Bereits Mitte der Woche gab es für Teile Südeuropas Unwetterwarnungen. An der Adriaküste, unter anderem in Kroatien, ist die Gefahr von Überflutungen derzeit hoch. Italien ist von Unwettern am Donnerstagabend, 15.09.2022, so schwer getroffen worden, dass zehn Menschen starben. Massive Niederschläge innerhalb weniger Stunden haben unter anderem in der italienischen Region Marken große Schäden angerichtet. Nach der Sturzflut ist die Suche nach noch drei Vermissten der Unwetter- und Überschwemmungskatastrophe fortgesetzt worden.
  • Welche Orte in Marken wurden vom Unwetter getroffen?
  • Wie kam es zu den Überflutungen?
  • Wurde der Ausnahmezustand ausgerufen?
  • Wie ist die aktuelle Lage?

Starke Unwetter in Marken in Italien fordern mehrere Todesopfer

In Marken an der Adriaküste ist es von Donnerstagabend in der Nacht zu Freitag zu schweren Unwettern gekommen. Zehn Menschen starben bei dem Unglück, wie die Präfektur in der Stadt Ancona am späten Freitagabend mitteilte. In der italienischen Region Marken ist die Suche nach noch drei Vermissten der Überschwemmungskatastrophe fortgesetzt worden. Die Einsatzkräfte, darunter 400 Feuerwehrleute, suchten am Samstagmorgen zwei Erwachsene - einen Mann und eine Frau - sowie einen acht Jahre alten Jungen. Dieser war seiner Mutter bei dem Unwetter am Donnerstagabend aus den Armen gerissen worden, als sie gerade aus ihrem Auto ausstiegen. „Da war diese übermenschliche Kraft“, sagte die Frau der Zeitung „La Repubblica“. Ihr Sohn habe sich an einem Baumstamm festgehalten. „Er wollte sich über Wasser halten. Ein paar Sekunden, dann verschwand er in der Dunkelheit.“

Überschwemmung an Adriaküste von Italien: Was ist rund um Ancona passiert?

Marken in Mittelitalien war in der Nacht zum Freitag, 16.09.2022, von heftigen Regenstürmen getroffen worden, Straßen und Häuser wurden überflutet und zahlreiche Autos fortgespült. Besonders schwer betroffen waren die Adria-Stadt Ancona und ihre Umgebung in der Region Marken. Aber auch in der benachbarten Region Umbrien gab es Unwetter. Aufgrund von extremem Platzregen waren in den Gebieten nahe der Adriaküste Flüsse über die Ufer getreten, Wasser- und Schlammmassen hatten sich teils meterhoch durch die Dörfer geschoben. Etliche Menschen wurden in ihren Autos vom plötzlichen Hochwasser überrascht, manche schafften es in den Gebäuden nicht mehr in die oberen Stockwerke. Mehr als 50 Menschen wurden verletzt, rund 150 Leute mussten von den Rettungskräften aus ihren Häusern evakuiert werden. Laut der Zeitung "Corriere della Sera" fielen binnen zwei Stunden 400 Millimeter Regen, so viel wie normalerweise in sechs Monaten. Auf Amateurvideos war zu sehen, wie Flüsse teils meterhoch durch Ortschaften strömten. Am Freitagmorgen boten sich vor Ort Bilder der Verwüstung.

Hochwasser in Italien: Gibt es weiterhin eine Unwetterwarnung?

Die Regierung der Provinz Ancona erklärte, die Überschwemmungen seien eine Folge der anhaltenden Regenfälle vom Nachmittag. Nach einem Frühjahr und Sommer, der in Italien von teils extremer Dürre und Trockenheit geprägt war, mehrten sich zuletzt die Unwetter in dem Mittelmeerland. Nach Monaten der war laut Meteorologen in wenigen Stunden so viel Regen gefallen wie normalerweise in einem halben Jahr. „Solche Niederschläge waren nicht vorherzusehen“, sagte Stefano Aguzzi vom Zivilschutz der Region Marken. Die Bürgermeister der betroffenen Orte beklagten, dass sie von den zuständigen Behörden nicht vor den Unwettern gewarnt worden seien. Die Katastrophe in den Marken sei aber nicht vorherzusehen gewesen, meinten Experten. Der Zivilschutz der Region warnte unterdessen bereits vor weiteren gefährlichen Regenfällen und rief die Bevölkerung der bereits betroffenen Regionen, ihre Häuser möglichst nicht zu verlassen.

Sturzflut & Erdrutsche in Italien fordern die Einsatzkräfte in Senigallia und weiteren Orten

Die Feuerwehr rückte nach eigenen Angaben zu mehr als 150 Einsätzen aus. Dutzende Menschen wurden dabei von Bäumen oder Hausdächern gerettet. Die ganze Nacht über versuchten Einsatzkräfte, darunter 180 Feuerwehrleute und Helfer des Zivilschutzes, in den betroffenen Gebieten Leute in Sicherheit zu bringen. Die Einwohner der Gemeinden am Fluss Misa wurden aufgefordert, entweder ihre Häuser zu verlassen oder in höher gelegene Stockwerke zu gehen. Auf einem Video der Feuerwehr waren Einsatzkräfte in der Stadt Senigallia zu sehen, denen das Wasser bis zur Taille reichte. Mit einem Schlauchboot suchten sie die Stadt nach Menschen in Not ab. Die Rettungseinsätze im Katastrophengebiet wurden dadurch behindert, dass Straßen durch umgestürzte Bäume und Erdrutsche blockiert waren. Die Feuerwehr teilte am Freitagmorgen im Onlinedienst Twitter mit, dass sie bereits mehr als 150 Einsätze gehabt habe. Dutzende Menschen seien von Bäumen oder Hausdächern gerettet worden. In mehreren Teilen Anconas fielen Strom und Telefonverbindungen aus, in den besonders betroffenen Orten blieben die Schulen geschlossen.

Lage in Marken nach Hochwasser ernst: Ausnahmezustand ausgerufen

Der Präsident der Marken, Francesco Acquaroli, schrieb auf Facebook, die „sehr ernste meteorologische Krise“ in der Region gebe Anlass zu äußerster Besorgnis. Der Bürgermeister des Küstenortes Senigallia, Massimo Olivetti, ordnete an, dass Schule, Kindergärten, Sportanlagen und andere öffentliche Einrichtungen bis Samstag geschlossen bleiben.
Der italienische Regierungschef Mario Draghi, der noch am Freitag nach Ostra reisen wollte, rief in der stark betroffenen Region Marken den Ausnahmezustand aus und stellte erste Hilfsgelder in Höhe von fünf Millionen Euro bereit. Wie der italienische Fußballverband bekanntgab, soll vor allen Spielen am Wochenende eine Schweigeminute für die Unwetteropfer abgehalten werden.

Bürgermeister von Cantiano beschreibt „apokalyptische Zustände“

„Wir haben hier apokalyptische Zustände“, sagte Alessandro Piccini, Bürgermeister des Ortes Cantiano, in einem Radiointerview. „Gott steh uns bei“, schrieb der Bürgermeister von Barbara bei Facebook. Wegen der Schäden fiel vielerorts immer wieder der Strom aus, auch das Telefon- und Mobilfunknetz brach häufig zusammen. In mehreren Vierteln der Hafenstadt Ancona fielen Strom und Telefon aus, Schulen blieben geschlossen.
mit dpa und AFP