Die hohen Gaspreise sind einer der Gründe, aus denen sich zurzeit viele Verbraucherinnen und Verbraucher für verschiedene Heizmethoden interessieren – vor allem für erneuerbare Energien. Im Zollernalbkreis ist dieses Interesse nicht erst jetzt entstanden. Das bestätigt die Auswertung einer gemeinsamen Kooperation des Recherche-Netzwerks „Correctiv.Lokal“ und der SÜDWEST PRESSE. Demnach haben Bauherinnen und Bauherren in der Region Zollernalb schon vor der Krise sehr oft auf Heizungen mit erneuerbaren Energiequellen gesetzt.
Die Datenanalyse basiert auf Zahlen zur primären Heizmethode bei neu fertiggestellten Wohngebäuden in den Jahren 2016 bis 2020. Das Ergebnis der Auswertung: Der Anteil erneuerbarer Energien lag im Zollernalbkreis in diesem Zeitraum bei fast 71 Prozent. Zum Vergleich: Der bundesweite Schnitt lag bei weniger als 41 Prozent. Zu den regenerativen Energien beim Heizen zählen unter anderem Erdwärme, Biogas und sonstige Biomasse.

Zollernalbkreis: Großes Interesse an Energieberatung

Die ausgewerteten Zahlen stammen vom Bundesamt für Statistik und den Statistischen Landesämtern. Eine Antwort auf die Frage, wieso Bauherren im Zollernalbkreis im untersuchten Zeitraum eher als andere auf erneuerbare Heizmethoden gesetzt haben, liefern sie nicht. Auch das Landratsamt und die Energieagentur Zollernalb können auf Nachfrage keine Angaben dazu machen. Das Landratsamt sammelt zwar zahlreiche Daten zu unterschiedlichen Themen, für Wohngebäude ist es aber nicht zuständig. Bei der Energieagentur heißt es, das Interesse an der Energieberatung im Zollernalbkreis sei hoch – ein auffallend hohes Interesse an der Beratung zu erneuerbaren Heizmethoden wurde dort aber bisher nicht beobachtet.
Fest steht, dass laut Datenauswertung nur neun Landkreise in ganz Deutschland in der untersuchten Zeitspanne besser abgeschnitten haben als der Zollernalbkreis. Auf dem ersten Platz liegt zum Beispiel der Neckar-Odenwald-Kreis mit einem Anteil von 79 Prozent, auf dem letzten Platz liegt der niedersächsische Stadtkreis Emden (4,5 Prozent).

Klimaziele erreichen

Da die erneuerbaren Energien bei neu gebauten Wohngebäuden in der Region Zollernalb sehr stark vertreten sind, ist der Anteil von Gas-Heizungen dort vergleichsweise gering: Er lag bei neuen Wohngebäuden zwischen 2016 und 2020 bei rund 14 Prozent (deutschlandweit: 45 Prozent).
Laut Umweltbundesamt macht Wärme mehr als die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs aus. In der Energiewende geht es deshalb nicht nur darum, wie viel Strom Privatpersonen und Unternehmen verbrauchen oder mit welchem Verkehrsmittel sie von A nach B kommen. Auch die Wahl der Heizmethode hat einen großen Einfluss darauf, ob Deutschland seine Klimaziele erreicht – bis zum Jahr 2045 soll die Republik treibhausgasneutral werden.
Teil der Energiewende ist deshalb auch eine Wärmewende. Für Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) spielen dabei die Kommunen eine tragende Rolle: „Die Wärmewende kann nur vor Ort, das heißt auf lokaler Ebene, zu einem Erfolg geführt werden“, sagte er im vergangenen Sommer. „Wir brauchen deshalb dringend eine sehr aktive Rolle der Kommunen – und zwar aller Kommunen – sowie die tatkräftige Unterstützung der Länder und des Bundes.“

Wärmeversorgung grundlegend umbauen

Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch die Kreise, Städte und Gemeinden sind demnach dazu aufgerufen, ihre Wärmeversorgung in den kommenden Jahren grundlegend umzubauen. Laut dem Landratsamt des Zollernalbkreises gibt es viel zu tun: „Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass das durchschnittliche Alter der kreiseigenen Gebäude bei über 50 Jahren liegt“, sagt Pressesprecher Steffen Maier auf Nachfrage: „In den kommenden Jahren sind daher energetische Sanierungen zu berücksichtigen.“
In den vergangenen Monaten hat der Kreis laut Maier unterschiedliche Energiesparmaßnahmen umgesetzt und Anlagen optimiert – und zwar gemäß der Bundesverordnung zur Sicherung der Energieversorgung vom vergangenen August. Dort ist unter anderem festgelegt, dass Büroräume in öffentlichen Gebäuden auf maximal 19 Grad geheizt werden dürfen.
Als primäre Heizmethode nutzt der Landkreis in seinen Liegenschaften – also für die Verwaltung, Schulen und das Klinikum – zu 66 Prozent Erdgas. Der zweitgrößte Anteil sei Biomasse, sagt Maier, er liege bei 30 Prozent. Wichtig ist: Diese Zahlen lassen sich nicht mit denen der Datenauswertung von „Correctiv.Lokal“ und SÜDWEST PRESSE vergleichen, weil sie nicht Neubauten aus den vergangenen Jahren betreffen, sondern den gesamten Energieverbrauch.

Anteil von Erdgas reduzieren

Auch ein Vergleich von Wohn- und Nichtwohngebäuden ist oftmals schwierig – viele von Firmen genutzte Hallen werden zum Beispiel überhaupt nicht beheizt. Der Anteil erneuerbarer Energien bei neuen Nichtwohngebäuden war im Zollernalbkreis von 2016 bis 2020 allerdings ebenfalls überdurchschnittlich hoch: Er lag bei knapp 15 Prozent (bundesweit: rund 10 Prozent).
Die Kreisverwaltung nimmt in diesem Monat die Pelletheizung am Beruflichen Schulzentrum in Hechingen in Betrieb. Sie wird alle drei Schulgebäude beheizen. Maier sagt: „Dadurch kann der Anteil von Erdgas reduziert und der Anteil der Erneuerbaren Energien gesteigert werden.“ Der Blick auf die Datenanalyse zeigt: Im Zollernalbkreis geht das schneller als in vielen anderen Teilen Deutschlands.

Recherche-Netzwerk für Lokaljournalismus

Diese Recherche ist Teil einer Kooperation der SÜDWEST PRESSE mit „Correctiv.Lokal“, einem Netzwerk für Lokaljournalismus, das datengetriebene und investigative Recherchen gemeinsam mit Lokalredaktionen umsetzt. „Correctiv.Lokal“ ist Teil des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv, das sich durch Spenden finanziert. Mehr zum Thema gibt es online unter www.correctiv.org/klima.