Die Spitzen von Bund und Ländern haben am 02.12 ihre Gespräche über schärfere Corona-Maßnahmen beendet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) tagten in der Ministerpräsidentenkonferenz mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder. Bund und Länder haben sich darauf verständigt, dass künftig auch Apotheker und Pflegefachkräfte die Covid-Impfungen vornehmen können. Außerdem wurde sich darauf verständigt, dass der Bundestag bald über eine allgemeine Impfpflicht entscheiden soll.
Impfpflicht ab März? Das sagt Olaf Scholz
Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für die Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht in Deutschland ausgesprochen. Sie würde dafür stimmen, wenn sie bei der geplanten Abstimmung noch Mitglied im Bundestag wäre, sagte Merkel am Donnerstag nach einer Bund-Länder-Schalte zu Corona in Berlin. Trotz aller Werbung fürs Impfen gebe es eine Impflücke. Alle Verantwortlichen hätten gehofft, dass die Freiwilligkeit beim Impfen besser angenommen würde. Merkels voraussichtlicher Nachfolger Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt, dass über eine allgemeine Impfpflicht im Bundestag ohne Fraktionsdisziplin abgestimmt werden solle.
Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz plädiert dafür, dass in Deutschland ab spätestens Anfang März eine allgemeine Impfpflicht gilt. „Mein Vorschlag ist ja, dass der Zeitpunkt, bis zu dem dann jeder und jede sich hat impfen lassen, auch nicht allzu fern liegt, also mein Vorschlag: Anfang Februar oder Anfang März“, sagte Scholz am Dienstag nach einer Bund-Länder-Konferenz beim Fernsehsender Bild. Er machte aber klar, dass die Entscheidung über eine Impfpflicht beim Bundestag liegt. Im Bundestag will er aber ohne Fraktionszwang darüber abstimmen lassen: Das heißt, die Abgeordneten sind nicht an die Haltung ihrer Parteien gebunden, sondern dürfen nach ihrem eigenen Gewissen abstimmen. Scholz sagte, es eine „gute Praxis“, im Bundestag über eine „so grundstürzende Entscheidung für unser Land“ auf Grundlage fraktionsübergreifender Anträge zu beraten und die Abstimmungen seitens der Fraktionen als Gewissensfrage freizugeben. „Ich werde einem solchen Gesetz zustimmen“, betonte er.
Impfstatus Corona: Nach neun Monaten Ungeimpfter?
Jede und jeder, die oder der sich bis Weihnachten zum ersten Mal impfen lassen oder eine Auffrischungsimpfung haben will, soll sie bekommen. Bund und Länder gehen davon aus, dass dafür 30 Millionen Impfdosen bereitgehalten werden müssen. Der gemeinsame Krisenstab im Kanzleramt soll sich um die Probleme bei der Logistik kümmern. Auch Apotheker, Zahnärzte und Pflegekräfte sollen impfen dürfen.
Weil der Impfschutz abnimmt, will man sich bis zum Jahresende darauf verständigen, wer künftig als vollständig geimpft gelten soll, wenn keine Auffrischungsimpfung erfolgt ist. Bund und Länder verweisen auf die Debatte auf EU-Ebene, wonach der Status nach der zweiten Impfung seine Gültigkeit für neun Monate behalten soll.
Über eine allgemeine Impfpflicht muss der Bundestag entscheiden. Nach der Einschätzung von Bund und Ländern könnte sie ab Februar 2022 greifen. Der Ethikrat soll bis zum Jahresende eine Empfehlung erarbeiten.
Impfpflicht für alle: Was sagt die Verfassung?
Wäre eine allgemeine Impfpflicht aber überhaupt verfassungsrechtlich tragbar? Darüber streiten sich Verfassungsrechtler schon lange. Eine Impfpflicht ist als Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte körperliche Unversehrtheit zwar umstritten. Staatsrechtler und Politiker betonten in den vergangenen Wochen aber auch, dass das Grundgesetz sie nicht ausschließt. Bei der juristischen Beurteilung muss abgewogen werden, was schwerer wiegt: Die individuelle Entscheidung über den Körper oder der Schutz der Allgemeinheit vor einer ansteckenden Krankheit. Auch die Schwere der Pandemie kann bei der Abwägung eine Rolle spielen. Entsprechend ist es gut denkbar, dass nach Verabschiedung eines Gesetzes zur Impfpflicht es Klagen gibt, über die das Bundesverfassungsgericht entscheiden müsste.
Allgemeine Impfpflicht: Wie wird das kontrolliert?
Bei der Masern-Impfpflicht werden Kinder ohne Immunisierung nicht für Kindertagesstätten zugelassen, Eltern nicht geimpfter Schulkinder müssen ein Bußgeld zahlen. Ähnlich könnte es je nach Form der Pflicht auch bei Corona aussehen: Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht könnten ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort nicht mehr arbeiten. Die Nichteinhaltung der bereits bestehenden sogenannten Duldungspflicht gegenüber einer Corona-Impfung bei der Bundeswehr kann dienstrechtliche Folgen haben. Ein Verstoß gegen die allgemeine Impfpflicht für die ganze Bevölkerung würde dagegen voraussichtlich eher mit einem Bußgeld sanktioniert werden. Von verschiedenen Politikern betont wurde, dass es keinen Impfzwang geben soll, eine Impfung also nicht gegen den Willen notfalls mit Anwendung von Gewalt verabreicht wird.
Was die Länder und der Bund noch vereinbart haben, lest ihr hier nach: