Russland hat die Souveränität der Ukraine verletzt, als es in das Nachbarland einmarschiert ist. Doch je länger der Krieg andauert, desto schlimmer werden die Mittel, die Russland gegen das Nachbarland einsetzt. Schon zu Beginn des Krieges war aber schon bekannt, dass Kriegsverbrechen in der Ukraine begangen werden.
Gewalt ist im Krieg erforderlich. Auch, dass es Tote geben muss, kann leider nicht in Frage gestellt werden. Nicht alles ist aber laut Völkerrecht im Krieg erlaubt. Wir erklären, was Kriegsverbrechen sind – und wie sie bestraft werden.

Was ist das Völkerrecht und welche Gesetze gibt es?

In allen demokratischen Staaten gelten Gesetze, die Gewalt und Unterdrückung anderer verbieten. Im Völkerrecht sind dagegen die Beziehungen zwischen verschiedenen Völkern geregelt. Deshalb basiert es nicht auf die einzelnen nationalen Gesetze, sondern auf der Charta der Vereinten Nationen. In dem UN-Gründungsvertrag von 1945 ist ein allgemeines Gewaltverbot festgeschrieben.
Die UN Charta wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen, um die Wiederholung eines solchen Krieges und den Menschenrechtsverletzungen, die damals begangen wurden, zu verhindern. Der internationale Zusammenhalt und Frieden beruhen darauf, dass sich Staatengemeinschaft auf diese allgemeinen Prinzipien einigt. Doch wird oft – wie auch im aktuellen Fall in der Ukraine – gegen das Völkerrecht verstoßen.
Die UN Charta erkennt aber auch an, dass Kriege nicht immer zu verhindern sind. Entsprechend gibt es auch Regeln für den Krieg und bestimmte Vorgaben, die erfüllt sein müssen, damit ein Krieg als legal eingestuft werden kann. Das nennt sich das Kriegsrecht. Laut Kriegsrecht dürfen Kriege zum Beispiel dann geführt werden, wenn die Souveränität eines Landes verletzt wird oder wenn schwere Menschenrechtsverletzungen zugrunde liegen. Der Krieg, den die Ukraine gegen Russland führt ist also völkerrechtlich erlaubt, weil Russland die Souveränität der Ukraine verletzt hat. Russland hätte aber völkerrechtlich gesehen niemals das Nachbarland angreifen dürfen.

Was sind Kriegsverbrechen?

Im Kriegsrecht ist auch festgeschrieben, was im Krieg erlaubt ist. Es gibt keine einheitliche Definition dazu, was Kriegsverbrechen sind. Es existieren mehrere Verordnungen, die den Ablauf eines Krieges regeln wie die Haager Landkriegsordnung (1907) und die Genfer Konventionen (erstes Abkommen 1864). Demnach gilt nicht jeder Verstoß gegen die Kriegsregeln als Kriegsverbrechen. Das Gleiche gilt für Verbrechen, die während eines Krieges begangen werden, mit diesem aber nicht in Verbindung stehen.
Der Internationale Strafgerichtshof hat im Römischen Statut von 1998 einige Taten als Kriegsverbrechen festgelegt. Dazu zählen grundsätzlich alle Verbrechen, die gegen die Genfer Konventionen verstoßen. Die Genfer Konventionen haben nach dem zweiten Weltkrieg erstmals die Regeln im Krieg festgelegt. Sie wurden von 197 Ländern der Welt ratifiziert. Das Römische Statut greift insbesondere folgende Aspekte der Konventionen auf:
  • vorsätzliche Tötung
  • Folter und biologische Versuche an Gefangenen
  • vorsätzliches Verursachen großer Leiden
  • willkürliches Zerstören von Eigentum
  • Nötigung, in der Armee des Gegners zu dienen
  • vorsätzlicher Entzug des Rechts eines Kriegsgefangenen
  • rechtswidrige Vertreibung oder Überführung oder rechtswidrige Gefangenhaltung
  • Geiselnahme
  • vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung
  • vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte
  • vorsätzliche Angriffe, die keinen militärischen Vorteil bringen und stattdessen Menschen gefährden und töten
  • Angriffe auf unverteidigte Städte, Dörfer und zivile Gebäude
  • Töten oder Verwunden Wehrloser
  • Plünderung
  • Angriffe mit giftigen Stoffen und Waffen
  • Verwendung von Waffen und Methoden, die überflüssige Verletzungen verursachen
  • Vergewaltigung, Sklaverei und Prostitution
  • menschliche Schutzschilde
  • Aushungern von Zivilpersonen
Das sind nur einige der vielen Kriegsverbrechen, die das Römische Statut auflistet. Weitere Aktionen, die Kriegsverbrechen sein können, sind der Einsatz von Kindersoldaten, die Deportation oder Umsiedlung einer besetzten Bevölkerung oder auch die Bestrafung, insbesondere durch die Todesstrafe, von Personen ohne Gerichtsprozess.

Strafen für Kriegsverbrechen: Geht das überhaupt?

Eines der am meisten kritisierten Aspekte des Völkerrechts betrifft die Bestrafung von Verstößen gegen das Kriegsrecht. Wer ein Kriegsverbrechen begeht, wird nur selten dafür auch zur Rechenschaft gezogen. Und wenn es zu einem Urteil kommt, dann oft erst Jahrzehnte nach der Tat. Kriegsverbrechen können grundsätzlich überall auf Basis der Genfer Konventionen vor Gericht verhandelt werden. Der Prozess muss nicht in dem Land stattfinden, in dem die Tat geschehen ist. So wurde im Januar 2022 beispielsweise in Deutschland ein Mann wegen begangener Kriegsverbrechen in Syrien verurteilt. Er wurde unter anderem wegen Folter im Auftrag des Assad-Regimes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.