- Der Süden Frankreichs ist von schweren Unwettern heimgesucht worden
- Viele Haushalte im Hinterland der Côte d’Azur sind ohne Strom
- Menschen werden mit Wasser und Lebensmitteln versorgt, auch die Armee ist im Einsatz
- Nach Starkregen und Überschwemmung in der Region rund um Nizza läuft die Suche nach Vermissten
- Auch in Italien sind mehrere Regionen - darunter Venetien, Ligurien und die Lombardei - betroffen
Unwetter in Frankreich: Sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen
Nach Unwettern mit sintflutartigen Regenfällen und Überschwemmungen werden in Südfrankreich mehrere Menschen vermisst. Die Suche nach ihnen läuft weiter, wie die Deutsche Presse-Agentur am frühen Sonntagmorgen berichtete. Mehrere Dörfer im Hinterland der Côte d'Azur waren von der Außenwelt abgeschnitten. Premierminister Jean Castex kündigte einen Besuch des Katastrophengebiets an.
Unter ihnen seien zwei Feuerwehrleute, deren Fahrzeug während eines Einsatzes am späten Freitagabend von den Fluten mitgerissen wurde, wie tagesschau.de unter Berufung auf Franceinfo berichtete. Zehn weitere Menschen gelten als möglicherweise vermisst, wie die Feuerwehr mitteilte.
Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, nach den vorliegenden Informationen gebe es aktuell keine Hinweise, dass sich Deutsche unter den Vermissten oder Opfern der Unwetter befänden. Die deutsche Botschaft in Rom und das Generalkonsulat in Marseille standen demnach mit den lokalen Behörden in Kontakt.
Nach Unwetter im Hinterland der Côte d’Azur werden Menschen mit Wasser und Lebensmitteln versorgt
Im Hinterland der Riviera-Metropole Nizza, wo Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten waren, werden Bewohner mit Wasser und Lebensmitteln versorgt. Zur Hilfe werde auch die Armee eingesetzt, kündigte der französische Regierungschef Jean Castex am Samstag an.
Das Unwetter trifft das Land zu einer Zeit, da es ohnehin schwer gebeutelt ist angesichts der Corona-Krise. Die Fallzahlen in Frankreich steigen seit Wochen stark an.
Vermisstenanzeigen und eingestürzte Brücken nach Unwetter in Frankreich
In einem Dorf rund 50 Kilometer nördlich von Nizza wurden zudem zwei Bewohner vermisst, die sich vor dem steigenden Hochwasser auf das Dach ihres Hauses geflüchtet hatten - das Haus stürzte nach Behördenangaben ein und die zwei Menschen verschwanden in den Fluten.
Als gesichert gilt eine Vermisstenanzeige erst dann, wenn Zeugen das Verschwinden des Betroffenen gesehen haben. Im Falle der mutmaßlich Vermissten gibt es dagegen keine konkreten Angaben zum Verschwinden.
Premier und Innenminister machen sich vor Ort ein Bild der Unwetter-Auswirkungen
Premier Jean Castex und der französische Innenminister Gérald Darmanin waren am Samstag noch nach Südfrankreich geeilt, um sich ein Bild im betroffenen Département Alpes-Maritimes zu machen. Castex sicherte der Bevölkerung Unterstützung zu; an diesem Mittwoch werde das Kabinett den Katastrophenzustand für die betroffenen Gemeinden ausrufen. Es gebe „große Sorge über die endgültige Bilanz“, sagte Castex.
Der im ganzen Land bekannte Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, war sichtlich betroffen: „Wir sind mit einem Unglück konfrontiert, wie ich es im (Département) Alpes-Maritimes noch nicht erlebt habe.“ Der konservative Politiker kündigte laut Medien an, dass die Armee in der Region eingesetzt werden solle. Etwa 100 Häuser seien in der Region zerstört oder beschädigt worden, so Estrosi.
Unwetter in der Nähe von Nizza: Dutzende Menschen gerettet
Dutzende Menschen wurden nach Feuerwehrangaben vor den Überschwemmungen in Sicherheit gebracht. Ein Vertreter der Präfektur Alpes-Maritimes sprach von einer „noch nie dagewesenen Lage“, große Gebiete seien von Überschwemmungen betroffen und mehrere Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten.
In dem Dorf Saint-Martin-Vésubie stürzte eine Brücke ein. Ein Parlamentsabgeordneter vor Ort berichtete, die Tankstelle des Ortes sei von den Fluten mitgerissen und mehrere Häuser stark beschädigt worden.
Der Abgeordnete Eric Ciotti sprach dem Bericht von tagesschau.de nach von „Horrorszenen“. Sein Heimatdorf Saint-Martin-Vésubie in den Bergen nördlich von Nizza sei teilweise zerstört worden. Medienberichten zufolge wurde der Friedhof des Ortes fortgerissen.
Rémi Recio, Leiter des engsten Mitarbeiterstabes des örtlichen Präfekten, sprach von einer „meteorologischen Bombe“, die am Freitag über dem Département niedergegangen sei. Vom Hubschrauber aus habe er kriegsähnliche Szenen gesehen. „Man hat den Eindruck, dass das Gebiet bombardiert wurde.“
Nach Unwetter rund um Nizza und die Côte d’Azur tausende Haushalte ohne Strom
In der Region waren laut dem Netzbetreiber Enedis zunächst tausende Haushalte ohne Strom. Massive Störungen gab es auch im Telefonnetz. tagesschau.de zufolge sollen es rund 13.500 Haushalte sein. Etwa 850 Feuerwehrleute sind im Einsatz. An mehreren Orten drohten Erdrutsche, so dass auch am Samstag viele Straßen gesperrt blieben. Am rund zehn Kilometer von Bollène-la Vésubie entfernten Turini-Pass mussten mehrere Feuerwehrautos warten, bevor sie in das Katastrophengebiet weiterfahren konnten, wie ein AFP-Korrespondent beobachtete. Mehrere der Feuerwehrautos waren mit Booten beladen.
Ausgelöst worden waren die Überschwemmungen durch schwere Regenfälle in der Region um Nizza. Für die Küstenmetropole wurden gefährliche Flutwellen vorhergesagt. Der Fluss Var trat über die Ufer. Der Flugverkehr nach Nizza wurde eingestellt, sämtliche Bahnhöfe in der Region geschlossen. Die Wetterlage beruhigte sich zuletzt wieder.
Südfrankreich wird seit Jahren von schweren Unwettern getroffen, die Folgen waren schwer. Im Herbst vergangenen Jahres kamen 14 Menschen ums Leben. Die dicht bebaute Côte d'Azur wurde genau vor fünf Jahren von schweren Unwettern getroffen, 20 Menschen starben damals.
Unwetter in Italien: Ligurien, Lombardei und Venetien betroffen - Mindestens ein Toter
Heftige Regenfälle und Überschwemmungen gab es in der Nacht zum Samstag auch in den italienischen Regionen Ligurien, Lombardei und Venetien. Im nordwestitalienischen Aostatal starb ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz. Im Piemont wurde ein Vermisster gemeldet, ein weiterer Mensch wurde in der Nähe der italienisch-französischen Grenze vermisst.
In Venedig bestaunten Einheimische und Touristen das jährliche Hochwasser "Acqua Alta", das am Samstagmittag seinen Höhepunkt erreichen sollte. Mobile Deiche sollten das Hochwasser in diesem Jahr auf maximal 1,35 Meter begrenzen. Im November vergangenen Jahres war in der Lagunenstadt ein Rekord-Hochwasser von 1,87 Metern gemessen worden. Die Tore der Flutschleusen an den Öffnungen der Lagune seien in Betrieb genommen worden. Die neu gebaute Anlage war in den vergangenen Monaten ausgiebig getestet worden. Sie soll schlimme Hochwasser in der Lagunenstadt verhindern.
In Italien gab es Hunderte von Noteinsätzen seit Freitagabend. Tunnel wurden durch Wassermassen überflutet und Straßen mussten gesperrt werden. Besonders heftig traf es unter anderem die piemontesische Provinz Cuneo. Am Samstagmorgen hatte sich die Wetterlage in vielen Teilen im Nordwesten an der französischen Grenze wieder etwas beruhigt, hieß es im Fernsehen.