Die zweite Welle der Corona-Pandemie trifft auch Deutschland mit Wucht - und sie ebbt nicht ab. Im Gegenteil: Immer mehr Landkreise - darunter auch Ulm und Neu-Ulm - überschreiten bei der 7-Tage-Inzidenz den Vorwarnstufen-Grenzwert von 35 oder sogar die folgenreichere Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen 7 Tagen. Die Fall-Zahlen steigen in allen Bereichen weiter an. Am Donnerstagmorgen etwa wurden 6638 Neuinfektionen gemeldet - ein Rekordzuwachs.
Zeigt die Statistik-Kurve auch heute weiter nach oben? Wie ist die Lage in Deutschland am Freitag, 16.10.2020, bei wichtigen Werten wie Neuinfektionen, Inzidenz und Genesenen?
Das ist der Stand der Corona-Fallzahlen in Deutschland am Freitag
Auch am Freitag wurde wieder ein Rekordwert gemeldet. Hier der aktuelle Stand:
- Die Gesundheitsämter meldeten nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Freitagmorgen 7334 Neuinfektionen - noch einmal rund 696 mehr als am Donnerstag.
- Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 348.557 Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert (Datenstand 16.10., 0.00 Uhr).
- Es werden jetzt auch deutlich mehr Menschen mit Covid-19 auf Intensivstationen behandelt. Laut RKI-Lagebericht wurden am Donnerstag 655 Corona-Infizierte intensivmedizinisch behandelt, 329 davon wurden beatmet. Eine Woche zuvor (8.10.) lagt der Wert noch bei 487 (239 beatmet). In der Woche zuvor (1.10.) waren es nur 362 (193 beatmet). Rund 8700 Intensivbetten sind in Deutschland derzeit jedoch noch frei.
- Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9734. Das waren 24 mehr als am Vortag.
- Nach Schätzungen des RKI gibt es etwa 287.600 Genesene.
- Die Inzidenz der letzten 7 Tage ist deutschlandweit auf 31,5 Fälle pro 100.000 Einwohner gestiegen (Stand Mittwoch).
- Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen in Deutschland laut Lagebericht vom Donnerstag bei 1,08 (Vortag: 1,04). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel etwa einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
- Zudem gibt das RKI in seinem aktuellen Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert bei 1,22 (Vortag: 1,16). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.
Mehr Infektionen, mehr Tests und höhere Positiv-Rate
Immer wieder werden bei den aktuellen Zahlen Rekordwerte im Vergleich zum Frühjahr gemeldet. Die aktuellen Werte sind einerseits nicht gänzlich mit denen etwa des März vergleichbar, weil mittlerweile wesentlich mehr getestet wird - und damit auch mehr Infektionen entdeckt werden. Auf der anderen Seite aber schwankt die Zahl der Coronatests seit Mitte August zwischen rund 1,1 Millionen und 1,2 Millionen pro Woche. In dieser 8 Wochen umfassenden Zeitspanne der relativ konstanten Test-Häufigkeit in Deutschland sind die Fallzahlen dennoch stark gestiegen. Und: Die Rate der positiven Tests ist laut RKI deutlich gewachsen: von 0,74 Prozent Ende August auf 2,48 Prozent in der Woche vom 5.10.2020 bis 11.10.2020.
Die Infektions-Lage wird als so akut bewertet, dass die Bundes- und die Landesregierung zu verschärften Corna-Maßnahmen ergreifen.
RKI-Chef Wieler: Gebiete mit hohen Fallzahlen abriegeln
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat eine Abriegelung von Gebieten mit hohen Corona-Zahlen ins Gespräch gebracht. Vor neun Monaten habe er noch gesagt, dass er sich das nicht vorstellen könne, sagte er dem Sender "Phoenix" am Donnerstag. "Inzwischen kann ich mir vorstellen, dass solche Maßnahmen durchgeführt würden", sagte Wieler in dem Interview.
Würden die Maßnahmen nicht verschärft, würden die Infektionszahlen möglicherweise sogar auf bis zu 10.000 täglich steigen, sagte der RKI-Chef. Er sei nach wie vor der Ansicht, dass dies verhindert werden könne.
Beschlüsse des Corona-Gipfels
Kanzlerin Merkel und die Länderchefs haben am Mittwoch beim Corona-Gipfel eine Verschärfung der Regeln beschlossen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Dazu gehören unter anderem:
- eine erweiterte Maskenpflicht in Regionen, in denen binnen sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen mit dem Coronavirus registriert werden.
- Bei privaten Feiern sollen in Corona-Hotspots mit einem Inzidenzwert von 35 je nach Räumlichkeit 15 bis 25 Teilnehmer erlaubt sein.
- Bei einem Inzidenzwert von 50 sinkt die Maximalzahl auf zehn Menschen - oder Angehörige von zwei Hausständen.
- Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat in seiner Regierungserklärung eine rasche Umsetzung der Corona-Beschlüsse ankündigt. Und er setzte auch ein Ultimatum von 10 Tagen: Falls in diesem Zeitraum keine Besserung eintritt, will der Ministerpräsident private Treffen und Feiern auf maximal 5 Personen oder 2 Haushalte reduzieren, und zwar in Landkreisen mit einer Corona-Inzidenz über 50.
Elsass, Zürich und gesamte Niederlande ab Samstag als Risikogebiete eingestuft
Die Bundesregierung hat die ganzen Niederlande, das gesamte französische Grenzgebiet zu Deutschland und erstmals auch Regionen in Italien und Polen mit Wirkung ab Samstag, 17. Oktober, zu Corona-Risikogebieten erklärt. Außerdem werden dann Malta und die Slowakei komplett sowie einzelne Regionen in neun weiteren EU-Ländern auf die Risikoliste gesetzt, wie das Robert Koch-Institut am Donnerstag auf seiner Internetseite mitteilte.