Europa befindet sich in einer akuten Gaskrise. Die Sorge, dass Russland noch im Sommer den Gashahn zudreht, wachsen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits die Warnstufe im Notfallplan Gas ausgerufen. „Aktuell ist die Versorgungssicherheit gewährleistet, aber die Lage ist angespannt“, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Grund sind die deutlich gedrosselten Gasliefermengen aus Russland durch die Ostseepipeline Nord Stream.
- Was regelt der Notfallplan Gas?
- Welche Stufen gibt es im Notfallplan?
- Was bedeutet die Warnstufe für Privatverbraucher und Industrie?
Hier gibt es alle Infos:
Was regelt der Notfallplan Gas?
Der Notfallplan Gas regelt die Versorgung mit Erdgas in Deutschland in einer Krisensituation. Dafür sind in diesem Plan drei Stufen vorgesehen: die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe. Die Frühwarnstufe gilt bereits seit Ende März dieses Jahres. Jetzt ist die Lage so ernst, dass die sogenannte Alarmstufe Ende Juni folgte.
Warnstufe, Frühwarnstufe, Notfallstufe - Was steht drin?
Die drei Stufen des Notfallplans Gas gibt es seit 2017. Das Eintreten der einzelnen Stufen ist abhängig von der Schwere der aufgetretenen Versorgungsstörung mit Erdgas und den damit verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen. Das regeln die einzelnen Stufen:
- Frühwarnstufe: In Frühwarnstufe, der ersten Stufe im Notfallplan Gas, tritt ein Krisenteam beim Bundeswirtschaftsministerium zusammen, das aus Behörden und den Energieversorgern besteht. Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen werden etwa verpflichtet, regelmäßig die Lage für die Bundesregierung einzuschätzen. Noch greift der Staat aber nicht ein. Vielmehr ergreifen Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilernetzbetreiber marktbasierte Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite, der Rückgriff auf Gasspeicher, die Optimierung von Lastflüssen oder die Anforderung externer Regelenergie.
- Alarmstufe: Auch in der sogenannten Alarmstufe kümmern sich die Marktakteure noch in Eigenregie um eine Beherrschung der Lage. Auch hier können die in der Frühwarnstufe genannten Maßnahmen von den Marktakteuren ergriffen werden. Diese zweite Stufe könnte Erdgas für alle Verbraucher erheblich verteuern.
- Notfallstufe: Wenn die Maßnahmen der Frühwarn- oder der Alarmstufe nicht ausreichen oder eine dauerhafte Verschlechterung der Versorgungssituation eintritt, kann die Bundesregierung per Verordnung die Notfallstufe ausrufen. In diesem Fall liegt eine „außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage“ vor. Jetzt greift der Staat in den Markt ein. Konkret heißt das: Die Bundesnetzagentur wird zum „Bundeslastverteiler“. Sie kann dann in enger Abstimmung mit den Netzbetreibern z.B. Bezugsmengen reduzieren. Diese Verfügungen können sich auch an einzelne Letztverbraucher wenden. Dabei sind bestimmte Verbrauchergruppen gesetzlich besonders geschützt, d.h. diese sind möglichst bis zuletzt mit Gas zu versorgen. Zu diesen geschützten Verbrauchern gehören Haushalte, soziale Einrichtungen wie etwa Krankenhäuser, und Gaskraftwerke, die zugleich auch der Wärmeversorgung von Haushalten dienen.
Wurde die Alarmstufe im Notfallplan Gas schon einmal ausgerufen?
Nein, das ist ein bislang einmaliger Vorgang. Selbst das Ausrufen der Frühwarnstufe im März war laut Bundesnetzagentur eine traurige Premiere.
Droht auch die Ausrufung der Notfallstufe?
Es gibt nach der Ausrufung der Alarmstufe auch vermehrt Stimmen, die die letzte Stufe im Notfallplan Gas fordern. So erwartet Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wegen der deutlich verringerten Gaslieferungen aus Russland die zeitnahe Ausrufung der Notfallstufe Gas. „Die Ausrufung der Alarmstufe Gas ist längst überfällig. Wir brauchen aber zeitnah die Notfallstufe und gezielte Maßnahmen zum Einsparen von Gas gegen Entschädigung, unbürokratisches Umsteuern auf andere Energiequellen und weniger Vorschriften für Erneuerbare Energien“, sagte der Freie-Wähler-Chef am Donnerstag in München.
Das gelte auch für Verfahren zum Artenschutz, beispielsweise bei Wasserkraft und Wind. „Wir brauchen auch eine begrenzte Verlängerung der AKW-Laufzeiten und schließlich: ein schnellstmögliches Hochfahren der Wasserstoffwirtschaft“, betonte Aiwanger
(mit Material von dpa)