Luiz Inácio Lula da Silva, häufig auch kurz „Lula“ genannt, ist wieder Präsident von Brasilien. Erneut, wohlgemerkt, denn er hatte bereits von 2003 bis 2011 das Präsidentenamt inne. Er löst damit seinen Vorgänger, der rechtsextreme Politiker Jair Bolsonaro ab.
Lula gilt als Kümmerer für die Ärmsten und Hoffnungsträger auch für Indigene, Umweltschützer und Minderheiten. Er will das unter Bolsonaro polarisierte Land wieder einen.
Wie hat sich Lula zum Gegenkandidaten von Bolsonaro etabliert? Wann war seine Amtseinführung? Wie äußert er sich zum dem Sturm auf das Regierungsviertel in Brasília durch militante Anhänger Bolsonaros? Karriere, Privates, politische Positionen – in diesem Porträt stellen wir euch Luiz Inácio Lula da Silva genauer vor.
Luiz Inácio Lula da Silva: Alter, Geburtsort, Ehefrau
- Name: Luiz Inácio da Silva
- Geburtstag: 27. Oktober 1945
- Geburtsort: Caetés, Pernambuco, Brasilien
- Alter: 76 Jahre
- Größe: 1,68 m
- Beruf: Politiker
- Partnerin: Rosangela „Janja“ Silva (55 Jahre alt)
- Kinder: Insgesamt sechs Kinder
- Mutter: Eurídice Ferreira de Melo
- Vater: Aristides Inácio da Silva
- Geschwister: Sieben Geschwister
Luiz Inácio Lula da Silva: Politische Karriere
Luiz Inácio da Silva wurde in am 27. Oktober 1945 in Caetés, Pernambuco geboren. Er stammt aus ärmlichen Verhältnissen und war das zweitjüngste von acht Kindern. Nach dem Umzug seines Vaters nach São Paulo zog die Mutter mit den Kindern 1952 ebenfalls dort hin. „Lula“ – so der Spitzname, den Luiz Inácio von seiner Mutter bekommen hatte – musste bereits früh arbeiten gehen, weshalb er nur eine marginale Schulbildung genießen konnte. Bereits mit zwölf Jahren war er Schuhputzer, Bote und Gehilfe in einer Wäscherei, um seine Familie finanziell unterstützen zu können. Später machte Lula eine Ausbildung zum Metallarbeiter. Aufgrund seiner Arbeit begann er sich in der Metallgewerkschaft zu engagieren und wurde 1972 zum Generalsekretär seiner Metallgewerkschaft in der Regionalgruppe São Bernardo do Campo und Diadema gewählt. Während der brasilianischen Militärherrschaft von 1964 bis 1985 setzte sich Lula für die Belange der Arbeiterinnen und Arbeiter ein, organisierte viele Demonstrationen und wurde der Anführer eines Arbeiterstreiks, weshalb er 1980 für einige Wochen verhaftet wurde. Im gleichen Jahr war Lula Mitgründer der brasilianischen Arbeiterpartei (Partido de los Trabahaldores), für die er neun Jahre später zum ersten Mal als Kandidat antrat. Nach mehreren Wahlniederlagen gelang ihm im Jahr 2002 mit über 61 Prozent der Stimmen gegen seinen Konkurrenten, den Sozialdemokraten José Serra, der große politische Durchbruch. 2006 wurde Lula wiedergewählt. Er gilt bis heute als einer der beliebtesten Ex-Präsidenten Brasiliens.
Am 30. Oktober 2022 wurde Lula als Präsident von Brasilien wieder gewählt.
Lula: Korruptionsvorwürfe und Gefängnis
Lulas Nachfolgerin im Präsidentschaftsamt war die Politikerin Dilma Rousseff, die allerdings 2016 in Folge eines Korruptionsskandals ihres Amtes enthoben wurde. Im Zuge der Ermittlungen gegen Rousseff wurde auch gegen Lula da Silva ermittelt. 2018 wurde er wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Lula wurde beschuldigt, Geldsummen in Höhe von umgerechnet über eine Million Dollar in Form von Bauarbeiten in seinem Appartement im Gegenzug für vermittelte Geschäftskontakte erhalten zu haben. Lula bestritt alle Anschuldigungen. Seine Anhänger sprachen von einem politisch motivierten Verfahren, das ihn davon abhalten solle, bei den Wahlen 2018 erneut für die Präsidentschaft zu kandidieren. Sie bezeichneten ihn als den ersten politischen Gefangenen seit der Militärdiktatur. Im März 2021 wurden die Anklagen gegen Lula aufgehoben, da das Gericht, welches die Prozesse um Lula geführt hatte, dafür nicht zuständig gewesen sei. Die Urteile wurden also aus prozessualen Gründen aufgehoben, es handelt sich nicht um einen Freispruch. Ob Lula erneut verurteilt werden soll, wird möglicherweise erst noch entschieden.
Die politischen Positionen von Luiz Inácio Lula da Silva
Aufgrund seines Hintergrundes setzte sich Lula in der Vergangenheit häufig für sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen ein. Im Vorfeld der Wahl 2022 äußerte sich Lula vor allem in sozialpolitischen Belangen. Außerdem solidarisiert er sich mit den indigenen Gemeinschaften, denen er seine Unterstützung ausspricht. Anders als sein Konkurrent Jair Bolsonaro äußert sich Lula öffentlich nicht rassistisch, homophob oder misogyn. Welche Standpunkte vertritt er im Vorfeld der Wahl 2022?
Lulas Sozialpolitik
Bereits während seiner ersten Amtszeit als Präsident Brasiliens führte Lula das Programm „Fome Zero“ (Null Hunger) zur Lebensmittelversorgung der armen Bevölkerung ein oder die „Bolsa Família“, ein Sozialhilfeprogramm, das ärmere Familien unter anderem mit Schulgeld unterstützt. Auch im Vorfeld der Wahl 2022 verfolgt er wieder eine sozialpolitische Agenda.
Klimawandel, Umweltschutz und die indigene Bevölkerung
Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Jair Bolsonaro, glaubt Lula an den menschengemachten Klimawandel. Er hat sich gegen die Zerstörung des Regenwalds und die Ausbeutung der Gebiete der indigenen Gemeinschaften ausgesprochen. Seine frühere Umweltministerin Marina Silva hat ihre Unterstützung für Lula verkündet und einen Plan mit Zielen vorgelegt, die Lula nach seinem Wahlsieg erreichen möchte. Hierzu gehört unter anderem die Reduzierung von Treibhausgasen und die Einrichtung indigener und ökologischer Schutzzonen.
Putin und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine
In einem Interview mit dem US-amerikanischen Wochenmagazin „Time“ äußerte sich Luiz Inácio Lula da Silva zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Er betonte, Russland hätte zwar nicht in die Ukraine einmarschieren dürfen, aber es sei „nicht nur Putin, der schuldig ist“. Die USA und Europa würden ebenfalls schuld tragen, da sie der russischen Regierung hätten zusichern müssen, dass die Ukraine der NATO nicht beitreten werde. Selenskyj, der Regierungschef der Ukraine sei „für den Krieg genauso verantwortlich wie Putin, denn am Krieg ist nicht nur eine Person schuldig“. Selenskyj habe „den Krieg gewollt“, sonst hätte er „mehr verhandelt“ und beispielsweise vorgeschlagen, „über die Nato- und EU-Mitgliedschaft weiter zu diskutieren“. Dies habe er nicht getan. Diese Äußerungen stießen auf scharfe Kritik beim ukrainischen Präsidentenberater Mykhailo Podolyak: „Lula da Silva spricht über die Schuld der Ukraine oder des Westens am Krieg. Das sind die Versuche Russlands, die Wahrheit zu verdrehen. Es ist ganz einfach: Russland hat die Ukraine heimtückisch angegriffen, der Krieg findet nur auf dem Gebiet der Ukraine statt, Russland tötet massiv Zivilisten. Klassischer Krieg der Zerstörung und Besetzung“, schrieb Podolyak in seinem Twitter-Account.
Die Amtseinführung von Lula 2023
Lulas Amtseinführung am 01. Januar 2023 war ein großes Spektakel, zu dem sich zehntausende Anhänger des Linkspolitikers unter sengender Sonne versammelten und bei dem bekannte brasilianische Musiker auftraten. Als der 77-Jährige in Begleitung seiner Frau Rosangela "Janja" da Silva sowie des neuen Vizepräsidenten Geraldo Alckmin im traditionellen Rolls-Royce-Cabrio vorbeifuhr, brandete lauter Jubel auf. "Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren und nicht nur für diejenigen, die mich gewählt haben", rief Lula später der Menschenmenge zu. Er werde den Hunger bekämpfen, "das schlimmste aller Verbrechen", sowie "alle Formen der Ungleichheit", sagte Lula, der von der Hitze und den Zeremonien sichtlich erschöpft war und teils mit den Tränen kämpfte.
Begleitet wurde die Amtseinführung von einem massiven Polizeiaufgebot, nachdem ein Bolsonaro-Anhänger an Heiligabend einen Anschlagsversuch mit einer Autobombe verübt hatte. Für Lula ist es die dritte Amtszeit - er war bereits von 2003 bis 2010 Präsident des größten lateinamerikanischen Landes. Zwischen 2018 und 2019 saß er nach einem hochumstrittenen Prozess wegen Korruptionsvorwürfen mehr als anderthalb Jahre im Gefängnis.
Das Idol der lateinamerikanischen Linken hatte sich am 30. Oktober in der Stichwahl mit hauchdünnem Vorsprung gegen Bolsonaro durchgesetzt. Durch seine Abreise in die USA weigerte sich Bolsonaro in einem seit dem Ende der Militärdiktatur 1985 beispiellosen Vorgang, Lula die traditionelle Schärpe des Staatsoberhaupts umzuhängen. Dies übernahm stattdessen eine Gruppe von Bürgern, unter ihnen der international bekannte Häuptling des indigenen Kayapo-Volkes, Raoni Metuktire, der seit langem für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes kämpft.
Lula ernannte 34 Minister, 14 mehr als unter der Vorgängerregierung und darunter elf Frauen, so viele wie noch nie in Brasilien. Auch unterzeichnete er mehrere Dekrete, welche den unter Bolsonaro erleichterten Zugang zum Waffenbesitz rückgängig machten.
So reagiert Lula auf den Sturm auf das Regierungsviertel in Brasília
Tausende Anhänger des ehemaligen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro haben am Sonntagnachmittag (Ortszeit) den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in Brasiliens Hauptstadt Brasilia gestürmt und verwüstet. Während Medien von einem versuchten Umsturz sprechen, verurteilte der am 1. Januar angetretene Präsident Luiz Inacio Lula da Silva die Aktion als "Akt von Vandalen, Terroristen und Faschisten". Gegen 19 Uhr (Ortszeit) konnte die Polizei die Kontrolle über die Gebäude erlangen. Rund 150 Personen wurden laut Medienberichten verhaftet. "Lula" machte die Regierung des Hauptstadtdistrikts für die Ausschreitungen verantwortlich. So sollen nur wenige Polizisten zum Schutz des Regierungsviertels eingesetzt worden sein, obwohl die Demonstration der Bolsonaro-Anhänger seit Tagen angekündigt worden war. Nahezu ohne Widerstand der Polizei konnten so die Angreifer in die Gebäude eindringen und diese verwüsten. Fernsehbilder zeigen zerstörte Möbel und Scheiben in den Gebäuden.
Lula, der sich am Sonntag im Bundesstaat Sao Paulo aufhielt, kündigte Ermittlungen und eine harte Hand gegenüber den Angreifern und den Hintermännern an. Zudem entzog er der Regierung des Hauptstadtdistrikts die Kontrolle über den Sicherheitsapparat und setzte einen Beamten des Justizministeriums ein.
mit dpa
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