Acht der 21 in Deutschland heimischen Amphibienarten werden in der „Roten Liste der gefährdeten Arten“ als bedroht geführt, zwei weitere stehen auf der Vorwarnliste. Gründe dafür sind wie bei vielen anderen Tieren auf dieser Liste mangelnder Lebensraum und fehlende Nahrungsquellen. Der Naturschutzbund (Nabu) Albstadt bemüht sich, dem Artensterben entgegenzuwirken.
Ein erfolgreiches, dafür recht simples Mittel sind Zäune. Dabei kommt den Nabu-Mitgliedern und Helfern eine Eigenschaft der Tiere besonders zugute: die Gewohnheit. Erdkröten versuchen, ihre Eier an ihrem eigenen Geburtsort abzulegen, sagt Jürgen Hölle. Eben dort, wo auch sie gute Lebensbedingungen hatten, ergänzt das Nabu-Mitglied, das sich bereits viele Jahre für Kröten und Frösche einsetzt und nun die Organisation von Gerhard Layh übernommen hat. Solch gute Lebensbedingungen finden Amphibien am Stausee in Meßstetten-Oberdigisheim und am Naturbad in Albstadt-Tailfingen. Genau dort werden demnächst Krötenzäune aufgestellt.

Ried als perfekter Laichort

Im Naturbad sollten sie allerdings nicht laichen. Dort stören sie nicht nur den Betrieb, sondern werden teils von Rohren zum Selbstreinigungsverfahren des Bads angesaugt. Nur wenige Meter weiter gibt es mit dem Landschaftsschutzgebiet Tailfinger Ried jedoch die perfekten Bedingungen für den Fortbestand der Tiere. „Seit der Biber aktiv ist, hat sich das Gebiet für Amphibien deutlich verbessert“, berichtet Hölle. Durch seine Stauungen wird Wasser von der Schmiecha in das Gebiet geleitet. Dieses stehende Wasser eignet sich zum Laichen von Fröschen und Kröten. „Die Schmiecha fließt meist einfach zu schnell.“ Außerdem gibt es im Ried keine Fische.
Nicht selten aber greift der Mensch in die Arbeit des Bibers ein und zerstört dessen Dämme wieder. Oft wird befürchtet, dass diese Dämme für Überflutungen sorgen. „Der Biber erhöht die Überflutungsgefahr nicht“, sagt Jürgen Hölle über das Ried. Im Gegenteil: Wird die Schmiecha hier durch den Biber umgeleitet, verteilen sich die Wassermassen über das westliche, unbebaute Gebiet und sickern langsam ins Erdreich, statt in Richtung östlicher Bebauung über die Ufer zu treten.

Biber hilft den Kröten beim Laichen

„Er schafft ein Biotop und Lebensraum für viele Lebewesen“, fügt Ellen Köhler hinzu. Sie ist eine der Sprecherinnen des Nabu Albstadts und betreut die Krötenwanderung am Oberdigisheimer Stausee. Dort baut der Naturschutzbund gemeinsam mit der Stadt auf rund drei Kilometern Länge einen Zaun auf. Denn die Lurche müssen hier zum Laichen die K 7172 überqueren. Im Schnitt sammeln die Helfer etwa 2000 Tiere pro Jahr ein, um sie sicher über die vielbefahrene Straße zu bringen.
In Tailfingen ist das Gebiet hinter dem Naturbad nicht ganz so groß. Etwa 300 bis 500 Meter Zaun werden hier aufgestellt. „Je mehr Zaun wir anbringen, umso mehr wird der Druck für unsere Helfer reduziert.“ Die Funktion ist schnell erklärt: Die Tiere können die etwa 20 bis 30 Zentimeter hohen Zäune nicht überqueren. Sie müssen dann nach Geschlecht getrennt in Eimern gesammelt und zum eigentlichen Laichort gebracht werden.
„Die Tiere laufen erst abends los und halten sich dann über Stunden auf der Straße auf.“ Die Gefahr ist dabei nicht allein das Überfahren. Der Sog eines Autos kann schon reichen, die Tiere lebensgefährlich zu verletzen, betont Hölle. „Am meisten sind die Rückwanderer gefährdet“, ergänzt Köhler. Etwa 14 Tage nach Ankunft der ersten Hinwanderer suchen die Tiere den Weg zurück in den Wald, wo sie sich sofort eingraben. Problematisch wird das, weil nicht immer genügend Helfer für einen längeren Zeitpunkt zur Verfügung stehen.

Der richtige Zeitpunkt

Deswegen sucht der Nabu regelmäßig nach Unterstützung. Je nach Witterung beginnt die Krötenwanderung etwa Anfang März. „Amphibien warten auf den richtigen Zeitpunkt“, sagt Hölle. Am Stausee gibt es diesen oft früher als in Tailfingen, weil es dort sonniger ist. Das Gebiet hinter dem Naturbad liegt im Schatten. Sobald die Wanderung beginnt, sind die Helfer vor Ort. Jeden Tag müssen morgens und abends die Zäune nach Tieren abgesucht und diese dann zu den Laichorten gebracht werden. „Morgens hat sich das oft innerhalb einer halben Stunde erledigt“, sagen die Nabu-Experten.
Doch genau da liegt teils das Problem, sagt Ellen Köhler. Viele Ersthelfer erwarten jeden Tag Hunderte Kröten. „Es gibt Tage, da sammeln wir 500 Kröten pro Nacht. Es kann aber auch sein, dass man auf gar kein Tier stößt.“ Die Motivation aufrecht zuhalten, falle dann teils schwer. Trotzdem ist der Verein auf diese Hilfe angewiesen. „Wir brauchen zuverlässig über vier bis sechs Wochen Helfer“, fasst es Köhler zusammen. Das beinhaltet morgens etwa zum Sonnenaufgang die Strecke ablaufen und abends kurz nach Einbruch der Dunkelheit.

Nabu setzt sich für Artenschutz ein

Warum aber diesen Aufwand für ein paar Amphibien betreiben? „Wir betreiben keinen Tier-, sondern Artenschutz“, hält Jürgen Hölle fest. In der Region sind auch seltene Arten unterwegs. Je nach Art müssen Weibchen bis zu vier Jahre alt werden, bis sie geschlechtsreif sind und manche Arten sind dies nur einmal. Wenn ein solches Tier überfahren wird, dann kann das verheerende Folgen für die ganze Art haben, so Hölle und Köhler. Deswegen setzt sich der Naturschutzbund Albstadt jedes Jahr von Neuem für das Überleben der Amphibien ein.

Helferinnen und Helfer gesucht

Am Samstag, 4. März, veranstaltet der Naturschutzbund eine Informationsveranstaltung für alle Interessierten und bereits gemeldeten Helfer. Ab 14 Uhr wird es im Naturerlebniszentrum in Meßstetten, Widumstraße 39, alle Informationen rund um die Krötenwanderung geben. Der Nabu lädt dazu ein.
In Albstadt und Meßstetten stehen zudem Ellen Köhler und Jürgen Hölle Rede und Antwort. Helfer können sich per E-Mail an nabu.albstadt@t-online.de bei den beiden melden.