Im Frühjahr und Sommer 2021 haben viele Menschen in Deutschland ihre erste und zweite Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Für die meisten ist daher nun die Zeit gekommen, sich um einen Termin für die Booster-Impfung Gedanken zu machen. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich die Auffrischungsimpfung verabreichen zu lassen und den Impfschutz zu erneuern? Immer wieder werden neue Empfehlungen ins Spiel gebracht.
- Wozu raten aktuell Stiko und EMA?
- Und nach wie vielen Monaten ist der früheste Zeitpunkt für eine Auffrischimpfung?
- Alle Informationen zur Booster-Impfung im Überblick.
Empfehlung der Stiko: Wann kann man eine Booster-Impfung bekommen?
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt Auffrischimpfungen wegen der Omikron-Variante des Coronavirus bereits nach mindestens drei statt nach sechs Monaten. Die Empfehlung zum verkürzten Impfabstand gelte ab sofort für Erwachsene, teilte das Gremium am Dienstag mit. Sie ziele ab auf einen verbesserten Schutz vor schweren, durch Omikron hervorgerufenen Erkrankungen in der Bevölkerung und auf eine verminderte Übertragung der Variante. Es sei damit zu rechnen, dass Omikron das Infektionsgeschehen hierzulande „innerhalb kürzester Zeit“ bestimmen werde.
Ältere und vorerkrankte Menschen sollen laut Stiko wegen ihres höheren Covid-19-Risikos die Spritze bevorzugt erhalten. Die beiden mRNA-Impfstoffe, die zum Boostern verwendet werden (Comirnaty von Biontech/Pfizer und Spikevax von Moderna), seien „hinsichtlich ihrer Wirksamkeit völlig gleichwertig“.
Aktuelle Daten deuteten auf einen deutlich verringerten Impfschutz nach der Grundimmunisierung gegenüber der Omikron-Variante hin, erklärte die Stiko. Dieser nehme nach drei bis vier Monaten signifikant ab. Nach einer Auffrischimpfung steige die Schutzwirkung vor symptomatischer Infektion mit der Omikron-Variante jedoch wieder deutlich an. Es sei derzeit davon auszugehen, dass auch der Schutz vor schweren Verläufen zunehme. Zur Dauer des Schutzes könne man derzeit noch nichts sagen.
EMA: Booster-Impfung schon nach drei Monaten möglich
Booster-Impfungen gegen Covid-19 könnten nach Einschätzung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA auch schon nach drei Monaten erfolgen. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat Booster-Impfungen gegen das Coronavirus bereits drei Monate nach der letzten Impfdosis als „sicher und wirksam" eingestuft. „Die derzeit verfügbaren Daten unterstützen die sichere und wirksame Verabreichung einer Auffrischungsimpfung bereits drei Monate nach Abschluss der Erstimmunisierung", sagte der Chef der EMA-Impfstoffstrategie, Marco Cavaleri. Die bisherige Empfehlung der EMA lag bei sechs Monaten.
Ein so kurzer Abstand wäre möglich, wenn dies „unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Gesundheit wünschenswert ist“.
Biontech-Chef spricht sich für Booster-Impfungen nach drei Monaten aus
Biontech-Mitgründer Ugur Sahin hat sich für eine Auffrischung bereits ab drei Monaten nach der Zweitimpfung ausgesprochen. Mit Blick auf die neue Omikron-Variante des Coronavirus "sind zwei Dosen noch keine abgeschlossene Impfung mit ausreichendem Schutz", sagte Sahin dem Nachrichtenmagazin „Spiegel" laut Mitteilung vom Donnerstag. „Wenn sich Omikron, wie es aussieht, weiter ausbreitet, wäre es wissenschaftlich sinnvoll, bereits nach drei Monaten einen Booster anzubieten."
Ob Biontech einen neuen, speziell auf Omikron angepassten Impfstoff produzieren wird, sei noch nicht entschieden. Auch der Booster mit dem ursprünglichen Vakzin könnte reichen: „Nach den vorläufigen Daten neutralisieren drei Dosen das Virus deutlich und sollten die Geimpften schützen." Allerdings rechnet sahin damit, dass dann in relativ kurzem Abstand eine vierte Dosis folgen muss: "Die vierte Impfung könnte aber auch ein an eine Omikron-Variante angepasster Impfstoff sein." Deswegen sei Biontech bereits dabei, seine Produktionskapazität auf rund vier Milliarden Dosen für nächstes Jahr aufzustocken.
Frist von 5 Monaten bei Booster in NRW gekippt: Impfung nach vier Wochen
Die Booster-Impfungen sind in Nordrhein-Westfalen nun schon deutlich früher möglich, als in anderen Bundesländern. Schon vier Wochen nach der Grundimmunisierung können sich Bürgerinnen und Bürger die Auffrischungsimpfung in den Impfstellen von Kommunen und Kreisen hole, berichtet das Redaktions Netzwerk Deutschland (RND). Die Frist lag zuvor bei fünf Monaten in NRW. Der Zeitraum orientiere sich an der aktuellen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), erfuhr das RND von einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums Nordrhein-Westfalens. Demnach sei ein Booster bei Personen mit sehr schwachem Immunsystem schon vier Wochen nach der Zweitimpfung möglich. Eine Empfehlung ist dies aber nicht, sondern ein Mindestabstand, kritisieren Experten.
Experten drängen auf frühere Corona-Auffrischimpfung
Das Corona-Virus wandelt sich gerade und wird womöglich noch ansteckender. Experten drängen nun auf Nachsteuern bei den Impfungen. Angesichts dessen drängen Fachleute wie der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger, auf eine Verkürzung des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung. Die Ständige Impfkommission empfiehlt im Regelfall bisher sechs Monate, je nach Bundesland ist es auch schon früher möglich. Eine raschere Auffrischimpfung könne die Ausbreitung sowohl der Delta- wie auch der Omikron-Variante beeinflussen, „das zeigen die Erfahrungen aus Israel sehr eindrücklich“, sagte Salzberger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Stiko-Empfehlungen für Altersgruppen und Impfstoffe wie Moderna und Johnson & Johnson
Mit Moderna sollen sich nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) Menschen die älter als 30 sind impfen lassen. Die Stiko empfiehlt allen unter 30-Jährigen damit nur noch den mRNA-Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer für Erst-, Zweit- und Drittimpfungen.
Zudem empfiehlt die Stiko allen Personen, die eine Grundimmunisierung mit einer Impfstoffdosis Janssen von Johnson & Johnson erhalten haben eine weitere Impfung mit einem mRNA-Impfstoff von Moderna ab 30 Jahren oder Biontech. Die zusätzliche Impfstoffdosis soll ab vier Wochen nach der Johnson & Johnson-Impfung angeboten werden.
Booster NRW: Nach einem Monat?
In NRW können Menschen demnächst wohl schon einen Monat nach der zweiten Impfung gegen das Coronavirus eine dritte Spritze bekommen. Macht das Sinn? Immunologen haben dazu eine ganz klare Meinung. Eine Booster-Impfung schon nach vier Wochen macht aus Sicht von Immunologen wenig Sinn. In Nordrhein-Westfalen sind Booster-Impfungen nach einem Erlass der Landesregierung grundsätzlich nach vier Wochen möglich, es gebe aber keine ausdrückliche Empfehlung dafür, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag. Manche Politiker fordern bereits, diesen Weg auszuweiten. Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie sieht das kritisch: Vier Wochen nach der Zweitimpfung seien bestimmte immunologische Prozesse noch nicht abgeschlossen. Der Booster wirke dann viel schlechter.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach äußerte sich zurückhaltend dazu, dass Booster-Impfungen in Nordrhein-Westfalen nun grundsätzlich bereits nach vier Wochen möglich sind. Er müsse dies zunächst prüfen, sagte Lauterbach. Medizinisch sei eine so frühe Booster-Impfung aus seiner Sicht schwierig und werde auch von den führenden Experten so nicht vorgetragen. Diskutiert werde über einen Abstand von vier Monaten.
Immunologen halten Impfstoff von Novavax auch für Booster für gut geeignet
Nach Ansicht von Immunologen eignet sich der neu in der EU zugelassene Impfstoff des US-Herstellers Novavax auch für Booster-Impfungen. "Alles was bislang bekannt ist, deutet darauf hin, dass Novavax wahrscheinlich ein sehr guter Impfstoff ist", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl, der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagausgabe). "Bei den Booster-Impfungen ist Novavax laut einer britischen Studie nicht ganz so effektiv wie die mRNA-Impfstoffe, aber deutlich besser als Vektorimpfstoffe", sagte der Dortmunder Immunologie-Professor.
Dies unterscheide das Vakzin von Novavax von dem Totimpfstoff-Zulassungskandidaten Valneva. "Bei Booster-Impfungen sah man, dass mRNA-Impfstoffe den Antikörperschutz zwanzig- bis dreißigfach verbesserten, Valneva aber nur zweifach", sagte Watzl der Zeitung.