Das Interesse war immens. Die 860 Stühle sowie die kleine Tribüne in der Zollern-Alb-Halle waren fast voll besetzt – etwa 1000 Albstädterinnen und Albstädter kamen am Freitagabend zur offiziellen Kandidatenvorstellung für die Oberbürgermeisterwahl. 15 Minuten hatten die vier Bewerber Zeit, die Wähler von den jeweiligen Visionen für Albstadt zu überzeugen. Dabei glichen sich die Themenbereiche in weiten Teilen: ein geschätztes Ehrenamt in Vereinen, Albstadt als attraktiver Wohnort und starker Wirtschaftsstandort, der Ausbau von Kitaplätzen sowie Treffpunkte und Angebote für Jugendliche und Senioren.

Das sagt Udo Hollauer

Den Auftakt machte Udo Hollauer. Etwas besser zu machen, bedeute, zu gestalten. In diesem Fall, Albstadt zu gestalten. „Das ist der Grund dafür, warum ich Ihr neuer Oberbürgermeister werden möchte“, sagte Hollauer. Der aktuelle Erste Bürgermeister setzte auf seine Verwaltungserfahrung. Sein Handwerkszeug zu beherrschen, sei Grundlage für eine erfolgreiche Arbeit. „Das ist bei einem Oberbürgermeister nichts anderes als bei einem Handwerksmeister.“ Seit 20 Jahren in leitender Funktion im öffentlichen Dienst bringe Hollauer genau diese Voraussetzungen mit. „Ich kenne die Stärken der Albstädter Verwaltung, weiß aber auch, wo frischer Wind angebracht ist.“
Dass er keiner Partei angehört, sieht Hollauer als Vorteil. „An der Spitze einer kommunalpolitischen Behörde sind Parteiinteressen fehl am Platz. Ich habe den ungetrübten Blick aufs Wohl der ganzen Stadt.“ Beim Thalia und dem Hallenkonzept an sich jedoch sagte Hollauer zum einen: „Aus technischer und finanzieller Sicht ist ein Abriss alternativlos.“ Andererseits wolle er beim Thalia-Theater eine faire Bürgerbeteiligung ermöglichen.

Das sagt Roland Tralmer

Wichtig für Roland Tralmer ist die Kommunikation. Sowohl zwischen der Verwaltung und dem Gemeinderat als auch zwischen dem Gremium, dem Rathaus und den Bürgerinnen und Bürgern. „Wir müssen transparente Entscheidungen treffen. Albstadt besteht aus neun eigenständigen Stadtteilen, auf die gehört werden muss.“ Pläne und Gutachten habe man in der Vergangenheit zu Hauf gemacht – „doch es fehlt an der Umsetzung und an einem roten Faden in der Kommunalpolitik: „Wo wollen wir hin? Wo steht Albstadt in 10 Jahren?“
Die Sicherheit ist ein Aspekt, auf den Tralmer viel Wert legt. Bürgerturmplatz und Kurt-Georg-Kiesinger Platz in der Ebinger Ortsmitte sind bekannte Problemorte. „Wer hier das Problem leugnet, der irrt.“ Die Verwaltung müsse proaktiv auf die Menschen zugehen. „Der Gedanke, Verwaltung sei Obrigkeit, muss verschwinden. Verwaltungschef und Verwaltung selbst sind Dienstleister für die Einwohner dieser Stadt.“ Lauter Applaus.

Das sagt Markus Ringle

Markus Ringle werde als Kandidat, der für die Grünen im Gemeinderat sitzt, oft gefragt: Sind Sie für oder gegen Autofahrten? „Wer mit dem Auto fahren möchte oder muss, kann und soll diese Option auch gerne weiterhin nutzen. Für diejenigen, die nicht Auto fahren müssen oder möchten, gilt es ebenfalls attraktive und sichere Mobilitätsangebote zu schaffen, um eine Mobilität für alle zu erreichen.“
Dem Fachkräftemangel möchte Ringle mit einer „Fachkräfte-Allianz“ entgegentreten. Seine Vorstellung: „Wirtschaft und Verwaltung verfolgen in dieser Allianz das gemeinsame Ziel, offene Stellen zu besetzen und Albstadts Attraktivität nach außen zu kommunizieren.“

Wenske von der Bühne gebuht

Keine zwei Minuten dauerte der Auftritt von Thomas Wenske, bis Buhrufe aus dem Publikum kamen. Wenske versuchte, die Plattform für seine Verschwörungstheorien zu nutzen – das war den Albstädtern zu viel. Zahlreiche Zuhörer verließen die Halle. Spätestens als Wenske von der Corona-Impfung als „größtes medizinisches Verbrechen der Menschheitsgeschichte“ sprach, musste Oberbürgermeister Klaus Konzelmann als Leiter des Abends unterbrechen: „Bitte erklären Sie doch Ihre Versionen von der Zukunft Albstadts“, versuchte es Konzelmann diplomatisch. Wenske hatte nicht mehr viel zu sagen außer: „Ich sammle seit 40 Jahren Informationen und weiß mehr als die meisten Menschen auf der Erde.“ Dann setzte er sich.

Windkraft und Leerstand

Es folgte die Fragerunde, die viele Bürger nutzten. Wie stehen die Kandidaten zur Windkraft? Für Udo Hollauer stehen dabei rechtlichen Hürden im Weg. Albstadt liege zu hoch, Windräder würden in den überwachten Luftraum ragen und seien somit gesetzlich untersagt. Roland Tralmer war das zu wenig: „Dennoch haben wir Flächen, auf denen es eventuell möglich ist. Wenn die Energiewende wirklich gelingen soll, müssen wir den Energie-Mix anstreben.“ Auch Markus Ringle sieht Windkraftanlagen als möglich an. „Wenn wir Flächen freigeben, sind sofort Investoren da. Es liegt also nicht am Kapital, sondern am politischen Willen.“
Wie man Fachpersonal für Kindergärten und Schulen gewinnen möchte, wollte Nicole Schmidt aus Tailfingen wissen. Der Tenor: Ein Mix aus unterschiedlichen Betreuungsformen sei hilfreich. „Wir haben beim Bauernkindergarten gesehen, dass wir eine hohe Zahl an Bewerbungen hatten“, sagte Hollauer.
Uwe Seidel aus Margrethausen kritisierte den Verfall von Häusern und Straßen sowie den hohen Leerstand. Für die Kandidaten ist das eine Frage der Priorisierung – man könne nicht alle Probleme gleichzeitig angehen.