Mit einem 65 Milliarden Euro schweren dritten Entlastungspaket reagiert die Ampel-Koalition auf die massiv gestiegenen Energie- und Lebenshaltungskosten. „Wir werden niemanden alleine lassen“, bekräftigte Bundeskanzler Olaf Scholz nach mühsamen Beratungen von SPD, Grünen und FDP seit Samstag. Er zeigte sich überzeugt, dass Deutschland damit „durch diese schwierige Zeit kommen“ werde. Vorgesehen ist auch eine Strompreisbremse.
  • Wer soll günstiger Strom erhalten?
  • Finanzierung: Wie funktioniert das?
  • Wie hängt die Strompreisbremse mit der Übergewinnsteuer zusammen?

Drittes Entlastungspaket sieht eine Strompreisbremse vor

Die Ampel-Koalition hatte am Sonntag ein drittes Entlastungspaket vorgestellt. Eine geplante Maßnahme ist, dass für einen gewissen Basisverbrauch an Strom ein vergünstigter Preis gelten soll. Die vorgesehene Strompreisbremse soll nach dem Willen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) so schnell wie möglich in Kraft treten. „Wir müssen ganz viele Entscheidungen treffen, viele Regelungen durchsetzen, damit das gelingt. Das erste ist, dass wir die Zufallsgewinne, die jetzt auf dem Strommarkt erzielt werden, abschöpfen“, sagte Scholz am 4.9.2022 im Sommerinterview des ZDF.

Günstiger Strompreis: Wer soll vergünstigt Strom erhalten?

Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll ein vergünstigter Preis gelten. Privathaushalte sollen die Strommenge für einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis erhalten. Für kleine und mittlere Unternehmen mit Versorgertarif soll dies auch gelten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt.

Strompreisbremse: So soll der günstigere Strom finanziert werden

Finanziert werden soll die Preisbremse mit Einnahmen durch eine neue Erlösobergrenze für Energieunternehmen – also indem übermäßige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen. Das bedeutet, es läuft nicht über den Haushalt, sondern über eine Übergewinnsteuer, mit der Krisengewinne wegen der hohen Strompreise bei Energieunternehmen abgeschöpft werden sollen. Scholz sagte im ZDF, es gehe um Gewinne, „die nichts mit dem zu tun haben, was man eigentlich wirtschaftlich tut.“ Wer seit Jahren erfolgreich Windkraftanlagen, Solaranlagen, Kohle-, Wasser- oder Atomkraftwerke betreibe, produziere zu viel geringeren Kosten als diejenigen, die Strom mit Gas herstellten. „Aber der Preis für Strom wird gegenwärtig nach dem europäischen Marktdesign bestimmt durch diese Gaskraftwerke“, sagte Scholz.

Wie viel günstiger könnte der Strom für die Bürger werden?

Der SPD-Politiker wollte keine konkreten Angaben dazu machen, mit wie viel Geld durch das Abschöpfen von übermäßigen Gewinnen zu rechnen sei. Das hänge auch von der Entwicklung auf den Strommärkten ab, die man nur begrenzt voraussehen könne. „Wenn dort solche Zufalls-, Übergewinne im großen Maßstab anfallen, haben wir viele, viele Milliarden, um sie an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben.“ Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass es wieder Zeiten mit günstigen Energiepreisen geben werde. „Denn das kann man sagen, mit jedem neuen Offshore-Windpark, mit jeder Windanlage an Land, mit all' den Solaranlagen, mit viel Biomasse, mit dem Ausbau unseres Stromnetzes werden wir unabhängiger“, sagte er im Sommerinterview. Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner zufolge könnte sich in zweistelliger Milliardenbetrag für Entlastungen ergeben.
Lindners Liberale, die strikt gegen Steuererhöhungen sind, hatten sich lange gegen die Forderungen von SPD und Grünen nach einer Übergewinnsteuer gestemmt. Der FDP-Chef betonte nun, es gehe um eine „Maßnahme des Energie- und nicht beispielsweise des Steuerrechts“.
Die Bundesregierung setzt bei Strompreisdeckel und Übergewinnsteuer zunächst auf eine Einigung auf europäischer Ebene. Scholz betonte aber, notfalls sei die Bundesregierung auch bereit, die Pläne alleine auf nationaler Ebene "zügig" umzusetzen.

3. Entlastungspaket: Welche Entlastungen kommen?

Einige der Entlastungsschritte, auf die sich die Ampel-Koalition neu geeinigt hat, haben Wirkungen bis weit über den Winter hinaus. Andere sollen kurzfristig greifen. Folgende Bestandteile hat das Entlastungspaket, das am 4.9.2022 verkündet wurde:
mit dpa und AFP