- Die Corona-Zahlen in Deutschland sind noch immer sehr hoch
- Zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie sollen Kontakte reduziert werden
- Dafür wurde auf dem Corona-Gipfel Anfang Januar von Bund und Ländern eine sogenannte 15-Km-Regel beschlossen, die den Bewegungsradius in Hotspot-Regionen einschränkt
- Doch nicht alle Bundesländer setzen diese verschärfte Regel, die ab 11.1. gelten soll, gleichermaßen um
Bund und Länder haben auf dem letzten Corona-Gipfel eine Begrenzung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer für den Fall beschlossen, dass in einer Region über 200 Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gemeldet wurden. Doch nicht alle Bundesländer wollen die Regel gleichermaßen umsetzen. Als Beispiel: Während Bayern den Bewegungsradius in Hotspot-Regionen einschränken will, möchte Nachbarland Baden-Württemberg über die 15-Km-Regel erst noch weiter beraten nach weiterer Betrachtung der Entwicklung des Infektionsgeschehens. Eine Auswahl, wie unterschiedlich Bundesländer wie unter anderem
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Berlin
- Brandenburg
- Nordrhein-Westfalen und
- Sachsen
den Beschluss umsetzen wollen:
15-Km-Regel: Baden-Württemberg will Regel nicht umsetzen
Am Abend des Corona-Gipfels sagte Ministerpräsident Kretschmann (Grüne), dass Baden-Württemberg erst später entscheide, ob es wie andere Länder auch in Landkreisen mit hohen Corona-Infektionszahlen den Bewegungsradius beschränkt. Das Land hat sich daraufhin entschieden, die Regel nicht umzusetzen. In einem FAQ erklärt die Landesregierung, dass diese Maßnahme ihrer Meinung nach nicht den gewünschten Effekt erreichen würde.
Bewegungsradius in Bayern wird ab 200er-Inzidenz eingeschränkt
Für touristische Tagesausflüge wird der Aktionsradius in Hotspots beschränkt. In Landkreisen und kreisfreien Städten mit mehr als 200 Neuinfektionen binnen 7 Tagen pro 100 000 Einwohner dürfen sich die Menschen in der Freizeit - Wandern, Spaziergänge oder Sport - maximal in einem Radius von 15 Kilometern bewegen. Dies gilt nicht, wenn triftige Gründe vorliegen. Als solche gelten Einkaufen, Familien- und Krankenbesuche, Gottesdienste, Arzttermine sowie unaufschiebbare Umzüge. Wenn der Inzidenz-Wert für 7 Tage in Folge unter die 200er-Marke gesunken ist, kann die Maßnahme außer Kraft gesetzt werden. Hotspots können Tagesreisen von außerhalb in ihre Region zudem verbieten.
SPD-Fraktionschef Horst Arnold kritisierte, dass viele der von Tagestourismus besonders betroffenen Alpenregionen derzeit unter der Inzidenz von 200 lägen und die Maßnahme somit ungeeignet sei. Der 15-Kilometer-Radius bezieht sich immer auf den gesamten Wohnort, nicht auf die genaue Anschrift. Basis für die Zahl der Neuinfektionen sind die Zahlen des Robert Koch-Institutes (RKI).
Lockdown in Berlin: Diskussion um Ausgangssperren
Für die Menschen in Berlin greift ein solches Szenario vorerst nicht. Hier lag die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, am Dienstag laut Gesundheitsverwaltung bei 131,8.
Eine Diskussion im Senat dürfte es indes um Ausgangsbeschränkungen geben. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte gefordert, diese aus der Infektionsschutzverordnung zu streichen, da sie „juristisch zweifelhaft“, unverhältnismäßig und „für die Pandemie-Bekämpfung überflüssig“ seien.
Seit 16. Dezember ist das Verlassen der eigenen Wohnung in Berlin nur aus triftigen Gründen zulässig. Die Liste dieser Gründe ist allerdings recht lang, dazu zählen etwa Einkaufen, die Wahrnehmung von Terminen, Bewegung im Freien oder Gassigehen mit dem Hund.
Corona in Brandenburg: Polizei will 15-km-Regel scharf überwachen
In Brandenburg gelten inzwischen elf Landkreise und drei kreisfreie Städte als Corona-Hotspots. Mit knapp 206 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche überschritt der Landkreis Teltow-Fläming die kritische Schwelle. Er gehört damit möglicherweise bald zu den 11 der 14 Landkreisen und 3 kreisfreien Städten, für die seit Samstag besonders scharfe Corona-Beschränkungen gelten. Nach dem Beschluss der Landesregierung vom Freitag sind für Bürger dieser Kommunen touristische Reisen und Sport außerhalb eines Radius von 15 Kilometern um den Landkreis oder die Stadt verboten. Allerdings muss die hohe Sieben-Tage-Inzidenz fünf Tage lang bestehen.
Die Polizei hatte dazu strenge Kontrollen angekündigt. Diese würden stichprobenartig vorgenommen, erklärte der Sprecher des Polizeipräsidiums, Torsten Herbst. Wenn die Betroffenen dabei keine triftigen Gründe für ihren Aufenthalt am Ort der Kontrolle darlegen könnten, würden Anzeigen gestellt und die Reisenden zurückgeschickt.
Dazu hat der zuständige Landesbetrieb eine interaktive Karte bereitgestellt. Auf dem Kartennavigator Brandenburgviewer könne im Internet jeder Bürger sehen, wie weit der Bewegungsradius aus dem betroffenen Landkreis oder der kreisfreien Stadt reiche, teilte der Betrieb Landesvermessung und Geobasisinformation (LGB) mit. Dafür müsse im Menü der Kartenebenen der neue Punkt „Corona: 15-Kilometer-Grenze“ angeklickt werden.
15-Km-Regel greift in Mecklenburg-Vorpommern
In Mecklenburg-Vorpommern dürfen die Wohnungen zwischen 21 Uhr und 6 Uhr nur aus triftigen Gründen verlassen werden. Zudem wird der Bewegungsradius auf 15 Kilometer um die Meldeadresse begrenzt, sofern auch hier keine wichtigen Gründe wie die Arbeit vorliegen. Dort können Eltern ihre Kinder nur noch in begründeten Ausnahmefällen in die Kita bringen. Dies gelte etwa für Alleinerziehende.
Corona in NRW: 15-Km-Regel nach „Eigenregie“ von Hotspot-Regionen
Die neue ab Montag geltende Verordnung für das rund 18 Millionen Einwohner zählende Bundesland enthält keine Begrenzung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer für Einwohner in extremen Corona-Hotspots. Bei den Kontaktbeschränkungen auf einen Haushalt und eine weitere Person werden zu betreuende Kinder in NRW nicht mitgezählt. Das geht aus der am Freitag veröffentlichten neuen Coronaschutzverordnung hervor.
Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen pro 100 000 Einwohner über der Marke 200 liegt, könnten im Einvernehmen mit dem Landesgesundheitsministerium zusätzliche Schutzmaßnahmen anordnen. Konkrete Maßnahmen werden dabei nicht benannt. Nach Angaben eines Ministeriumssprechers kann dazu auch die 15-Kilometer-Regel gehören, die betroffene Kreise und kreisfreie Städte dann in eigenen Verfügungen regeln müssten.
Lockdown in Sachsen mit eingeschränktem Bewegungsradius für Hotspot-Regionen
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie setzt Sachsen auf einen Lockdown bis zum 7. Februar und geht damit über die Festlegungen der Bund-Länder-Schalte hinaus. Dort war von einer Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar die Rede. Demnach bleiben Kitas und Schulen im Freistaat bis zum 7. Februar weitgehend geschlossen. Kontakte werden eingeschränkt, allerdings will Sachsen Ausnahmen für die Kinderbetreuung ermöglichen. Das beschloss das Kabinett am Freitag in Dresden. Köpping sprach von weiterhin „besorgniserregenden Zahlen“ im Freistaat. Oberstes Prinzip sei es, Kontakte zu vermeiden. Zahlreiche bestehende Regelungen - etwa der 15-Kilometer-Radius - bleiben unverändert. Auch Geschäfte bleiben geschlossen. Die neue Verordnung gilt ab dem 11. Januar.
In Schleswig-Holstein gilt nicht automatisch ein Bewegungsverbot
In Schleswig-Holstein tritt in Hotspots mit besonders vielen Corona-Infektionen nicht automatisch eine Bewegungseinschränkung in Kraft. Dies machte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am Freitag in Kiel deutlich. Bund und Länder hatten eine Begrenzung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer für den Fall beschlossen, dass in einer Region über 200 Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen pro 100.000 Einwohner gemeldet wurden. Diese Regel wird laut Garg in den Maßnahmenkatalog eines bestehenden Erlasses aufgenommen, der für Kreise und kreisfreie Städte mit entsprechend hohen Werten vorgesehen ist.
Datenschutzbeauftragter: Kein Überwachen der 15-km-Regel via Handy
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber lehnt eine Überwachung der 15-Kilometer-Regel in Pandemie-Hotspots mittels Handyüberwachung strikt ab. Der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag) sagte er: „GPS-Daten können noch nicht mal zwischen Tiefgarage und viertem Stock in einem Haus unterscheiden. In Gebäuden funktioniert GPS nicht.“ Auch eine Funkzellenabfrage zeige noch nicht einmal verlässlich, in welcher Straße eine Person gewesen sei. „Also was soll das? Das ist keine Lösung.“
Gemeindetagspräsident Uwe Brandl hatte zuvor dem Bayerischen Rundfunk gesagt: „Wir könnten heute Bewegungsprofile aus den Handys auslesen und auf diese Weise sehr treffsicher feststellen, wo sich die Menschen aufhalten. Wir müssen uns halt jetzt entscheiden, was wichtiger ist, der Gesundheitsschutz oder der Datenschutz.“
Virologen skeptisch über Wirksamkeit der „15 km Regel“
Virologen sehen die Maßnahme allerdings skeptisch. „Eine 15-Kilometer-Grenze bringt infektiologisch gesehen zunächst keinen Vorteil“, sagte Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie am Helmholtz Zentrum München und Leiterin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München. „Natürlich erschrecken einen die Bilder von überfüllten Ausflugszielen zunächst“, sagte sie. „Aber wenn man die Ansammlung von Menschen vermeiden will, ist es vielleicht doch effizienter, für einzelne Orte gezielt Zugangsbeschränkungen einzuführen, zum Beispiel wenn die Parkplätze sich füllen die Zugangsstraßen zu sperren, als generell den Bewegungsradius einzuschränken.“