Noch ist der Kurt-Georg-Kiesinger-Platz in Ebingen eine Problemzone. Viel Ärger, wenig Aufenthaltsqualität. Dass sich das Stadtbild Albstadts an dieser Stelle ändern muss, ist längst bekannt. Der Platz soll „die gute Stube“ Ebingens, „das Herz der Innenstadt werden“, betont Axel Mayer, Leiter des Stadtplanungsamts. Das und viele weitere Entwicklungsprozesse wurden im „Zielbild“ für Ebingens Innenstadt festgehalten – am Donnerstag wurden die Pläne der Öffentlichkeit präsentiert.
„Jedes Quartier soll seine Qualität, seine Stärken haben“, sagte Andreas Hödl. Der Wirtschaftsförderer der Stadt Albstadt setzt auf identitätsstiftende Maßnahmen. Natürlich nicht alleine: dem Zielbild voraus gingen umfangreiche Beteiligungen der Unternehmer, der Gemeinderatsfraktionen und vor allem der Bürgerinnen und Bürger. Mehr als 2600 Albstädter haben an der digitalen Bürgerbefragung mitgemacht und sich aktiv eingebracht. „Es gab zahlreiche konkrete Vorschläge“, sagt Dr. Stefan Leuninger, Chef der CIMA Beratung aus Stuttgart.
„Überall ist die Begeisterung zu spüren, die Innenstadt in Ebingen gemeinsam voranzubringen.“ Begeisterung und Mut. Häufig hätten Akteure und Betroffene von möglichen Maßnahmen gesagt: „Macht doch einfach mal. Wir sind dabei“, sagt Wirtschaftsförderer Hödl.

Bäume in der Marktstraße werden ausgetauscht

Was ganz oben auf der Wunschliste steht: mehr Grün. Ebingens City braucht größere Bäume – und das wird schon bald umgesetzt. „Wir werden die Stadtbirnen in der Marktstraße, die nicht mehr wachsen werden, rausnehmen und durch größere Bäume (Schnurbäume oder Gleditschien, d. Red) ersetzen“, kündigt Axel Mayer an.
Das hat gleich mehrere positive Effekte: Bäume sind die grüne Lunge von Innenstädten, sorgen für mehr Schatten, mehr Verdunstung und somit für ein stressfreies, angenehmes Klima. Zum anderen: Weil man als Stadt zeitnah agiert, signalisiere man der Bevölkerung: „Das Zielbild ist kein Konzept, das wieder in der Schublade verschwindet“, betont Hödl. „Wir müssen diese Entwicklung jetzt angehen.“

Was passiert mit den einzelnen Quartieren?

Das ist auch Zeitgründen geschuldet. Die mehr als drei Millionen Euro aus dem Förderprogramm des Bundes „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ müssen bis 2025 verplant sein. Das Leitbild, wie die Quartiere in Ebingen aussehen könnten, ist jedoch kein starres. „Es gibt die Leitplanken vor, innerhalb derer wir es weiterentwickeln wollen“, sagte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann am Abend im Gemeinderat. „Es wird ein breit angelegter bürgerschaftlicher Prozess mit vielen Beteiligungsformen, Ideen und Maßnahmen bleiben.“ Hödl sieht das genauso. Man könne Stadtplanung heutzutage gar nicht mehr über einen solch langen Zeitraum denken, „sondern man muss Konzepte regelmäßig an die aktuellen Anforderungen anpassen“.
Was bedeutet das Zielbild nun für die einzelnen Quartiere?
  • Sonnenstraße: Das Areal mit Mediamarkt und Albcenter „werden wir auf Dauer so nicht halten“, sagt Stadtplaner Axel Mayer. Dass sich Einkaufen und Dienstleistung von Marktstraße bis zur Sonnenstraße ziehen, sei „zu groß. Die Marktstraße ist unser Zentrum.“
  • Marktstraße: Genau dieses Zentrum ist hier angestrebt – aber mit deutlich mehr Funktionen als „nur“ dem Einzelhandel. Größere Bäume und im Sommer eventuell textile Segel sollen die Aufenthaltsqualität steigern, damit das Zentrum Treffpunkt für Familien und Freunde, für Jung und Alt wird.
  • Perspektivraum Süd: Der Süden Ebingens soll ein ansehnliches Entree für die Stadt werden. Eine einladende Allee vom Bahnhof bis zum Kurt-Georg-Kiesinger-Platz.
  • Kurt-Georg-Kiesinger-Platz: Hier soll das Leben toben. Ein Treffpunkt für alle ohne Konsumverpflichtung. Ein frei gestaltetes Areal und „das Herz Ebingens“, wie Mayer sagt. „Innenstadt als reiner Konsumort ist längst nicht mehr zeitgemäß“, ergänzte Stefan Leuninger. Kleinere Events wie der Weihnachtsmarkt sollen weiterhin möglich sein, aber keine großen Feste mit Bühnen. „Man muss sich entscheiden: Aufenthaltsqualität oder großer Festplatz“, sagt Mayer.
  • Bürgerturmplatz: Der am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz gelegene Bürgerturmplatz ist der „Experimentierraum“, wie ihn Christine Seizinger von der Wirtschaftsförderung bezeichnet. Er soll aktiv bespielt werden: Konzerte, Pop-up-Installationen wie Spielplätze oder ein Biergarten oder ein Beachvolleyballfeld. „Da kann man einfach über eine gewisse Zeit Dinge ausprobieren und schauen, wie sie angenommen werden“, sagt Seizinger. Eine dauerhafte Bepflanzung ist dort nicht möglich, weil eine Tiefgarage darunterliegt. Je nach Nutzung muss man mit mobilem Grün gestalten.
  • Untere Vorstadt: Hier sollen die Studierenden der Hochschule für Schwung sorgen. Denn: „Sie bringen Leben in eine Stadt, aber noch fehlt die Verknüpfung von Hochschule zu Innenstadt“, sagt Seizinger. In diesem „Kreativquartier“ kann auch die Brücke am Trödler mal zum temporären Biergarten werden. Einfach ausprobieren.
  • Hufeisen: Das Hufeisen bleibt Wohnraum. Mit kinder- und familiengerechten Angeboten sowie einer gastronomischen Vielfalt.
  • Der Norden entlang der Schmiecha und um das Hallenbad soll für Naherholung und Freizeit stehen. „Die Menschen im Hufeisen benötigen Grünraum“, sagt Mayer. Das werde ein langer Prozess sein, weil auch noch das Thema Festhalle Einfluss darauf habe.
Der Gemeinderat stimmte dem „Leitbild Ebinger Innenstadt“ am Donnerstagabend einstimmig zu. Damit ist auch die Grundlage für ein neues Citymanagement gelegt. Die Verwaltung soll nun eine Organisationsstruktur für eine Citymanagement und -event GmbH aufbauen.

Seit langem herrscht Unzufriedenheit

„Die Innenstadtbewohner, die Händler, die Gewerbetreibenden und die Besucherinnen und Besucher mussten seit Jahren gravierende Veränderungen hinnehmen“, sagte OB Konzelmann. Alters- und Corona-bedingte Geschäftsaufgaben, fehlendes Sicherheitsgefühl und geänderte Nutzerstrukturen. „Die Innenstadt hat sich stark zum Negativen verändert und darüber herrscht zu Recht Unzufriedenheit.“ Dass es mit dem Zielbild nun wieder bergauf gehen soll, ist auch für den scheidenden Klaus Konzelmann ein mutiger, besonderer Schritt.