Schon zu Beginn des Kriegs hat Russland betont, dass es Atomwaffen verwenden würde, wenn es sich bedroht fühle. Der russische Präsident Wladimir Putin warnte den Westen vor einer Einmischung mit noch nie dagewesenen Konsequenzen – und spielte damit auf den Einsatz von Nuklearwaffen an. Zuletzt hatte der Kremlchef die Stationierung von Atomwaffen in Belarus angekündigt.
Russland ist aktuell die stärkste Atommacht der Welt. Doch was sind Atomwaffen eigentlich? Und welches Land besitzt wie viele Nuklearwaffen? Alle Infos zu folgenden Themen findet ihr hier.
Was sind Atomwaffen?
Bei Atomwaffen, auch Nuklearwaffen oder Kernwaffen genannt, handelt es sich laut Bundeszentrale für politische Bildung um Massenvernichtungswaffen. Deren Wirkung beruht dabei auf Kernspaltung oder Kernfusion. Zur Herstellung wird entweder hoch angereichertes (über 90 Prozent) Uran oder aus abgebrannten Kernbrennstäben separiertes Plutonium benötigt. Eine einzige Atombombe kann riesige Flächen zerstören und hunderttausende Menschen töten.
Welches Land gilt als Atommacht?
Per Definition gilt ein Staat dann als Atommacht, wenn er über Nuklearwaffen und geeigneten Trägersysteme (wie Raketen) besitzt, um die Atomwaffen auch einsetzen zu können.
Wer hat Atomwaffen und kann sie einsetzen? Die Atommächte im Überblick
Wer hat Nuklearwaffen – und kann diese auch einsetzen? Nach Putins Drohungen herrscht Sorge, dass Russland Gebrauch von seinen Kernwaffen macht. Doch wer hat neben den Russen noch Atomwaffen und gilt per Definition als Atommacht:
- Russland
- USA
- Großbritannien
- Frankreich
- Volksrepublik China
- Indien
- Pakistan
- Israel
- Nordkorea
Wie viele Atomwaffen haben Russland und die Atommächte?
Laut Statista gibt es weltweit mehr als 13.000 Atomwaffen. Die meisten davon besitzen Russland und die USA. Beide zusammen besitzen fast 12.000 nukleare Sprengkörper. Die übrigen Atommächte verfügen entsprechend über einen kleinen Anteil.
Unterschied von strategischen und taktischen Atomwaffen
Strategische Atomwaffen: Eine weltweite Gefahr
Wenn man an Atomwaffen denkt, denkt man für gewöhnlich an die strategischen Atomwaffen. Diese sind für die ganze Welt eine ernstzunehmende Bedrohung, da sie nicht im direkten Gefecht benutzt werden, sondern auf Distanz eingesetzt werden können. Strategische Atomwaffen können so eine Strecke von mehr als 5.500 Kilometer zurücklegen – das wäre zum Beispiel die Distanz zwischen Moskau und Washington. Vor allem diese zwei Supermächte – die USA und Russland – sind in der Lage ihre Atomwaffen in alle Winkel dieser Welt zu entsenden. Zudem können strategische Atomwaffen mehrere Atombomben auf ihrem Weg zum Endziel abwerfen.
Taktische Atomwaffen: Ukraine
Im Gegensatz zu den strategischen besitzen die taktischen Atomwaffen nicht die volle Sprengkraft und können auch nicht so lange Strecken zurücklegen. Nichtsdestotrotz sind sie gefährlich und haben ein enormes Zerstörungspotential. Taktische Atomwaffen werden für gezielte Angriffe genutzt. Militärexperten warnen davor, dass Putin – sollte er im Ukrainekrieg mit dem Rücken zur Wand stehen – taktische Atomwaffen auch in der Ukraine einsetzen wird.
Atomwaffen: Reichweite und Wirkung
Atomwaffen gehören zu den Waffen auf der Welt, die das meiste Zerstörungspotential besitzen. Mit ihnen kann man ganze Flächen von der Landkarte tilgen und Regionen für hunderte von Jahren unbewohnbar machen.
Russland ist nicht nur Atommacht Nummer eins, sondern auch in Besitz einer speziellen Rakete. Die sogenannte „Satan 2“ kann mit bis zu 12 Atomsprengkörpern beladen werden. Laut „La Depeche“ können solche Raketen ein Land der Größe Frankreichs zerstören. Zudem kann sie existierende Abwehrsysteme überwinden und mit einem Radius von 10.000 Kilometern auch Städte an der amerikanischen Westküste erreichen. Die „Satan 2“ ist etwa 30 Meter lang und rund 100 Tonnen schwer.
Hat Deutschland Atomwaffen?
Deutschland gilt selbst nicht als Atommacht. Als Mitgliedsstaat der NATO sind jedoch Atomwaffen und entsprechende Trägersysteme in Deutschland stationiert. Aktuell hat die NATO diverse Luftwaffenstützpunkte mit Nuklearwaffen in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten – auch in Deutschland. Das Bundesministerium für Verteidigung erklärt die „nukleare Teilhabe in der NATO“ damit, dass die Notwendigkeit zur nuklearen Abschreckung besteht, solange nukleare Waffen ein Mittel militärischer Auseinandersetzungen sein können. Zudem behalte die NATO zur glaubwürdigen Abschreckung und Verteidigung ihre politische Handlungsfreiheit, indem sie vor militärischer Erpressung schützt sei.
Neben den Atomwaffenstützpunkten in Deutschland gibt es weitere Staaten der NATO, die eigentlich keine Atommacht sind, aber durch die „nukleare Teilhabe der NATO“ über einsatzfähige Atomwaffen verfügen. Doch wo sind die Atomwaffen der NATO genau?
Wo hat die NATO Atomwaffen stationiert?
Die NATO hat auf diversen Luftaffenstützpunkten auch Atomwaffen stationiert. Hier die einsatzfähigen Atomwaffen der NATO in der Übersicht laut Wikipedia (Stand: 2011, Waffen und Lagersysteme, Stand: 2019, Orte):
- Belgien: Kleine Brogel (elf WS3-Lagersysteme, 10–20 Bomben B61-3/4)
- Deutschland: Fliegerhorst Büchel (elf WS3-Lagersysteme, 10–20 Bomben B61-3/4)
- Deutschland: Ramstein Air Base (55 WS3-Lagersysteme, zurzeit keine Waffen gelagert)
- Griechenland: Araxos (elf WS3-Lagersysteme, zurzeit keine Waffen gelagert)
- Großbritannien: Lakenheath (33 WS3-Lagersysteme, zurzeit keine Waffen gelagert)
- Italien: Aviano (18 WS3-Lagersysteme, 50 Bomben B61-3/4)
- Italien: Ghedi-Torre (elf WS3-Lagersysteme, 10–20 Bomben
- Niederlande: Volkel (elf WS3-Lagersysteme, 10–20 Bomben B61-3/4)
- Türkei: Balıkesir (elf WS3-Lagersysteme, zurzeit keine Waffen gelagert)
- Türkei: Incirlik Air Base (25 WS3-Lagersysteme, 60–70 Bomben B61-3/4)
- Türkei: Akıncı (Mürted) (elf WS3-Lagersysteme, zurzeit keine Waffen gelagert)
Russland: Erstschlag bei Atomwaffen
Sollte Putin seine Drohung wahrmachen und Atomwaffen verwenden, allen voran die taktischen Atomwaffen in der Ukraine, so wäre die Strahlenbelastung laut der deutschen Toxikologin Inge Paulini vom Bundesamt für Strahlenschutz voraussichtlich geringer als nach einem großen Unfall in einem ukrainischen AKW. Allerdings wären die Folgen vor Ort katastrophal, so die Einschätzung der Expertin. Ob Russland diesen Erstschlag letztlich durchzieht, ist fraglich. Fest steht, dass die NATO und die westlichen Nationen eine Eskalation in dieser Sache absolut verhindern möchten und dadurch von deren Seite keine Provokation zu erwarten sein dürfte. Die Ukraine betont immer wieder, dass die Drohungen von Putin nur ein Bluff seien und nicht ernstzunehmen seien. Sicher sein kann man sich aber nicht.