In Deutschland ist offenbar bereits seit Wochen die zweite Welle der Infektionen mit dem Coronavirus unterwegs. Nahezu täglich werden bei den Neuinfektionen Höchstwerte im Vergleich zu den Zahlen im Frühjahr gemeldet. Am Samstag etwa berichtete das Robert-Koch-Institut (RKI) von 2034 Neuinfektionen mit dem Coronavirus innerhalb eines Tages. Damit wurde die Schwelle von 2000 überschritten. Höher lag der Wert zuletzt am 25. April mit 2055 registrierten Neuinfektionen – ein Negativ-Rekord. Allerdings ist auch die Zahl der Tests gestiegen. Insgesamt sind jetzt 9267 Corona-Tote zu beklagen.

Was geschieht, wenn Grippe und Corona zusammen auftreten?

Manche stellen sich da die Frage, was geschieht, wenn parallel zur Corona-Pandemie auch noch die alljährlich anstehende Grippe-Welle mit dem Influenzavirus heranrollt? Soll man sich angesichts von Corona gegen Influeza impfen lassen? Immerhin erkranken jedes Jahr allein in Deutschland Tausende Menschen an der Grippe. Die Grippesaison beginnt gewöhnlich frühestens im Oktober und kann bis März dauern. Wann es 2020 losgeht, ist unklar, ihr Verlauf lässt sich generell nicht vorhersagen.

Soll man sich wegen Corona gegen Influenza impfen lassen? Das sagt das RKI

Die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert Koch-Instituts hat zu dieser Frage bereits Ende Juli Stellung genommen. Demnach sind die Experten sich darin einig, dass möglichst viele Impfungen gegen das Influenzavirus erfolgen sollen – zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems. Laut Stiko gibt es bei beiden Erkrankungen, also Covid-19 und Influenza, für Risikogruppen deutliche Parallelen bezüglich schwerer Krankheitsverläufe.
Deshalb müsse für die kommende Influenzasaison 2020/21 eine hohe Impfquote in den Risikogruppen erreicht werden.
Die Impfkommission empfiehlt, dass bevorzugt jene Bevölkerungsgruppen geimpft werden sollen, die ein besonders hohes Risiko für schwere Verläufe einer Influenza haben.

Reicht der Impfstoff für alle Menschen in Deutschland aus?

Laut Stiko werden für die kommende Saison 2020/21 in Deutschland etwa 25 Millionen Dosen Influenzaimpfstoff verfügbar sein. Das seien zwar deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Das würde aber nicht für die Impfung der gesamten Bevölkerung ausreichen. Allerdings war die Impfrate in Deutschland in den vergangenen Jahren ohnehin relativ gering.
Deshalb sollten laut Stiko mit den verfügbaren Impfstoffdosen insbesondere jene Personengruppen vollständig gegen Influenza geimpft werden, die ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer Influenza – oder von Covid-19 - haben, und die bei einer möglichen Infizierung ins Krankenhaus müssten.
  • Dazu gehören Senioren und Menschen mit chronischen Grundleiden
  • Zudem sollten auch Schwangere und BewohnerInnen in Alters- oder Pflegeheimen möglichst gegen Influenza geimpft werden.
  • Ebenfalls geimpft werden sollten Menschen, die beruflich besonders exponiert sind, und die für den Verlauf der Welle bedeutsam sind, weil es durch sie zu Übertragungen in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen kommen könnte. Also etwa ärztliches und pflegerisches Personal und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen.

Hausärzte warnen vor Folgen einer Grippe-Welle während Corona-Pandemie

Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands, Markus Beier, warnte laut der „Augsburger Allgemeine“ vor den Folgen einer Grippewelle während der anhaltenden Corona-Pandemie. Dadurch könne das Gesundheitssystem an seine Grenzen geraten.
Auch Prof. Dr. Uwe Janssens, Intensivmediziner und Chefarzt am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler bereiten der dpa zufolge die aktuell steigenden Corona-Fallzahlen mit Blick auf den Herbst und Winter Sorge. „Wir müssen auch bedenken, es gibt ja nicht nur das Coronavirus. Wir wissen, es kommt der Herbst, der Winter mit der Influenza und dem Norovirus.“ Die dann zunehmenden Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege werde es schwer machen, diese von Covid-19 zu unterscheiden, so Janssen. „Das wird uns vor zusätzliche Herausforderungen stellen.“ Alles was daher jetzt dazu diene, den Anstieg der Infektionszahlen zu entschleunigen, sei hilfreich für den Herbst.

Helfen Corona-Schutzmaßnahmen auch gegen Grippe?

Helfen die allgemeinen Corona-Schutzmaßnahmen dabei, die Ausbreitung des Influenza-Virus zu verhindern und so die Grippewelle 2020/2021 einzudämmen? Gesicherte Erkenntnisse waren nicht zu erfahren, aber man kann offenbar davon ausgehen. Die Ständige Impfkommission des RKI weist auf Erfahrungen der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) mit der Grippesaison 2019/2020 hin. Deren Daten für den Monat März 2020 würden zeigen, „dass die Influenza-Meldungen mit Beginn der Kontaktbeschränkung im Vergleich zu den Vorjahren sehr deutlich und abrupt sanken“. Dazu beigetragen haben dürften auch die Schulschließungen - und vermutlich auch die immer wieder angemahnten Schutzmaßnahmen wie die AHA-Regel:
  • Abstand
  • Hygiene
  • Alltagsmaske.
Dazu heißt es beim RKI auf Anfrage: Inwieweit sich die AHA-Regeln und weitere derzeit ergriffene Maßnahmen auf die nächste Grippewelle auswirken, könne man nicht vorhersagen – das hänge davon ab, wie gut sie umgesetzt würden.