Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet waren vor 2022 völlig tabu, doch seit dem völkerrechtlichen Angriff Russlands auf die Ukraine ist alles anders. Deutschland hat im Jahr 2022 Waffen und Ausrüstung im Wert von 2,25 Milliarden Euro an die Ukraine geschickt. Und es geht auch 2023 weiter: Schon in der ersten Januarwoche sagte die Bundesregierung der Ukraine Lieferungen von Schützenpanzern vom Typ „Marder“ zu.
Dennoch gibt es aus dem Ausland immer wieder die Forderung nach mehr Waffenlieferungen aus Deutschland, der Vorwurf lautet, Deutschland würde zu wenig tun. Stimmt das aber wirklich? Was liefert Deutschland im Vergleich zu anderen großen und kleineren Ländern an das angegriffene Land?

Waffenlieferungen aus Deutschland im Jahr 2022: Die gesamte Liste

Die Bundesregierung hat auf einer Webseite die komplette Liste aller bisher gelieferten und noch zu liefernden Waffen an die Ukraine veröffentlicht. Die Liste wird laufend aktualisiert. Dort steht auch, dass die deutsche Regierung zwischen Januar und Dezember 2022 Waffenexporte im Wert von 2.255.473.391 Euro an die Ukraine genehmigt hat. Im Sommer 2022, also rund sechs Monate nach Beginn des Kriegs, lag dieser Wert noch bei rund 700 Millionen Euro.
Zu den bisher gelieferten Waffen gehören unter anderem:
  • 13 Bergepanzer
  • 78 Grenzschutzfahrzeuge
  • 3 Brückenlegepanzer
  • 10 Überwasserdrohnen
  • 18 Aufklärungsdrohnen
  • 14 Panzerhaubitzen 2000
  • 5 Mehrfachraketenwerfer MARS II
  • Luftverteidigungssystem Iris-T SLM
  • 30 Flakpanzer GEPARD
  • 54 gepanzerte Truppentransporter
  • 14.900 Panzerabwehrminen
  • 500 Fliegerabwehrraketen STINGER
  • 100.000 Handgranaten
Die Lieferungen aus Deutschland entsprechen laut dem Kieler Wirtschaftsinstitut 0,06 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Deutschland befindet sich demnach auf Platz drei der größten Waffenlieferanten an die Ukraine.

Waffenlieferungen 2023 aus Deutschland: Marder und Leopard

Das sind also die Lieferungen aus Deutschland im vergangenen Jahr. Auch 2023 will die Regierung die Ukraine unterstützen. So sollen als erstes 40 Panzer vom Typ Marder in den Osten geschickt werden. Das sind, gemeinsam mit dem Spähpanzer AMX-10 aus Frankreich, die ersten westlichen Panzer, die im russisch-ukrainischen Krieg eingesetzt werden sollen. Im Gespräch sind nun auch Lieferungen der Panzer vom Typ Leopard 2. Dazu gibt es aber noch keinen Beschluss – die Entscheidung dazu könnte aber schon sehr bald fallen.

Waffenlieferungen aus der USA im Wert von 23 Milliarden Euro

Der mit Abstand wichtigste Lieferant für Waffen an die Ukraine ist die USA. Bisher hat das Land Waffen im Wert von fast 23 Milliarden Euro an die bedrängte Ukraine gesendet. Das entspricht 0,1 Prozent des US-amerikanischen BIP.
Eine komplette Auflistung über jedes Waffensystem gibt es aus der USA nicht. Allerdings ist vieles an die Medien herangetragen worden, sodass es gute Informationen über die größten und schwersten gelieferten Waffen gibt:
  • HIMARS Raketenwerfer
  • Haubitzen
  • Flugabwehrsysteme
  • „Ghost“ Drohnen
  • Mi-17 Hubschrauber
  • Küstenabwehrsysteme
  • Gepanzerte Fahrzeuge

Waffen aus Großbritannien und Frankreich

Andere europäische Länder haben ebenfalls viel Unterstützung in die Ukraine geschickt. Großbritannien ist dabei einer der wichtigsten finanziellen und militärischen Unterstützer. Bisher hat Großbritannien vier Milliarden Euro an Waffen in die Ukraine geschickt, etwa 0,15 Prozent des BIP. Frankreich hat da wesentlich weniger Waffen entsendet: 472 Millionen Euro oder 0,01 Prozent des BIP sind in die Ukraine geflossen. Zu den gelieferten Waffen gehören Panzer, Raketenwerfer, Panzerabwehrsysteme, Flugabwehrsysteme und Drohnen.

Waffen aus den baltischen Staaten: Estland, Litauen, Lettland und Polen

Die Ukraine betont immer wieder, dass ihre direkten Nachbarländer ihre größten Unterstützer seien. Das ist aber nur eine halbe Wahrheit: Es stimmt, dass Länder wie Estland und Polen zu den Ländern gehören, die verglichen mit ihren Bruttoinlandsprodukten am meisten Unterstützung leisten. Wenn es aber um den Wert in Euro geht, dann liegen diese Länder eher auf den hinteren Rängen. Waffen sind auch nicht die einzige Form der Unterstützung: Polen beispielsweise ist ein wichtiger Geldgeber für die Ukraine, während Litauen in Sachen medizinische Versorgung zu den zentralen Lieferanten gehört.
So viel haben die direkten Nachbarländer der Ukraine bisher an Waffen geliefert:
  • Estland: 330 Millionen Euro, 1 Prozent des BIP
  • Lettland: 300 Millionen Euro, 0,9 Prozent des BIP
  • Litauen: 200 Millionen Euro, 0,4 Prozent des BIP
  • Polen: 1,8 Milliarden Euro, 0,3 Prozent des BIP

Liefert Deutschland zu wenige Waffen an die Ukraine?

Um also auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Stimmt es wirklich, dass Deutschland wesentlich mehr Waffenlieferungen leisten könnte? Diese Frage ist nicht pauschal zu beantworten, aber man kann feststellen, dass Deutschland nicht gerade wenig liefert. In der Rangliste ist Deutschland auf Platz drei hinter den USA und Großbritannien. Im Verglich zum Bruttoinlandsprodukt könnten wir aber natürlich rein theoretisch mehr Waffen abgeben. Das müsste man dann aber auch von den USA und Großbritannien verlangen. Im Vergleich zu ihren BIPs lassen nämlich die baltischen Staaten auch die großen Geberstaaten wie USA und Großbritannien in den Staub zurück. Zudem behauptet die deutsche Bundeswehr, dass sie nichts mehr abzugeben hätten.