Erst strenger Frost, dann plötzlich Tauwetter und anschließend Eisregen und neuer Schnee. Die Folge dieser Wetter-Extreme sind hunderte Verkehrsunfälle wegen glatter Straßen in ganz Baden-Württemberg und das angrenzende Bayern.
In Baden-Württemberg herrschen seit Mittwochmorgen (14.12.) immer wieder Eisregen und extreme Glätte: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat eine „Vorabinformation Unwetter“ vor Glatteis herausgegeben, die immer durch aktuelle Unwetterwarnungen erneuert und ergänzt wird.
Frostiges Wochenende im Südwesten
Ein frostiges Wochenende erwartet die Menschen im Südwesten. Am Samstag (17.12.) wird es nach der Auflösung von teils hartnäckigen Nebelfeldern meist sonnig, teilt der Deutsche Wetterdienst (DWD) mit. Die Temperaturen bewegen sich dabei zwischen -7 und -2 Grad.
Die Nacht auf Sonntag wird noch einmal so richtig kalt - bis -16 Grad. Der letzte Tag der Woche wird dann meist freundlich und bei -7 bis +3 nicht mehr ganz so eisig.
So stehen die Chancen auf weiße Weihnachten
Nach einer frostigen Nacht folgt dann am Montag (19.12.) der große Wetterumschwung. Die Temperaturen schießen örtlich auf bis +11 Grad nach oben. Damit schwindet auch die Chance auf weiße Weihnachten. Der DWD erwaretet derzeit an den Feiertagen in Deutschland bis zu zehn Grad und keinen Schnee. „Es deutet sich eher eine grüne Weihnacht an“, sagte DWD-Meteorologe Andreas Friedrich am Freitag in Offenbach. Meteorologisch wäre das jedenfalls nichts Ungewöhnliches. Denn laut Friedrich liegt in Deutschland an Weihnachten nur etwa alle zehn Jahre flächendeckend Schnee. Zuletzt war das im Jahr 2010.
Aktuelle Unfallmeldungen in der Übersicht
- Das Polizeipräsidium Ulm kann am frühen Freitagmorgen noch keine Auskunft über die Unfalllage in seinem Bereich geben. Ein Sprecher vom Führungszentrum sagt auf Nachfrage, dass die Situation „noch gesichtet“ wird.
- Das Polizeipräsidium Schwaben/Südwest hingegen hat mehr Informationen parat. Wie ein Sprecher mitteilt, hat es im Bereich des Präsidiums in der Nacht und am Morgen 23 witterungsbedingte Unfälle gegeben. Diese sind aber bis auf einige Leichtverletzte eher glimpflich ausgegangen.
- Laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Aalen ist die Nacht und der Morgen im Kreis Schwäbisch Hall, Ostalbkreis und Rems-Murr-Kreis im Vergleich zu den Vortagen „sehr sehr ruhig“ verlaufen. Nennenwerte Unfälle aufgrund von Glätte habe es demnach nicht gegeben.
- Ein ähnliches Bild zeichnet das Polizeipräsidium Reutlingen für seinen Bereich. Demnach hat sich der Anfangsstress auf den glatten Straßen der vergangenen Tage mittlerweile mehr oder weniger normalisiert. „Es ist nun mal Winter“, sagt der Pressesprecher. Klar gebe es einige witterungsbedingte Unfälle, diese würden sich aber im Rahmen halten. „Nichts Außergewöhnliches“, so der Sprecher.
Warnung vor gefrierendem Regen und Glatteis
Wörtlich heißt es am Donnerstag, 15.12.2022: „Ab dem späten Donnerstagabend kommt von Süden her gefrierender Regen mit verbreiteter Glatteisbildung auf. Im Laufe der Nacht zum Freitag geht der Regen von Nordwesten her zunehmend in Schnee über. Durch das verbreitete Glatteis sind Einschränkungen im Straßen- und Schienenverkehr möglich.“ Weite Teile von Südbaden bis nach Oberschwaben und eventuell auch die Schwäbische Alb werden demnach betroffen sein. Es würden erhebliche Verkehrsbehinderungen erwartet.
Die aktuelle Warnmeldung des DWD vor Unwettern und Glatteis gilt die ganze Nacht bis in den Freitagmorgen hinein. Genauer gesagt: Zwischen Donnerstag, 15.12.2022, 19 Uhr und Freitag, 16.12.2022 um 6 Uhr, und zwar für die Stadt Ulm, den Alb-Donau-Kreis und den Kreis Neu-Ulm.
Die aktuellen Unwetterwarnungen des DWD in der Übersicht
Wegen des Winterwetters ist höchste Vorsicht auf den Straßen in weiten Teilen Baden-Württembergs angesagt. „Eigentlich sollte man überall aufpassen“, warnen Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes. Der DWD veröffentlicht regelmäßig Warnungen in den Kategorien „Glatteis“, „Schnee/Glätte“ und „Frost“. Dazu schreibt der DWD im Detail, Stand Donnerstag, 14:30 Uhr, zur Entwicklung der Wetter- und Warnlage:
- Unwetterartige Glätte/Glatteis: Von Donnerstagabbend bis in die erste Nachthälfte zum Freitag in Oberschwaben örtlich Glatteis durch gefrierenden Regen, teils Unwetter! Eine Vorabinformation ist dementsprechend ausgegeben.
- Schnee und Glätte: Am Donnerstag gebietsweise Glätte durch überfrierende Nässe oder geringfügigen Schnee. Ab Donnerstagabend bis zum Freitag im Süden und in der Mitte 1 - 5 cm, südlich der Alb gebietsweise 5 - 10 cm Neuschnee.
- Frost: Am Donnerstag mit Ausnahme des Hochrheins und der Bodenseeregion verbreitet leichter Dauerfrost. In der Nacht zum Freitag leichter bis mäßiger Frost. Am Freitag tagsüber verbreitet leichter Frost.
Zahlreiche Unfälle: Wetterdienst warnt weiter vor glatten Straßen
Am Mittwoch und Donnerstag wurden in Baden-Württemberg hunderte Unfälle registriert, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Der Sachschaden geht nach ersten Angaben der Polizeipräsidien in die Millionen. Rettungskräfte kamen mancherorts an ihre Grenzen.
Zu den größeren Unfällen in der Region zählte ein umgekippter Lkw auf der A8 im Bereich der Anschlussstelle Ulm auf die Seite. Dort dauerte die Bergung mehrere Stunden. Laut Polizei war der Fahrer zu schnell unterwegs und kam deswegen mit seinem Lkw nach rechts auf eine Böschung ab.
Aktuelle Unfallmeldungen in der Übersicht
- Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Ulm teilte mit, dass sich außer dem Lkw-Unfall auf der A8 weitere Unfälle in der Region ereigneten. „Wir gehen aber nicht von einer dramatischen Häufung aus.“ Der Albaufstieg der A8 bei Aichelberg musste in der Nacht zu Donnerstag zeitweise gesperrt werden, als die Fahrbahn von Schnee und Eis befreit und Salz gestreut werden musste. Sowohl dort als auch auf der A8 bei Kirchheim unter Teck steckten am Donnerstag zahlreiche Laster fest.
- Das Polizeipräsidium Schwaden/Südwest berichtete ebenfalls von einigen Unfällen wegen des Wetters. Bis jetzt sind allerdings keine schweren Unfälle bekannt. Die gleiche Meldung kam vom Polizeipräsidium Aalen, dort ist man noch am Auswerten.
- Eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Reutlingen teilte mit, dass sich in der Region zwischen Donnerstag 21 Uhr und Freitag 5 Uhr 52 witterungsbedingte Unfälle ereignet hätten. Der gesamte Sachschaden betrage 400.000 bis 500.000 Euro. Es seien Menschen verletzt worden, Tote habe es nicht gegeben. Genaueres sei noch nicht bekannt.
Eisregen in Bayern: Züge zwischen Augsburg und Ulm fallen teilweise aus
Erneut ist Vorsicht auch auf Bayerns Straßen geboten: Der Deutsche Wetterdienst warnt auch am Donnerstag vor Glatteis. Bereits in der Nacht hat es vielerorts auf den Straßen gekracht. Schwer verletzt wurde dabei niemand, wie mehrere Polizeien mitteilten.
Auf den Autobahnen 9 und 99 bei München kam es zu über ein Dutzend Unfällen mit 23 beteiligten Fahrzeugen. Insgesamt entstand dabei ein Schaden von rund 120 000 Euro. Ein Mensch sei dabei leicht verletzt worden, teilte die Freisinger Polizei mit.
Auf den Bahnstrecken gäbe es trotz der extremen Witterungen bisher keine nennenswerten Einschränkungen. Das sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn am Donnerstagmorgen.
Das Unternehmen Go-Ahead Bayern meldete hingegen bereits am Morgen einige beschädigte Züge als Folge des Eisregens am Mittwoch. Deswegen sei der Zugbetrieb reduziert. Unter anderem fallen Züge auf der Strecke Augsburg - München und Augsburg - Ulm aus. Besonders im Augsburger Netz seien die Fahrzeuge „dem Blitzeis nicht gewachsen“, wie das Unternehmen mitteilte. Für Freitag plant das Unternehmen einen Pendelfahrplan rund um Augsburg. Dadurch müssten die Fahrgäste dort umsteigen, wenn sie beispielsweise Richtung Donauwörth oder Ulm weiterfahren wollen.
Viele Unfälle wegen Glatteis bereits am Mittwoch
- Laut Polizeipräsidium Ulm gab es bis zum Mittwochnachmittag im gesamten Gebiet Ulm und Göppingen ein bis zwei Dutzend Unfälle wegen der Witterung.
- In Schwaben haben sich bis Mittag elf Unfälle ereignet.
- In Reutlingen ist es so glatt, dass ein Räumfahrzeug verunglückte und umkippte.
- Auch in der Region um Ehingen ereigneten sich bereits Unfälle.
- Auch auf der Alb kracht es: In Hechingen überschlug sich ein Mann mit seinem Auto auf eisglatter Straße.
- In Südbaden ist die Lage dramatischer: In Freiburg sind nach vielen Glatteis-Unfällen die Kliniken überlastet.
Glatteis: Kliniken in Freiburg überlastet – Notversorgung
Weil die Kliniken wegen der vielen Glatteis-Unfälle am Mittwoch, 14.12., überfüllt waren, haben Rettungskräfte einen Behandlungsplatz in der Freiburger Messehalle aufgebaut. Verletzte wurden dort medizinisch versorgt und weitertransportiert, sobald eine Klinik wieder Kapazitäten hat, wie das Rote Kreuz am Mittwoch mitteilte.
Das Glatteis führte am Mittwoch zu zahlreichen Unfällen in der Region. Auf den Straßen rund um Freiburg habe es am Vormittag knapp 200 Einsätze mit Verletzten gegeben. In aufgebauten Zelten in der Freiburger Messehalle waren von Mittwochmittag an rund 70 Helfer des Roten Kreuzes, der Malteser und Johanniter im Einsatz.
So wird das Wetter in Baden-Württemberg am Donnerstag und Freitag
- Am Donnerstag meist stark bewölkt bis bedeckt, meist trocken. Im Norden zunehmend aufgelockert. Höchstwerte von -4 Grad im Nordosten bis +3 Grad am Bodensee. Schwacher Nordostwind mit im Bergland örtlich frische bis starke Böen.
- In der Nacht zum Freitag erneut aufkommende Bewölkung mit im Süden und in der Mitte einsetzender Schnee mit Glätte, anfangs im Südosten örtlich gefrierender Regen mit Glatteisbildung (UNWETTER). Weiter im Norden trocken. Tiefstwerte 0 bis -9 Grad.
- Am Freitag im Norden anfangs meist wolkig, im Tagesverlauf zunehmend sonnig; trocken. Weiter nach Süden bedeckt mit allmählich nachlassendem Schneefall; nachmittags Auflockerung. Höchstwerte zwischen -5 Grad auf der Alb bis +1 Grad bei Freiburg. Schwacher Wind aus nördlichen Richtungen, mit im Oberrheingraben frischen Böen.
Wetterexperte des DWD zum extremen Wetter
Bereits am Dienstag warnte ein Experte des Deutschen Wetterdienstes: „Das Ganze fängt harmlos mit leichtem Schneefall an, alles nicht so wild“, sagte er. „Dann aber wird es in der Nacht zum Mittwoch intensiver und am nächsten Morgen könnte es auch riskant werden.“ Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass der gefrierende Regen „teils über viele Stunden hinweg“ anhalte. „In der Folge sind massive Einschränkungen im Straßen- und Schienenverkehr zu erwarten.“ Strommasten und -leitungen könnten beschädigt werden, in Wäldern bestehe die Gefahr von Eisbruch.
Gefährliches Glätte-Phänomen: Was ist Eisregen?
Bei gefrierendem Regen fällt Regen oder Sprühregen aus einer wärmeren in eine kältere Luftschicht. Treffen die unterkühlten Wassertropfen auf den gefrorenen Boden, werden sie augenblicklich zu Eiskristallen und überziehen Straßen, Gebäude und Autos mit einem dünnen Eispanzer. Das Phänomen wird daher auch Eisregen genannt.
Unterschied zwischen Eisglätte und Glatteis
Für alle Menschen, die im Verkehr unterwegs sind, kann gefrierender Regen oder Eisregen ziemlich gefährlich werden - für Fußgänger auf Bürgersteigen ebenso wie für Radler, Motorradfahrer oder Autofahrer auf den Straßen. Meteorologen unterscheiden dabei zwischen Eisglätte und Glatteis. Bei der Eisglätte ist die Fahrbahn schon nass, wenn die Kälte kommt. Bei Glatteis ist zuerst der Frost da, dann kommt die Nässe und sorgt für Unfallgefahr.
Schon am Dienstagmorgen minus 12 Grad und kälter
Der Deutsche Wetterdienst hatte bereits am Montag eisige Temperaturen für Montag und Dienstag landesweit angekündigt. Und tatsächlich wurden in der Region Ulm und Neu-Ulm am Dienstagmorgen örtlich minus 12 Grad gemessen, in manchen Regionen auch minus 15. In den vergangenen Tagen hatte der Wintereinbruch in der Region zahlreiche Unfälle, teils mit Schwerverletzten zur Folge gehabt. Doch jetzt kommt es möglicherweise noch dicker.
Im Südwesten war es schon Montag eiskalt
Bereits in der Nacht zum Montag war es im Südwesten eiskalt: In Leutkirch im Allgäu (Landkreis Ravensburg) wurden den Angaben des Sprechers zufolge minus 19 Grad gemessen. In Meßstetten (Zollernalbkreis) waren es minus 17 Grad, in Geisingen (Landkreis Tuttlingen), Pfullendorf (Landkreis Sigmaringen) und Villingen-Schwenningen fielen die Temperaturen auf minus 16 Grad. In der Region Ulm zeigte das Thermometer am Montagmorgen gegen 7 Uhr minus 10 Grad an.