Eine Wahlbeteiligung von nur 34,7 Prozent. Dieses „beschämende Ergebnis“, wie es Oberbürgermeister Klaus Konzelmann nennt, treibt derzeit viele Albstädter um. Viele, aber eben nicht alle. Denn es gebe zahlreiche Albstädter, die politisches Desinteresse an den Tag legen und von einer OB-Wahl schlichtweg nichts wissen oder wussten, sagt Jannik Nölke. Für ihn ist das unverständlich. Es gibt kaum ein anderes Mittel, bei dem Bürger so aktiv die Politik und damit die Zukunft der Stadt mitgestalten und beeinflussen können wie das einer OB- oder Kommunalwahl. Außer man übt selbst ein Amt aus, aber das ist eben nicht für jeden etwas. Deswegen gibt es die Vertreter der Bürgerinnen und Bürger: den Gemeinderat und den Oberbürgermeister. Da sollten doch alle Albstädter mitbestimmen wollen, wirbt Nölke.
Was aber tun gegen Politikverdrossenheit? Für den Ebinger ist klar, die Menschen müssen dort abgeholt werden, wo sie Zeit verbringen. Das sei bei Menschen unter 40 eben im Netz. „Es hätte viel mehr in den Sozialen Medien passieren müssen“, sagt er zum einen über den Wahlkampf, aber auch über die städtischen Kanäle. So könne man auch junge Menschen erreichen, denen oft besagtes Desinteresse an der Politik vorgeworfen wird.
Wie alt die Wähler am 5. März allerdings waren, lässt sich nicht sagen. Eins aber, da sind sich fast alle einig: Eine solch niedrige Wahlbeteiligung darf es nicht wieder geben. „Außerhalb von Albstadt belächelt man uns für dieses Ergebnis“, sagt der Journalist, der mittlerweile in einem privaten Sicherheitsunternehmen in Albstadt tätig ist. Nach der Wahl traf er sich mit Bekannten aus Politik und Wirtschaft, und wie das in solchen Runden ist, man spinnt herum. „Wir haben uns die Frage gestellt, was wir tun können, damit die Leute wählen gehen.“

Kandidaten-Check für OB-Wahl

Bei Europa-, Bundestags- und Landtagswahlen gibt es von der Bundeszentrale für politische Bildung den Wahl-O-Mat. Anhand von verschiedenen Fragen mit mehreren Antwortmöglichkeiten wird am Ende ermittelt, mit welcher Partei man die meisten Übereinstimmungen hat. Doch eine solche Wahlentscheidungshilfe gibt es bei Kommunalwahlen kaum. Jetzt allerdings schon. Kurzerhand hat Nölke die Homepage „Albstadt wählt“ gestaltet, in der wichtige Informationen über die vier offiziellen Kandidaten, Udo Hollauer, Roland Tralmer, Markus Ringle und Thomas Wenkse zusammengefasst worden sind und auf der es seit Montagabend eben auch einen Kandidaten-Check gibt. „Alle Kandidaten sind überzeugt von der Idee.“ Alle? Nein, denn Thomas Wenske hat nicht geantwortet.
30 Fragen wurden den Kandidaten gestellt. Aus deren Antworten wählen die Nutzer die, die am meisten zu ihnen passen. Die Themen, die gewählt worden sind, umfassen durchaus die Schwerpunkte des Wahlkampfs: Verkehr, Klimaschutz, Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und Bürgern, die Hallen-Thematik und viele mehr.
Am ersten Tag haben bereits 190 Personen den Kandidaten-Check genutzt. Die Seite wird täglich knapp 2000 Mal aufgerufen. „Wenn wir Feedback bekommen, dann durchaus positives.“ Mit „wir“ ist eine Gruppe aus engagierten Albstädtern gemeint, die auch auf der Homepage zu finden sind. Mit einem Foto, einem Schild „Jede Stimme zählt! Auch Deine!“ und Begründung, warum sie die Initiative unterstützen, werben auch sie für die Wahl. „Wir erreichen so sicher nicht alle, aber doch welche, die sich bislang noch nicht informiert haben.“
www.albstadt-waehlt.de