Erst Gefängnis, dann Koch von Wladimir Putin und später einer dessen engsten Vertrauten: Der Aufstieg des ehemaligen Häftlings Jewgeni Prigoschin zu einem der bekanntesten Militärführer der Welt verlief steil. Doch nach seinem gescheiterten Aufstand gegen Russlands Militärführung sahen Experten den Söldner-Chef Prigoschin dem Tode geweiht. Nun ist der Chef der Wagner-Gruppe nach Angaben russischer Behörden beim Absturz eines Privatflugzeugs mit zehn Insassen, das zwischen Moskau und St. Petersburg unterwegs war, ums Leben gekommen. Ein Leben im Krieg: Jewgeni Prigoschin im Porträt.
Jewgeni Prigoschin: Alter, Herkunft und Beruf
Alle Fakten zu Jewgeni Prigoschin auf einen Blick:
- Name: Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin
- Geburtstag: 01.06.1961
- Geburtsort: Leningrad (heute Sankt Petersburg) in der ehemaligen Sowjetunion
- Mutmaßlicher Todestag: 23.08.2023
- Beruf: Besitzer einer Restaurant-Kette, Unternehmer, Chef der Söldnergruppe Wagner
Vom Ex-Häftling zum Oligarchen – Der Aufstieg von Prigoschin
Die Aufstiegsgeschichte von Prigoschin, einem ehemaligen Häftling, zählt zu den bemerkenswertesten Beispielen für den Weg einer Person zu einer weltweit anerkannten militärischen Führungspersönlichkeit. Dieser Aufstieg nahm seinen Anfang in den turbulenten 1990er-Jahren, unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Ursprünglich aus St. Petersburg wie Putin stammend, bahnte Prigoschin seinen Weg nach seiner Entlassung aus einer neunjährigen Haftstrafe, die auf Vergehen im Zusammenhang mit Betrug und Diebstahl zurückzuführen war. Diese Entlassung ereignete sich kurz vor dem Zerfall der UdSSR. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis legte er den Grundstein für ein Unternehmen im Bereich der Schnellgastronomie.
Nur wenige Jahre danach eröffnete er erfolgreich ein erstklassiges Restaurant in St. Petersburg, zu dessen Gästen auch Putin zu jener Zeit gehörte. Als Putin in die Position des Staatsführers aufstieg, begann Prigoschin's Firma damit, den Kreml mit Lieferungen zu versorgen, wodurch er den Spitznamen "Putins Koch" erlangte.
Durch staatliche Aufträge konnte Prigoschin beträchtlichen Reichtum erwerben und ein umfangreiches Imperium aufbauen. Es wird angenommen, dass seine geschäftlichen Tätigkeiten sogar die Einrichtung von Desinformationskampagnen einschlossen. Die US-Justiz erhob Anklage gegen ihn mit dem Vorwurf, er habe sich in die Präsidentschaftswahl von 2016 eingemischt, indem er mit Internet-Trollen kooperierte. Dies führte zur Wahl von Donald Trump zum Präsidenten und resultierte in Sanktionen gegen Prigoschin.
Das ist über Prigoschins Vermögen bekannt
Nach der Bekanntschaft mit Putin und dessen Aufstieg zum Staatschef wurde Prigoschins Kette zum Zulieferer für den Kreml. Prigoschin galt als Milliardär, der dank Staatsaufträgen ein Vermögen anhäufte - genaue Angaben über seine finanziellen Verhältnisse liegen allerdings nicht vor.
Prigoschin gründet gefürchtete Wagner-Gruppe
Über einen langen Zeitraum hinweg operierte "Putins Koch" eher im Verborgenen. Obwohl seine Wagner-Gruppe im Jahr 2014 gegründet wurde und nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Syrien, Afrika und Lateinamerika aktiv war, trat Prigoschin erst im September 2022 in das grelle Rampenlicht und gestand erstmals ein, die Söldnertruppe bereits 2014 für den Einsatz auf der russischen Seite im ukrainischen Donbass aufgestellt zu haben. Zuvor hatte Prigoschin seine Verbindung zu den Söldnern nie eindeutig öffentlich gemacht. Auch Moskau leugnete die Existenz jahrelang vehement.
Im darauffolgenden Oktober inszenierte Prigoschin sogar einen prunkvollen Start für den Hauptsitz seines Unternehmens in St. Petersburg. Auf dem Schild steht nun "Private Militärfirma Wagner". Prigoschin erhielt die Befugnis, in den Gefängnissen Russlands Tausende von Insassen anzuwerben, um sie für seinen Söldnerdienst zu rekrutieren. Er lockte sie mit der Aussicht auf Freiheit, sofern sie die Kämpfe überlebten. Den Deserteuren gegenüber drohte er mit Hinrichtung.
Prigoschins Bruch mit Putin
Die Wagner-Söldner traten in den Kämpfen in der Ukraine zunehmend in den Vordergrund. Besonders bei der Eroberung der ostukrainischen Stadt Bachmut, nach einer monatelangen blutigen Schlacht, zeichnete sich Prigoschins Truppe aus.
Allerdings verwandelte sich der einstige Vertraute Putins während dieser Konflikte in einen offenen Kritiker der höchsten Führungsebene der russischen Armee. Der Chef der Wagner-Gruppe, Prigoschin, begann zunehmend ungezügelt Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow zu kritisieren.
Die Videos, in denen Prigoschin seine scharfen Angriffe vortrug, verbreiteten sich weltweit. In einem Land, in dem selbst die kleinste Kritik an der Armee mit Gefängnisstrafen geahndet wird, schien er sich alles erlauben zu können. Schließlich zog Prigoschin sogar den Ukraine-Krieg öffentlich in Zweifel: "Der Krieg wurde aus Eitelkeit einer Gruppe von Schurken geführt", äußerte er.
Einen Tag später initiierte er den "Marsch der Gerechtigkeit" in Moskau. Zwei Monate darauf scheint Prigoschins Geschichte nun ihrem Ende entgegenzugehen.
Mutmaßlicher Tod Prigoschins bei mysteriösem Flugzeugabsturz
Seit dem 23. August 2023 dominiert ein rätselhafter Flugzeugabsturz in Russland die Schlagzeilen weltweit. An Bord soll sich angeblich Jewgeni Prigoschin befunden haben, der Anführer der Söldnergruppe Wagner, der vor zwei Monaten mit einem Marsch auf Moskau für Aufsehen gesorgt hatte. Durch den Aufstand seiner Söldner hatte Prigoschin offen gegen die höchste Führungsebene der russischen Armee rebelliert, der er ein Versagen im Ukraine-Konflikt vorwarf. Gleichzeitig stellte er mit diesem Aufstand auch eine direkte Herausforderung an Wladimir Putin dar. In der Folge bezeichnete Russlands Präsident den Leiter von Wagner als Verräter.
DNA-Test bestätigt Tod von Prigoschin
Der Tod von Jewgeni Prigoschin ist nach Angaben der russischen Ermittler durch DNA-Tests bestätigt. Bei den genetischen Untersuchungen seien alle zehn Todesopfer des Absturzes vom Mittwoch identifiziert worden, erklärte das russische Ermittlungskomitee am Sonntag. Es handele sich um die auf der Passagierliste des Fluges genannten Menschen. Auf der Liste stand nach Angaben der russischen Behörden Prigoschin, aber auch sein Stellvertreter Dmitri Utkin.
"Die molekulargenetischen Untersuchungen im Rahmen der Ermittlungen zum Flugzeugabsturz in der Region Twer wurden abgeschlossen", sagte Swetlana Petrenko, Sprecherin des für schwere Straftaten zuständigen Ermittlungskomitees. Anhand dieser Ergebnisse "wurden die Identitäten aller zehn Opfer festgestellt, sie entsprechen der in der Flugliste angegebenen Liste". Nähere Angaben machte das Ermittlungskomitee zunächst nicht.
Kreml: Ermittlungen nach Flugzeugabsturz
Nach dem tödlichen Flugzeugabsturz wird nach Angaben des Kremls in alle Richtungen ermittelt, auch die eines "vorsätzlichen Verbrechens". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch auf Nachfrage in seiner täglichen telefonischen Pressekonferenz, dass das russische Ermittlungskomitee alle Möglichkeiten überprüfe. Es sei "offensichtlich, dass es unterschiedliche Versionen gibt", darunter auch die eines "vorsätzlichen Verbrechens". sagte er. "Warten wir daher auf die Ergebnisse unserer russischen Ermittlungen."
(mit Material von dpa und afp)