Vieles wurde beim Corona-Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten kontrovers diskutiert. Die einen fürchten sich vor steigenden Infektionszahlen und einer möglichen zweiten Corona-Welle in den Krankenhäusern, die anderen sehen die Existenz von ganzen Wirtschaftszweigen oder gar Freiheit und demokratische Mitbestimmung der Bürger und Abgeordneten in Gefahr. Laut Medienberichten hatten sich Bund und Länder am Mittwochnachmittag auf eine Art „Gesundheitsnotstand“ verständigt. Bei der Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde der schillernde Begriff, der auch rechtliche Folgen haben könnte, dann aber mit keiner Silbe mehr erwähnt. Stattdessen verkündete die Kanzlerin im Schlusssatz ihrer Pressekonferenz ein allgemeines „Verbot für touristische Reisen mit Schleierfahndung an den Grenzen“ an. Auf welche Rechtsgrundlage sich Bund und Länder dabei stützen wollen, wurde nicht weiter ausgeführt.
Gastronomie mobilisiert gegen pauschalen Corona-Lockdown
Merkel kündigte auch eine deutschlandweite Schließung der Gastronomie bis Ende November an. Lediglich zwei Ministerpräsidenten hatten sich im Vorfeld gegen eine pauschale Schließung der Gastronomie ausgesprochen, dann aber offenbar eingelenkt. Die Wirte und ihre Sympathisanten mobilisieren um Mitternacht am Brandenburger Tor unter dem Hashtag #alarmstuferot.
Erneute Kontaktbeschränkungen
In der Öffentlichkeit dürfen sich nur noch Angehörige zweier Haushalte treffen - maximal zehn Personen. Feiern in Wohnungen und privaten Einrichtungen wurden als „inakzeptabel“ bezeichnet.
Ärzte für abgestufte Corona-Ampel statt Lockdown
Eine von Ärzten ins Gespräch gebrachte Corona-Ampel mit abgestuften Maßnahmen scheint die Bundesregierung hingegen abzulehnen. Befürwortet wird stattdessen ein abrupter Lockdown mit strikten Kontaktverboten und spürbaren wirtschaftlich-gesellschaftlichen Einschränkungen ab Montag, 2. November.
„Eine pauschale Lockdown-Regelung ist weder zielführend noch umsetzbar“, sagte unterdessen der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen. Man könne nicht das ganze Land „Wochen und Monate in eine Art künstliches Koma“ versetzen – gerade auch angesichts bleibender Schäden für Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft. Nötig seien hingegen zielgerichtete Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
Corona-Lockdown für Fitness-Studios und Amateursport
Auf der Lockdown-Liste von Angela Merkel stehen unter anderem Fitnessstudios sowie diverse Branchen und Dienstleistungsbereiche (zum Beispiel Tattoo-Studios und Kosmetikstudios, Friseure bleiben geöffnet). Zum Beispiel ist zur Verhinderung von Reisen im Inland auch eine Schließung der Hotellerie vorgesehen, obwohl Bund und Länder beim Beherbergungsverbot jüngst politische und juristische Schlappen erlitten hatten.
Im Gegensatz zu früheren Corona-Gipfeln herrschte anders als sonst keine uneingeschränkte Einstimmigkeit. Der Thüringer Bodo Ramelow sieht sich nach eigenen Worten nicht als „Erfüllungsgehilfe des Kanzleramts“. Er verlangte künftig auch eine rechtzeitige Vorlage von Corona-Plänen und eine bessere Einbeziehung von Bundestag und Landtagen. Eine parlamentarische Abstimmung zumindest in München und in Erfurt hat der bayrische Ministerpräsident Markus Söder dann bei der Abschlusspressekonferenz angekündigt. Das Podium war vom Trio aus Merkel, Söder und Bundesratspräsident Michael Müller besetzt.
Auch Kultur- und Freizeiteinrichtungen betroffen
Nicht nur die Gastronomie und Dienstleistungsbranche ist betroffen, auch Freizeiteinrichtungen werden geschlossen. Dazu gehören Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Saunen, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und Bordelle. Alle Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.
Keine Schließung von Schulen und Kitas – Schnelltests für Heime
Anders als beim totalen Lockdown im Frühjahr 2020 sollen Schulen und Kitas dieses Mal so lange wie möglich offen gehalten werden, so das erklärte Ziel. Ausnahmen könnte es für massiv von Corona betroffene Gebiete geben. Allerdings war bisher nicht bekannt, wo die Schwelle für die Schließung von Bildungseinrichtungen nach einheitlichen neuen Corona-Regeln liegen könnte.
Außerdem denkt die Bundesregierung daran, Seniorenheime und Krankenhäuser mit Corona-Schnelltests zu schützen. Einen konkreten Zeitplan dafür gibt es aber offenbar noch nicht. Dagegen ist nicht geplant, bestimmte Risikogruppen zu isolieren oder gar vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen.