Das gesamte Ökosystem Wald ist derzeit in größter Gefahr“, sagt Eugen Seyboldt. „Unser oberstes Ziel ist es, den Wald mit all seinen Leistungen für Mensch und Umwelt zu erhalten“, teilt der Abteilungsleiter Forst der Stadt Albstadt mit. Das könne nur gelingen, wenn der Wald möglichst klimastabil ist. Doch wie gelingt das? Eine Antwort darauf hatten Seyboldt, Revierleiter Stephan Schneider und die Forstwirte Marvin Weißinger und Alexander Jetter am Samstag in Ebingen.

2000 Bäume im Wert von 10 000 Euro

Gegenüber des Wildgeheges beim Waldheim hatten Stadt und die Firma Multicycle eingeladen, um auf etwa eineinhalb Hektar Bäume zu pflanzen. 2000 an der Zahl, denn so viele Fahrräder wurden in den Ebinger und Reutlinger Filialen des Fahrradhändlers verkauft. So kann das Unternehmen 10 000 Euro in Form von Pflanze, Pflanzung und Schutz der Pflanze gegen Wildverbiss spenden.
„2019 haben wir die Aktion ‚Pro Bike ein Baum‘ ins Leben gerufen“, erklärt Ebingens Filialleiter Johannes Dorner. Im Sinne der Nachhaltigkeit wird pro verkauftem Fahrrad ein Baum gepflanzt. „Und zwar für jedes Bike, egal ob E-Bike oder Kinderfahrrad.“ Mittlerweile hat das Unternehmen deutschlandweit 100 000 Bäume gepflanzt, berichtet Dorner stolz. Der 150 000ste wird bald in Füssen gepflanzt, verrät der Filialleiter.
Welche Baumarten, das entschied der Albstädter Forst. Am Samstag wurden europäische Lärchen und Douglasien gepflanzt, da sich diese durch eine hohe Klimaresilienz auszeichnen. „Sie vertragen Wärme und Trockenheit besser als die Fichte“, verrät Stephan Schneider den anwesenden Mitarbeitern und Kunden von Multicycle sowie Bürgermeister Steve Mall, die zur Pflanzaktion eingeladen waren. „Zudem sind es Baumarten, die wir sehr lange halten können.“ Die Douglasie beispielsweise könne gut und gerne 300 Jahre alt werden.
Bei Fichten hört es meist nach 100 Jahren auf. „Wenn sie über 120 Jahre alt wird, hat sie meist Probleme.“ Dann ist sie beispielsweise anfällig für Pilzerkrankungen wie Rotfäule, wird anfälliger für Klimaveränderungen und muss letztlich gefällt werden. So auch bei dem Waldstück, das für die neuen Pflanzen bereitsteht. Überall sieht man große Baumstümpfe von erkrankten Fichten, die vom Forstamt gefällt werden mussten. Den Reisig der gefällten Bäume haben die Mitarbeiter in Haufen gesammelt. So bieten sie beispielsweise Vögeln, Wieseln und Mäusen Unterschlupf und die Möglichkeit, zu brüten und zu gebären.

Fichten als wertvoller Wertstoff

Trotz der für Bäume kurzen Lebensdauer von Fichten haben die Mitarbeiter im selben Waldabschnitt wieder neue Fichten gepflanzt und das hat einen Grund: „Fichten sind ein wertvoller ökologischer Wertstoff“, so Schneider. Man versuche, eine Monikultur zu vermeiden. Bei Schneiders Revier (Albstadt-Südost) gibt es mehr als 70 Prozent Laubholz. „Zu einem guten Mischwald gehört durchaus auch die Fichte, weil sie beispielsweise gut Kohlenstoff bindet. Außerdem wächst sie schnell und bringt guten Ertrag.“
So wird es die Fichte in Schneiders Revier auch weiterhin geben – obwohl sie eigentlich hier gar nicht heimisch ist. Versteinerungen und Pollenfunde lassen vermuten, dass sie aus Ostasien stammen. In Europa sind sie vor allem in den Vor- und Alpen sowie im Erzgebirge heimisch. „Mit der Douglasie machen wir ebenfalls ein Zugeständnis.“ Die stammt eigentlich aus Nordamerika, ist allerdings eine sehr variable Baumart. Das sei wichtig, um den Wald möglichst zukunftsfähig zu gestalten, erklärt der Revierleiter.
Das liebt Schneider an seinem Traumberuf, wie er ihn beschreibt. „Ich trage dazu bei, die Welt ein bisschen besser zu gestalten, als ich sie angetroffen habe.“ In Albstadt tut er dies seit 2000. Die Stadt ist dabei Eigentümer des drittgrößten kommunalen Walds in Baden-Württemberg. Etwa 4500 Hektar Waldfläche gibt es im Stadtgebiet. Zählt man Waldwege und dergleichen mit, sind es sogar 5700 Hektar, verrät Eugen Seyboldt. Die in Ebingen 2000 gepflanzten Bäume werden nicht die Einzigen bleiben. „Wir werden dieses Jahr etwa 45 000 Bäume pflanzen.“ Pro Hektar werden es etwa 3000 bis 4000 Bäume sein. Davon sollen 300 durchkommen. Das klingt einfacher als gesagt, denn die jungen Pflanzen sind empfindlich. „Die Witterung ist entscheidend“, sagt Seyboldt.

Das Wildschwein „Schmetterling“

Jedes Mal, wenn die Teilnehmer der Pflanzaktion an dem Stückchen Wald vorbeikommen, werden sie sehen, wie es sich verändern wird und welche „ihrer“ Bäume wächst und gedeiht.
Doch damit nicht genug: Die Teilnehmer hatten auch das Glück, drei der etwa 20 Wildschweine des nahegelegenen Wildgeheges zu sehen. Das Wildgehege wurde in den 1970er-Jahren als Naherholungsangebot eröffnet. „Da bin ich als Kind schon gerne hin“, sagt Stephan Schneider. Mittlerweile darf er sich um die Bewohner kümmern. Unter anderem um „Schmetterling“ – die älteste Sau im Gehege.
Für den Wald seien die Wildschweine ein Segen, denn auf der Suche nach Nahrung durchwühlen sie den Boden und belüften ihn somit.