Einen Klappstuhl mit floralem Muster vor den Camper stellen, in grauer Jogginghose und Unterhemd bekleidet sein und die Dosenravioli zum frühen Mittagessen löffeln. Camping, das bedeutet Freiheit, Gemütlichkeit und ein durchaus auch erlaubter Schlabberlook. Doch der Trend ist ein anderer: Campingplätze ohne W-Lan und digitales Buchungssystem drohen, den Anschluss zu verlieren. Die Branche ist in einem gewaltigen Wandel.
Während auf der CMT in Stuttgart die neuesten Modelle mit allem möglichen Schnickschnack präsentiert werden, schlagen alteingesessene Camper einen neuen Weg ein. „Viele gehen Back to the Roots, und suchen neue Möglichkeiten, der Natur nahezubleiben“, sagt Bastian Schäffer. Er betreibt gemeinsam mit seinem Vater Werner Schäffer mehrere Campingplätze, unter anderem „Sonnencamping“ in Albstadt. Die Schäffers kennen die Branche – und die aktuellen Entwicklungen. „Den Campern, die schon lange dabei sind, sind viele Plätze zu voll. Wenn es überlaufen ist, fühlen sie sich nicht mehr wohl und sie weichen aus.“
Bleiben die „Neuen“ dabei?
Trotz Boom bereitet das einigen Betreibern von Campingplätzen Sorge. Denn wie nachhaltig ist der Trend? Wie lange bleibt die Lust der „Neu-Camper“ bestehen? Und: Wann und wie wirken sich Inflation und gestiegene Energiepreise auf die Geldbeutel der Urlauber aus? „Machen die Menschen mehrere kleine Urlaube oder einen langen im Ausland – wir wissen nicht, wie sich das Reiseverhalten entwickelt. Da besteht ein großes Fragezeichen“, sagt Schäffer.
Doch der Campingplatz-Chef möchte die Digitalisierung nicht verteufeln – man müsse eben mit der Zeit gehen. „Und da hinkt unsere Branche leider deutlich hinterher.“ Auf seinen „Sonnencamping“-Plätzen will er daher aufrüsten und den Reisegästen mehr digitalen Service anbieten. „Eigentlich wollten wir bereits vor zwei Jahren ein digitales Reservierungstool an den Start bringen, das hat sich leider verzögert.“ Nun soll es zeitnah Buchungen erleichtern – denn Anreisen ohne Reservierung, das geht ohnehin kaum noch. Auch das ist eine klar erkennbare Entwicklung. Die Freiheit, einfach da anzuhalten und zu campen, wo man gerade unterwegs ist, gibt es nicht mehr. Zu viele planen die gleiche Tour oder haben ähnliche Ziele.
Auch einen komplett digitalen Campingplatz kann sich Bastian Schäffer vorstellen. Anmeldung per QR-Code und Co. würden nicht nur mehr Service bieten, sondern gleichzeitig einem großen Problem der Branche entgegenwirken: dem Personalmangel. Der ist laut Schäffer akut. Aber: „Einen Campingplatz komplett zu digitalisieren und ausschließlich über Automaten laufen zu lassen, ist teuer. Das lohnt sich nur, wenn man einem Zehn-Jahresplan macht.“
Ein weiteres Problem: die Internetverbindung. Um all seinen Gästen gutes Internet anbieten zu können, müsste die Stadt auf Glasfaser aufrüsten. Aktuell kommen im „Sonnencamping“ Albstadt nur 40 Mbit an.
Künstlicher Hype auf der CMT
Schäffer selbst war am Montag auf der CMT und hat die aktuellen Trends beobachtet. Der Camping-Experte geht mit einem gemischten Gefühl von der größten Touristik-Messe: „Albstadt Tourismus macht einen wundervollen Job bei den Traufgängen. Das läuft hervorragend.“ Doch selbst war Schäffer auf der Suche nach „drei, vier speziellen Sachen für mein Auto-Dachzelt – und ich habe nichts Passendes gefunden.“ Statt der Philosophie von Freiheit und Flexibilität, die Campern wichtig ist, kam ihm der Trend zum Caravaning und Camping auf der CMT etwas „künstlich gehypt“ vor.
Wohnmobile erhöhen den Parkdruck in Wohngebieten
In vielen Städten werden Wohnmobile nicht nur positiv gesehen. Außerhalb der Reisezeit parken viele Besitzer ihre Gefährte am Straßenrand in Wohngebieten – was vor allem in größeren Städten den ohnehin großen Parkdruck weiter erhöht.
In Albstadt aber ist das kein Problem. „Ein erhöhter Parkdruck durch Wohnmobile ist in Albstadt momentan nicht festzustellen. Vereinzelt eingehende Anwohnerbeschwerden werden anlassbezogen überprüft“, erklärt die Pressestelle der Stadtverwaltung.
Rechtlich gesehen dürfen Wohnmobile am Straßenrand geparkt werden, wenn sie die Mindestdurchfahrtsbreite von 3,05 Meter eingehalten wird.
Etwas anders ist es bei parkende Kraftfahrzeuganhänger ohne Zugfahrzeug. Diese werden vom Albstädter Ordnungsamt stetig überprüft. Stehen diese unbewegt länger als zwei Wochen an der gleichen Stelle, sieht der Tatbestandstandskatalog ein Verwarnungsgeld in Höhe von 20 Euro vor. Oft wissen das Besitzer aber – und parken rechtzeitig um.