maßnahme für die Heizperiode soll zudem von September bis Dezember 2022 einmalig ein weiterer Heizkostenzuschuss an die Bezieherinnen und Bezieher von Wohngeld gezahlt werden. Danach werde der Zuschuss für die Wohngeldberechtigten dauerhaft in das Wohngeld integriert. Bisher wird die Kaltmiete bezuschusst, künftig die Warmmiete. „Er beträgt einmalig 415 Euro für einen 1-Personen-Haushalt“, so das Ergebnispapier des Koalitionsausschusses der Ampel zum dritten Entlastungspaket. 540 Euro seien es für zwei Personen; für jede weitere Person seien es zusätzliche 100 Euro.

Wohngeld soll insgesamt erhöht werden

Das Wohngeld soll sich im Zuge der vom Bund geplanten Reform im Schnitt verdoppeln. Die Anhebung werde im Jahr 2023 voraussichtlich zu einer durchschnittlichen Erhöhung um rund 190 Euro pro Monat führen, heißt es in dem Gesetzentwurf von Bundesbauministerin Klara Geywitz. Der derzeitige Durchschnittsbeitrag steige damit von 180 Euro pro Monat auf 370 Euro.

Antrag für Wohngeld: Es wird lange Wartezeiten geben

Bauministerin Geywitz räumte ein, dass es wegen der Vielzahl neuer Anspruchsberechtigter zu Wartezeiten kommen könnte. Sie sagte dem Portal t-online: "Es wäre eine Illusion zu sagen: Wir haben 1,5 Millionen Antragsteller oder sogar noch viel mehr - und das macht gar kein Problem." In einer "idealen Welt würde man für eine solche Reform sicher zwei Jahre ansetzen. Wir haben aber keine zwei Jahre, sondern reagieren akut auf einen massiven Notstand, verursacht durch Russlands Angriffskrieg."
Die Regelung trete am 1. Januar in Kraft, dann könnten die Menschen einen Antrag stellen, der geprüft werde, sagte Geywitz. "Wie lange diese Prüfung dauert, hängt von den Regelungen in den Verwaltungen der Länder und Kommunen ab."
Geywitz rief die Länder dazu auf, den Prozess zur Beantragung des Wohngelds zu digitalisieren: Einige Länder hätten sich "schon vor geraumer Zeit auf den Weg gemacht, die Anträge zu digitalisieren. Die anderen wären gut beraten, das jetzt auch zu tun."
Der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise erwartet eine Verdreifachung der Fallzahlen, wie der Vorsitzende des Kommunalverbandes, Wismars Bürgermeister Thomas Beyer (SPD), am Montag auf Facebook mitteilte. Offen ist Beyer zufolge, ob die Software pünktlich einsatzfähig sein wird und mit welchem Personal der erwartete massive Anstieg der Fallzahlen bewerkstelligt werden soll. Dies alles erzeuge einen „erheblichen Druck“ auf die Städte und Gemeinden im Nordosten. Beyer versicherte dennoch, dass die Wohngeldstellen in den Städten, Gemeinden und Amtsverwaltungen die Bürger beraten und auch bei der Antragstellung helfen.