In der Ukraine bleibt die Situation dramatisch, eine humanitäre Katastrophe zeichnet sich ab. Seit dem 24. Februar 2022, dem Tag, an dem Russland die Ukraine angegriffen hat, sind mehrere Millionen Menschen geflüchtet.
Die Solidarität mit der Ukraine reißt auch nicht ab. Viele Staaten der Welt haben schwere Sanktionen gegen Russland verhängt, Waffen werden von den Nato-Staaten an die Ukraine geliefert. Doch fordert die Ukraine noch mehr: Sie will, dass die Nato eine Flugverbotszone einrichtet. Was bedeutet das und welche Folgen hätte dieser Schritt?

Flugverbotszone: Was bedeutet die Einrichtung einer NFZ?

Eine Flugverbotszone ist genau das, wonach es klingt: In der bestimmten Zone dürfen keine Flugzeuge oder Drohnen fliegen. Eine Flugverbotszone wird meistens aus militärischen Gründen eingerichtet. Im Fall des Krieges in der Ukraine würde das dem Zweck dienen, zu verhindern dass russische Kampfflugzeuge über die Ukraine fliegen dürfen. Dies fordern die Ukrainer, weil Russland die Lufthoheit über der Ukraine hat und die Sorgen wachsen, dass noch mehr Zivilisten durch Angriffe aus der Luft sterben könnten.
Die Einrichtung einer Flugverbotszone, im Englischen „No-Fly Zone“ (NFZ), hat aber weitreichende Konsequenzen. Denn: Die NFZ muss dann auch durchgesetzt werden. Würde beispielsweise die Nato eine Flugverbotszone über der Ukraine einrichten, müsste sie den Luftverkehr über dem Land überwachen und im Zweifel eingreifen, wenn die Zone nicht respektiert wird. Damit würde sich die Nato in den Krieg einmischen, was eine weitere Eskalation des Konflikts zur Folge hätte. Ein direkter Krieg zwischen Russland und der Nato soll um jeden Preis verhindert werden.

Wie wird eine Flugverbotszone durchgesetzt?

Eine Flugverbotszone muss generell vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossen werden. Dafür braucht es neun Stimmen im Sicherheitsrat, die die Resolution befürworten. Dabei müssen alle fünf ständigen Mitglieder zustimmen. Diese sind: USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien. Gibt es ein Veto von einem dieser fünf Länder, kommt die Resolution nicht zustande. Im Ukraine-Krieg gilt es daher als unmöglich, dass über den UN-Sicherheitsrat eine NFZ implementiert wird, da Russland Kriegspartei ist. Sollte es also von der Nato unabhängig vom Sicherheitsrat eine Flugverbotszone geben, könnte das auch in dieser Hinsicht umstritten sein.
Die Durchsetzung einer Flugverbotszone durch die Nato würde mit der Nato Response Force (NRF) getan werden. Es gibt spezielle Flugzeuge, die die NFZ dann überwachen und, wenn ein Flugzeug in der Zone entdeckt wird, zunächst per Funk Kontakt aufnehmen. Scheitert die Kontaktaufnahme wird das Flugzeug abgeschossen. Theoretisch soll die Einrichtung einer NFZ den Frieden herbeizwingen – was aber in der Regel nicht funktioniert. Zudem soll es Zivilisten vor Luftangriffe schützen, was aber natürlich nicht verhindern kann, dass Zivilisten zu Tode kommen. Ein oft zitiertes Beispiel dafür ist das Massaker von Srebrenica, bei dem Tausende zivile Opfer getötet wurden – trotz NFZ.
In der Vergangenheit hat es folgende Flugverbotszonen gegeben:
  • 2011: Libyen
  • 1999: Kosovo
  • 1992 bis 95: Bosnien
  • 1991: Irak
Die Gefahr eines Weltkrieges könnte sich deutlich erhöhen, wenn die Nato eine Flugverbotszone über der Ukraine einrichtet.

Nato schließt Flugverbotszone über der Ukraine aus

In den letzten Tagen wurde vor allem aus ukrainischer Seite ein Flugverbot über der Ukraine gefordert, um Angriffe Russlands aus der Luft zu unterbinden. Am Freitag (4.3.2022) gab die Nato nach einer Sondersitzung bekannt, diesem Wunsch nicht nachzugehen. „Wir haben als Nato-Verbündete die Verantwortung, eine Eskalation dieses Krieges über die Ukraine hinaus zu verhindern, denn das wäre noch gefährlicher, verheerender und würde noch mehr menschliches Leid verursachen“, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Um die Flugverbotszone zu realisieren müssten Nato-Kampfflugzeuge in den ukrainischen Luftraum fliegen und russische Flugzeuge abschießen. Die Nato befürchte jedoch, dass ein solches Vorgehen den Krieg in Europa vergrößern könnte.

Putin: Flugverbotszone über der Ukraine wäre Eingriff in Konflikt

Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit Blick auf westliche Staaten und die Nato scharf vor einer Flugverbotszone über der Ukraine gewarnt. "Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Beteiligung des jeweiligen Landes an dem bewaffneten Konflikt betrachtet", sagte Putin am Samstag bei einem Treffen mit Mitarbeitern der russischen Airline Aeroflot.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von seinen westlichen Partner gefordert, eine Flugverbotszone über der Ukraine einzurichten. Diese lehnten bislang aber ab. Die damit verbundenen Folgen wären, "dass russische Flugzeuge abgeschossen werden. Und man sich damit in einer Logik der Konfrontation verfängt", sagte etwa Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.

Scholz bekräftigt „Nein“ zur Flugverbotszone

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat ein militärisches Eingreifen der Nato im Ukraine-Krieg erneut ausgeschlossen. Der Westen setze weiter auf die gegen Russland verhängten Sanktionen, sagte Scholz auf einer Veranstaltung der "Welt" in Berlin. "Wir werden keine Flugverbotszonen über der Ukraine einrichten. Das würde eine direkte militärische Konfrontation mit Russland, mit russischen Kampfflugzeugen bedeuten", bekräftigte er.
"Mit US-Präsident Joe Biden, mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und den anderen Verbündeten bin ich mir einig, dass es keine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Nato und Russland geben darf. Das kann niemand wollen."
Das westliche Bündnis vertraue weiter auf die Wirkung von Maßnahmen, die vor allem auf die russische Wirtschaft abzielen. "Gemeinsam mit unseren Verbündeten in Europa und den USA haben wir sehr präzise Sanktionen vorbereitet", sagte der Bundeskanzler.
"Präsident Wladimir Putin mag diesen Krieg ein Jahr geplant und sich auf wirtschaftliche Reaktionen der internationalen Staatengemeinschaft eingestellt haben - doch er hat unsere Entschlossenheit unterschätzt: Die Sanktionen haben stärkere Auswirkungen, als es sich Russland je vorgestellt hat."