Ab 9. November 2020 hat das Auswärtige Amt eine erneute Reisewarnung für die gesamte Türkei herausgegeben. Das bedeutet das Aus für den so genannten sicheren „Reisekorridor“ in die Küstenprovinzen Antalya, Aydin, Izmir und Mugla und wirft auch schon einen Schatten auf die Saison 2021.
Hingegen soll die Bundesregierung laut internationalen Medienberichten aktuell mit EU-Ländern wie Spanien über Tourismuskorridore für die neue Normalität in Corona-Zeiten verhandeln. In erster Linie sei dabei an Destinationen wie Mallorca und die griechischen Inseln gedacht, heißt es. Für die Kanaren wurde die deutsche Reisewarnung ohnehin kürzlich wieder aufgehoben. Der dortigen Regierung schwebt ein Konzept mit PCR-Test oder zumindest einem Schnelltest bei Abflug und Ankunft vor. Dies könnte auch die touristischen Zielgebiete vor der Einschleppung von Infektionen schützen.
Hotels mit ihren ausgefeilten Sicherheits- und Hygieneprotokollen gelten mitnichten als Treiber der Corona-Pandemie, auch wenn Hotspots wie Palma de Mallorca zeitweise mit hohen Infektionszahlen zu kämpfen hatten.
Mutmaßlich falsche Corona-Zahlen in der Türkei
Grund für das vorläufige Ende der Zusammenarbeit mit der Türkei ist offenbar nicht unbedingt eine Häufung von Ansteckungen unter Touristen, sondern die Tatsache, dass das Land nur noch Corona-Fälle an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet, in denen Infizierte Krankheitssymptome aufweisen. „Dies entspricht nicht den geltenden Richtlinien der WHO, da eine erhebliche Zahl von Infizierten (...) auf diese Weise nicht erfasst werden“, hieß es vom Auswärtigen Amt. Die Bundesregierung hatte im August eine transparente und verlässliche Datenbasis über das Infektionsgeschehen verlangt. Das sieht sie nun nicht mehr als gegeben an.
Ausschlaggebend dafür ist eine Äußerung des türkischen Gesundheitsministers Fahrettin Koca. Dieser hatte am 30. September eingeräumt, dass bereits seit Ende Juli nur die Infizierten mit Symptomen als Corona-Fälle gemeldet würden. Anschließend sei die türkische Regierung aufgefordert worden, die Veröffentlichung der Daten wieder an internationale Standards anzupassen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. „Dies ist bislang nicht erfolgt, so dass eine verlässliche Bewertung des tatsächlichen Infektionsgeschehens in der Türkei nicht möglich ist.“ Damit sei eine zentrale Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Ausnahmeregelung nicht gegeben.
Türkische Ärztevereinigung kritisiert Daten
Die Türkische Ärztevereinigung (TTB) kritisiert seit Langem mangelnde Transparenz der türkischen Regierung. Gesundheitsminister Koca hatte zuletzt eingeräumt, dass die Fallzahlen vor allem in der Millionenmetropole Istanbul stark gestiegen seien. Genaue Daten gab er aber nicht bekannt.
Die Tageszeitung Hürriyet berichtete außerdem, dass örtliche Behörden offenbar neue Corona-Ausgangssperren planen, falls die Infektionszahlen in den kommenden Wochen nicht deutlich sinken. Es soll auch verstärkte Kontrollen in der Gastronomie und im Nahverkehr geben. Je nach Corona-Lage können die 81 Provinzen in Abstimmung mit der Regierung über Maßnahmen bis hin zum Lockdown entscheiden.
Hohe Corona-Zahlen in der Türkei
Derweil sind die Infektionszahlen sehr hoch. Die Daten würden nun wieder die Zahl aller positiv Getesteten erfassen, und nicht nur die der Infizierten mit Krankheitssymptomen, wie sie seit 29. Juli erhoben wurde, war im September behauptet worden, ohne dass es laut Auswärtigem Amt dann tatsächlich so kam.
Der türkische Ärzteverband will indes aus Regierungskreisen ein Papier erhalten haben, in dem die Zahl der täglichen Corona-Infektionen in Wirklichkeit auf mutmaßlich über 29.000 beziffert wird, während nur ein Bruchteil davon offiziell angeben wird. Darüber wurde in verschiedenen internationalen Medien berichtet.
Offiziell angegebene Corona-Zahlen für die Türkei
- Täglich mindestens 2300 neue Covid-19-Erkrankungen
- Mindestens 2300 Schwerkranke mit aktiver Corona-Infektion
- 70-80 Tote am Tag
- Über 10.400 Todesfälle seit Beginn der Pandemie
- Mehr als 379.000 Erkrankte seit März
- Über 327.000 Geheilte
- Stand: 3. November
- Quelle: Hürriyet