Herr Ringle, warum kandidieren Sie für das Amt des Oberbürgermeisters?

Markus Ringle: Es liegt mir viel an dieser Stadt, deswegen bin ich auch im Grünen-Ortsverband aktiv, bin im Gemeinderat und engagiere mich in Vereinen. Nicht zuletzt aufgrund meiner Kinder gilt mein Blick immer mehr der Zukunft. Wohin soll die Reise gehen? Auf dieser Reise würde ich gerne die Stadt mitgestalten, mitlenken, die Weichen stellen für die nächsten 20 bis 30 Jahre. Ich habe den Eindruck, dass verschiedene Punkte derzeit nicht behandelt oder nicht ausreichend behandelt sind.

Welche Punkte sind das?

Ein mir wichtiger Punkt ist der Stil der Kommunikation zwischen der Verwaltung, dem Gemeinderat und den Bürgern. Hier wünsche ich mir eine Veränderung. Ich stehe für eine transparente, zielorientierte und offene Gesprächskultur.

Haben Sie diese Attribute auch aufgrund Ihrer Arbeit als Geschäftsführer eines Sicherheitsunternehmens?

Ich war und bin ein Arbeitsleben lang Dienstleister. Ich kenne die Herausforderungen unter Zeitdruck, auch mit vielen Mitarbeitenden zusammenzuarbeiten. Projekte umzusetzen und zu erfolgreichen Ergebnissen zu führen, ist mir bisher stets gelungen. Diese Fähigkeiten möchte ich gerne einbringen.

Und wie sieht es mit den Bürgerinnen und Bürgern aus?

Wenn die Mitarbeitenden der Verwaltung als „Team Albstadt“ geschlossen und harmonisch agieren, dann ist das spürbar. Das gilt für die Bürger und gleichermaßen für die Wirtschaft, die viele solcher Schnittstellen zur Verwaltung haben. Am Ende geht es darum, dass man den Dienstleistungsgedanken lebt.

Wie kann das gelingen?

Mit dieser Haltung möchte ich den Gedanken, die Lösung zu finden, in den Vordergrund stellen. Das bedeutet zum Beispiel, dass bereits erarbeitete Konzepte und Lösungen aus vergleichbaren Sachverhalten herangezogen werden können, damit Abläufe beschleunigt werden können. Wenn ich mir bewusst bin, dass ich eine Lösung suche, dann verändert sich Haltung grundsätzlich. Diese Bürgernähe gilt es zu leben. Da gibt es ganz praktische Ansätze.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Auf der Homepage der Stadt Albstadt gibt es wenige E-Services und eine große Sammlung von PDF-Formularen. Diese PDFs kann man herunterladen, zu Hause ausfüllen und wieder zurückschicken oder abgeben. Das ist kein digitaler Prozess. Aufgezeigt an diesem Beispiel, möchte ich die bürgernahen Prozesse beleuchten und die Möglichkeiten der digitalen Optimierung nutzen. Hierfür muss man nicht immer auf das Land oder Berlin warten.

Solche Veränderungen kosten allerdings Geld. Ist es bislang an der Finanzierung gescheitert?

Ich glaube nicht, dass es am Geld lag. Meiner Meinung nach lag der Fokus bisher nicht ausreichend auf der Digitalisierung. Die Mittel, die dafür erforderlich wären, lassen sich in den Haushalten ganz sicher finden. Es ist ein vorgelagerter Prozess. Diese Investition amortisiert sich schnell durch die Erhöhung des Effizienzgrades.

Langfristig könnten digitale Prozesse auch Personal sparen.

Die Erhöhung des Effizienzgrades erhöht die Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Das bedeutet, dass Abläufe zuerst beschleunigt werden. Das schafft mehr Bürgernähe und mehr Spielraum für die Aufgaben der Zukunft. Die Verwaltung ist dafür gut und richtig aufgestellt.

Wie lässt sich eine Verwaltung neben der Digitalisierung noch effizienter gestalten?

Zunächst müssen die unbesetzten Stellen in der Verwaltung besetzt werden, dazu gehören auch die freien Stellen in Bildung und Betreuung, vor allem in den Kitas. Ferner gehört dazu, dass Synergien genutzt werden. Das betrifft vorhandene Arbeitsfelder, Verfahren und Abläufe.

Das erfordert eine gewisse Dynamik. Gibt es diese?

Eine kommunale Verwaltung unterliegt einer lebensüblichen Dynamik. Diese gilt es zuzulassen und gemeinsam mit dem Gemeinderat zu leben.

Wie würde das aussehen?

Als Oberbürgermeister würde ich die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat inhaltlich intensiver und konstruktiver gestalten. Dazu braucht es an ganz vielen Stellen einen größeren Vorlauf. Denn die Stadträte sind im Ehrenamt. Sie müssen Vorlauf haben, um sich intensiv mit den Themen beschäftigen zu können. Es soll zudem noch die Möglichkeit geben, mit den Bürgern Themen zu reflektieren. Dies ist im Moment zeitlich nicht möglich.

Beim Theater Thalia gab es die Kritik, Bürger wurden nicht genug informiert. Haben Sie deswegen das Bürgerbegehren ins Leben gerufen?

In der Sommerpause vergangenen Jahres war so viel Unruhe bei der Bürgerschaft zu spüren, dass ich wissen wollte, wie groß die Dimension derer ist, die nicht mit diesem Beschluss einverstanden sind. So entstand die Onlinepetition mit über 4000 Personen, die sich gegen den Abriss ausgesprochen haben. Davon waren 2600 in Albstadt wahlberechtigt. Die Dimension derer, die nicht einverstanden sind, ist aus meiner Sicht politisch nicht mehr zu vernachlässigen.

Ein Bürgerentscheid wurde aus förmlichen Gründen abgelehnt. Dennoch wird das Thalia neu beraten. Sind wir dann nicht eher bei einer Verhinderungskultur?

Nein. Fehler dürfen gemacht werden. Darüber muss man reden und sie gegebenenfalls korrigieren. Dieser Prozess wurde mit der Petition angestoßen.

Wo lag denn der Fehler?

Im Laufe der Petition gab es viele Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern. Fast immer wussten sie gar nicht, dass das Theater abgerissen werden soll. Der vom Gemeinderat beschlossene Abriss war nicht ausreichend kommuniziert. Die Begründung für den Abriss ist einseitig und nicht im vollen Umfang dargestellt. Alternativen mit den möglichen Sanierungskosten wurden nicht geprüft. Das ist fundamentale Aufgabe einer Verwaltung.

Die Sitzungen dazu waren öffentlich. Ist der Bürger nicht auch in der Pflicht, sich zu informieren?

Hier sehe ich die primäre Aufgabe der Verwaltung. Wenn ich möchte, dass Entscheidungen wahrgenommen werden, muss die entsprechende Kommunikation initiiert und vorangetrieben werden. Die Verwaltung muss die Bürgerschaft erreichen. Es sollte unser ständiges Bemühen sein, die anstehenden, prägenden Themen in der richtigen Reihenfolge transparent zu machen. Bereits im Moment der Planungsschritte sind die Bürger mit einzubeziehen.

Verlangsamt die Bürgerbeteiligung einen Prozess nicht auch?

Nein, ich sehe es gerade andersherum. Dass Prozesse verlangsamt oder gestoppt werden, passiert im Nachhinein und gerne dann, wenn die Einbindung nicht vorhanden war.

Sie sind und waren als Bürger immer schon selbst aktiv. Haben beispielsweise Rad-Demos veranstaltet. Wie ist die Radinfrastruktur der Stadt?

Ich bin davon überzeugt, dass die Mobilitätswende auch in Albstadt das Rad braucht. Aber wenn wir Leute aufs Rad bringen wollen, dann muss die Radinfrastruktur zumindest mal sicher sein. Das ist ein Minimum. Kinder müssen beispielsweise mit dem Rad sicher zur Schule kommen. Das ist aktuell an kaum einer Schule möglich. Dabei gibt es von 2015 ein Radkonzept, das wird nur nicht umgesetzt. Das hat Udo Hollauer in seiner Amtszeit versäumt. Er hat dem fertigen und guten Projekt die Priorität nicht eingeräumt.

Die Mobilitätswende betrifft nicht nur den Radverkehr, sondern auch den ÖPNV und Fußgänger. Welche Stellschrauben gibt es da in Albstadt?

Wir haben Menschen, die von ihren Häusern zu Fuß nicht in die Stadt kommen, weil die Fußwege und Treppen in keinem guten Zustand sind. Da hilft auch kein guter ÖPNV, wenn die Menschen nicht zu den Bushaltestellen kommen. Beim ÖPNV benötigt es zusätzlich mehr Haltestellen und eine engere Taktung. Da reichen auch kleinere Busse. Denn Mobilität ist ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor.

Wirtschaft und Arbeitskräfte sind Themen Ihres Wahlkampfs. Albstadt hat doch viele erfolgreiche Unternehmen. Woran fehlt es?

Die Stadt war und ist ein attraktiver Standort für die Wirtschaft, Industrie und Gewerbe, weil die Infrastruktur passend ist. Wir haben aber ein Arbeitskräfteproblem, deswegen müssen wir als Zusammenschluss mit Wirtschaft, Vereinen und Verwaltung die Attraktivität der Stadt auch nach außen kommunizieren. Denn Albstadt ist eine sehr lebenswerte Stadt.

Am 5. März entscheiden die Albstädter, wer der nächste Oberbürgermeister wird. Warum sollten die Bürgerinnen und Bürger Sie, Herr Ringle, wählen?

Wenn der Wunsch nach Veränderung in unserer Stadt im Vordergrund steht, dann bin ich der Kandidat, der das verkörpert. Ich bin erst seit 2022 Mitglied des Gemeinderats und war nicht wie meine Mitbewerber an den Entscheidungen der letzten zehn Jahre maßgeblich beteiligt. Die Stadt Albstadt muss nicht von einem Verwaltungsexperten geführt werden. Als Oberbürgermeister kann ich mich auf das Verwaltungs-Know-how im „Team Albstadt“ verlassen und mich auf die Ziele gemäß meines Wahlslogans fokussieren: „Albstadt neu denken: Lebenswert, miteinander, innovativ“.

Zur Person:

Der 52-jährige Markus Ringle sitzt seit Oktober vergangenen Jahres für die Grünen-Fraktion im Gemeinderat Albstadt. Zudem ist er Geschäftsführer von „Be Save Sicherheit + Service e.K.“. In Ebingen groß geworden, lebt er dort mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern. Deren Bedürfnisse als junge Generation – wie Klimaschutz und eine lebenswerte Zukunft – sind Teil seines Wahlprogramms.
Gemeinsam mit seiner Familie ist er Mitglied des TSV Ebingen und des Ski-Clubs Onstmettingen. Zudem ist Ringle im Förderverein Oststadtschule und in dem des Gymnasiums Ebingen. Damit nicht genug: Der studierte Informatiker und Textiltechniker ist Elternvertreter des Gymnasiums und Ortsverbandsvorsitzender der Grünen Albstadt.