Wenn es darum geht, die Stadt Albstadt zu gestalten, dann kommt man an ihm nicht vorbei: In seiner Funktion als Erster Bürgermeister laufen eigentlich alle Bauprojekte der Stadt über Udo Hollauers Schreibtisch. Mit der kommenden Oberbürgermeisterwahl am 5. März strebt er nach mehr: Er möchte für die Stadt Impulsgeber weitreichender Strategien sein, sagt er im Interview mit der SÜDWEST PRESSE.
Herr Hollauer, als Erster Bürgermeister gestalten Sie Albstadt schon aktiv mit. Warum haben Sie sich für den Posten des Oberbürgermeisters beworben?
Udo Hollauer: Ich bin nun schon seit fast elf Jahren hier, und die Stadt ist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich sehe mich als Teil dieser Stadt. Für mich sind die vielen positiven Begegnungen, Gespräche und Rückmeldungen aus der Bürgerschaft Antrieb und Motivation, Oberbürgermeister zu werden. Außerdem stammt die Umsetzung vieler baulicher Projekte der vergangenen Jahre von mir. Bei meiner Bewerbung um den Ersten Bürgermeister habe ich gesagt, die Ideenwerkstatt steht im Rathaus Tailfingen.
Sie können die Stadt ja auch weiterhin als Baubürgermeister gestalten – warum also die Kandidatur?
Ich habe meine eigenen, generellen Vorstellungen, wie unsere Stadt in Zukunft aussehen kann. Diese Vorstellungen letztendlich so umzusetzen, wie ich mir das vorstelle, lässt sich nur als Oberbürgermeister machen. Der letztlich Verantwortliche ist nun mal der OB.
Haben Sie nicht die Befürchtung, dass Sie im Fall einer Wahl eben nicht mehr gestalten können, weil Sie als OB zu viele zusätzliche Aufgaben haben?
Nein, habe ich nicht. Der Oberbürgermeister ist der Stratege der Stadt. Er setzt Impulse für neue Wege. Das ist ein entscheidender Punkt, warum ich dieses Amt anstrebe. Welche Ziele verfolgt die Stadt und wo geht es hin – um an diese Ziele zu gelangen, sind verschiedene organisatorische Erneuerungen erforderlich.
Können Sie mir Beispiele nennen?
Wir erarbeiten viele Konzepte, und mit den Bürgern überlegen wir uns Leitbilder und Ziele für die Stadt. Aber das passiert meines Erachtens immer nur für einen eingeschränkten Bereich.
Ausgenommen das Stadtentwicklungskonzept?
Ja, darin waren die ganze Stadt, die Bürgerschaft, der Gemeinderat und die Verwaltung miteinbezogen. Nichtsdestotrotz halte ich es für dringend erforderlich, dass wir für die Zielfindung Albstadts Klausurtagungen mit dem Gemeinderat veranstalten. So etwas vermisse ich. Wenn wir dann noch die Vorstellungen der Amtsleiter miteinbeziehen, haben wir etwas Konkretes, was wir mit den Bürgern diskutieren können. So stelle ich mir die Vorgehensweise vor.
Sie sprechen Bürgerbeteiligung an. Beim Hallenkonzept fühlten sich manche Bürger nicht mitgenommen, eine Bürgerentscheidung wurde angestrebt. Wie stehen Sie dazu?
Der Gemeinderat musste das Bürgerbegehren zwar aus formellen Gründen ablehnen, es gab aber bis zu 4000 Unterschriften, die sich für den Erhalt des Thalias ausgesprochen haben. Meiner Meinung nach darf man die nicht vom Tisch wischen. Der Bürger hat seine Meinung kundgetan und da muss man sich drum kümmern.
Wie könnte das aussehen?
Ich stelle mir einen gemeinsamen Weg vor. Ich möchte meinen Mitbewerbern keine Steilvorlagen liefern, sage es aber dennoch schon jetzt: Ich strebe eine dialogische Bürgerbeteiligung an. Diesen Weg möchte ich als Oberbürgermeister anregen. Denn mir ist es wichtig, dass die Bürger gehört werden, alle Aspekte zu kennen und dann abzuwägen.
Kam die Bürgerbeteiligung in Albstadt bislang zu kurz?
Nein. Über das Hallenkonzept diskutieren wir schon seit zehn Jahren und hatten dazu bestimmt Sitzungen im zweistelligen Bereich. Ich denke, den Bürgern, die das Begehren unterschrieben haben, fehlt ein Stück weit die Transparenz und das erforderliche Wissen zu diesem Konzept. Bei diesem komplexen Thema hätte eine Informationsveranstaltung viel zur Entscheidungsfindung beigetragen.
Hat das Interesse der Bürger an derartigen Entscheidungen zugenommen?
Das Bürgerinteresse an Sitzungen hat sich über die Jahre die Waage gehalten. Immer wieder gibt es Themen, die auch in der Bürgerschaft intensiver diskutiert werden und andere nicht. Der Bürger ist insgesamt allerdings interessierter, aber auch kritischer als früher. Das ist auch gut so, denn das ist gelebte Demokratie.
Eine Wahl ist das ultimative Zeichen einer Demokratie. Glauben Sie, es ist ein Vor- oder Nachteil, dass sie den Bürgern als Baubürgermeister schon so bekannt sind?
Ich denke, es ist ein Vorteil, weil sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Der ein oder andere wird sich aber vielleicht sagen, den kenne ich doch, ich möchte jemanden Neues. Allerdings kenne ich mich durch meine bisherige Arbeit überall aus. Ich kenne Albstadt in allen Ecken und Facetten. Dadurch weiß ich auch, wo die Problempunkte liegen.
Welche Probleme gibt es denn?
Ich habe den Eindruck, wir wissen gar nicht, wie gut wir sind, und das hat etwas mit Identität zu tun. Ich sehe es als Aufgabe eines Oberbürgermeisters, mit der Bürgerschaft zusammen identitätsstiftende Maßnahmen zu überlegen. Da sehe ich viel Potenzial in Albstadt. Wenn wir es schaffen, wieder stolz zu sein auf unser Albstadt und das Miteinander wäre es ein Riesenschritt.
Fehlt es den Albstädtern an diesem Stolz?
Nein, die Albstädter wissen zwar, dass sie tüchtig sind – aber wir können besser sein. Daher mein Wahlslogan: „… damit wir Gutes besser machen.“
Ihr Slogan findet sich beispielsweise auf Ihrer Homepage. Dort fehlt es allerdings an anderen Themen. Warum?
Ich werde meine mir wichtigen Themen bis Anfang Februar nach und nach platzieren. Schon jetzt kann ich sagen: Diese Themen möchte ich gemeinsam mit dem Gremium und der Bürgerschaft umsetzen.
Haben sich diese Themen im Laufe des Wahlkampfs verändert?
Das Grundgerüst hat sich nicht verändert, aber verfeinert. Oft erreicht man mit Kleinigkeiten mehr als mit großen Projekten. Das zeigt sich auch in den Rückmeldungen, die ich erhalte. Es gibt viele Feinheiten, die wir in Albstadt besser machen können.
Zum Beispiel?
Ich hatte viele Gespräche mit Senioren, die den Seniorenausflug vermissen. Das kostet keine Millionen und ist auch kein großer organisatorischer Aufwand, doch es ist wichtig für viele Bürger. Deswegen möchte ich mich dafür einsetzen. Zudem geht es um die Beteiligung unserer älteren Mitbürger mit einem Seniorenrat. Das sind für die Stadt keine großen Beträge, es geht nur um das Wollen. So biete ich natürlich zu jedem Themenblock konkrete Maßnahmen und Vorschläge. Das ist mir ganz wichtig. Also ich möchte die Themen nicht nur benennen, sondern auch Lösungen, Maßnahmen und Vorschläge einbringen. Die Stadt hat viele Konzepte, aber setzt sie nicht alle um. Diese Kritik wurde an mich herangetragen. Ich möchte genau das nicht machen, sondern Ideen umsetzen.
Das kostet allerdings auch Geld. Albstadt hat jedoch etwa 30 Millionen Euro Schulden. Bleibt da noch viel Spielraum?
Es müssen nicht immer große und teure Projekte sein. Um das gesamtgesellschaftliche Miteinander zu fördern, reichen oft auch kleine, teils nur organisatorische Dinge. Ein Beispiel: Ohne Ehrenamt würde unsere Gesellschaft nicht funktionieren. Das muss wertgeschätzt werden. Ich könnte mir beispielsweise eine Ehrenamtsrunde vorstellen. Viele Vereine berichten zudem, dass der Umgang mit Bürokratismus zunehmend schwieriger wird. Hier kann die Stadt unterstützen, beispielsweise mit einer Personalstelle.
Mit Ende der Bewerberfrist am 6. Februar beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs. Neben verschiedenen Veranstaltungen kann man Sie nun auch für Wohnzimmergespräche buchen. Was steckt dahinter?
Bürger können online Gespräche mit mir bei sich zu Hause buchen. Das kann mit Freunden und Gästen sein und man kann mich alles fragen.
Das klingt nach einem vollen Terminkalender. Allerdings sind Sie auch Ehemann und zweifacher Vater. Wie steht Ihre Familie zum Wahlkampf?
Die Grundvoraussetzung für meine Kandidatur war, dass meine Familie dahintersteht und das tut sie. Natürlich ist die Wahlkampfzeit eine Herausforderung für uns alle, aber meine Frau und Töchter unterstützen mich darin.
Sie leben mit Ihrer Familie in Inzigkofen. Ist denn ein Umzug geplant?
Ja, der ist geplant. Wir freuen uns auf Albstadt und sehen unseren zukünftigen Lebensmittelpunkt hier.
Während hinter Ihren Kontrahenten Parteien stehen, treten Sie parteilos an. Gibt es dafür Gründe?
Ich bin gerne unabhängig und lasse mich nicht gerne von jemandem leiten.
Ist das auch ein Grund, warum Sie jetzt Oberbürgermeister werden wollen? Damit Ihnen keiner mehr hereinreden kann?
Ich komme ursprünglich aus der freien Wirtschaft und sehe mich als Oberbürgermeister wie ein Unternehmer, der seine Ideen und Visionen umsetzen möchte. Als OB bin ich wie schon gesagt der letztlich Verantwortliche, es steht mir frei, welche Ideen ich einbringe, kann natürlich auch entscheiden und bin „nur“ den Bürgern verpflichtet. Dass Themen, die von der Bürgerschaft gewollt sind, aufgrund von irgendwelchen Parteiabhängigkeiten und Verflechtungen nicht umgesetzt werden, gibt es bei mir nicht.
Herr Hollauer, warum sollten Sie die Albstädter wählen?
Damit sich in Albstadt etwas bewegt. Mit neuen Ideen für das Ziel, Albstadt die Bedeutung zu verschaffen, das es verdient. In der Region und darüber hinaus, als attraktiver Wohnort und florierender Wirtschaftsstandort. Und weil ich weiß, dass mir das als OB gelingen würde – mit meiner Erfahrung und Kompetenz, meiner Zuversicht und Tatkraft.
Zur Person:
Udo Hollauer wurde 1968 in Meßkirch geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter. Der 54-Jährige ist seit 2019 Erster Bürgermeister und seit 2012 Baubürgermeister der Stadt Albstadt. Davor war er elf Jahre lang Stadtbaumeister der Stadt Meßkirch. Ursprünglich kommt der Inzigkofener aus der freien Wirtschaft, arbeitete nach seinem Studium zum Diplom-Ingenieur als Bauingenieur in Waldshut-Tiengen. Nicht nur planen liegt ihm, von 1991 bis 1996 absolvierte er eine Schreinerlehre und arbeitete in diesem Beruf. Als Hobbys nennt er seinen Garten, Motorrad, Fußball, Ski, Kultur und Lesen.