Ein Döner bitte.“ Blitzschnell geht das Messer auf und ab, schneidet dünne Gurken-, Tomaten- und Zwiebelscheiben. Hinter dem Schneidebrett brutzelt ein sich drehender Dönerspieß. Man kann zusehen, wie sich eine Kruste bildet. Sukhdev Singh zückt das elektronische Messer, um im richtigen Moment saftiges Fleisch mit knuspriger Kruste herunterzuschneiden. Schnell noch das gegrillte Fladenbrot aufschneiden und Singh befüllt den Döner nach den Wünschen des Kunden.
So macht es der Foodtruck-Besitzer schon seit etwa September vergangenen Jahres und die Kunden scheinen begeistert zu sein. Eine Schlange hat sich Am Markt in Tailfingen gebildet. Vom Dönerspieß ist gegen 17 Uhr nur noch ein schmaler Streifen übrig – jedes bisschen Fleisch wird genutzt. „Alles, was ich wegschmeißen muss, ist letztlich Geld.“ Die Preise für Lebensmittel und Strom sind auch für Singh gestiegen. Verluste kann er sich als Selbstständiger nicht leisten. Neben dem Geld ist für Singh Lebensmittelverschwendung ein Thema. Er möchte so wenig als möglich wegschmeißen.

Keine Verschwendung

Diesen Gedanken würde er sich auch bei manchen Kunden wünschen. „Es kommt nicht selten vor, dass jemand Essen bestellt und es dann nicht abholt und nicht Bescheid sagt.“ Solange Singh jedoch nicht weiß, ob sich derjenige nicht einfach nur verspätet, hält er das Essen warm. „Je nach Gericht könnte ich es sonst einfach günstiger verkaufen – frisch ist es ja trotzdem.“ Meist muss er das Essen jedoch wegschmeißen – ohne, dass die Verursacher das mitbekommen. „Der Kunde ist eben König.“
Das zeigt sich auch bei der Zubereitung der Gerichte: Die To-Go-Schale für Currywurst oder Schnitzel mit Pommes ist voll bepackt. Bei Yufka und Döner sieht es nicht anders aus. Die Kunden danken es ihm: „Bei dir ist wenigstens noch ordentlich etwas drin“, ruft ihm ein Stammkunde in den Wagen hinein. Davon gibt es einige, sagt der 51-Jährige.
„Heute sind viele Kunden dagewesen. Ich hatte eigentlich zehn Fladen mehr als sonst dabei“, fügt er hinzu. Doch etwa um 17.30 Uhr muss er seinen Kunden mitteilen, Döner ist ausverkauft. „Yufka gibt es noch. Die mache ich selbst“, sagt er über den dünn ausgewalzten Fladen, den er in seinem Foodtruck nur noch erhitzen muss.

Foodtruck für etwa 40 000 Euro

Alles in dem Truck ist auf Singh ausgelegt. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte er sich einen Foodtruck gekauft und nach seinen Wünschen umgebaut. „Seit meiner Kindheit ist es mein Traum, einen eigenen Foodtruck zu haben.“ Etwa 40 000 Euro musste er investieren, bis der Wagen so dastand, wie er jetzt in Tailfingen und in Balingen zu sehen ist. Den dafür aufgenommenen Kredit und die laufenden Kosten müssen erstmal erwirtschaftet werden. Ein erfolgreicher Tag ist es, wenn mehr als 50 Kunden da waren, meist hat er Lebensmittel für bis zu 150 Mahlzeiten an Bord.
Eigentlich müsste ein Döner zehn Euro kosten, um wirklich die Ausgaben zu decken, fügt er hinzu. Doch das sei kein Kunde bereit zu zahlen. Er wisse von Imbissen, die bereits schließen mussten, weil die Kosten zu stark gestiegen und die angepassten Preise von den Kunden nicht getragen worden sind. „Es ist ein Risikogeschäft. Wenn es nicht läuft, habe ich keine zweite Einnahmequelle, mit der ich meine Miete zahlen kann.“
Deswegen ist es für den 51-Jährigen selbstverständlich, dass sein Tag bereits um 4.30 Uhr mit der Vorbereitung der frischen Waren wie Salat, Gurke und Zwiebeln beginnt. Derartige Lebensmittel muss er fast täglich wieder kaufen – auch dafür bleibt nur morgens Zeit. Die Yufkas bereitet er ebenfalls jeden Tag frisch zu. „Das dauert etwa zweieinhalb Stunden“, sagt er über die Vorbereitung. Erst dann kann er zu seinen beiden Verkaufsstellen in Tailfingen und Balingen.
Im Winter bietet er in der Regel bis 19 Uhr seine Gerichte an, im Sommer hofft er, länger offen haben zu können. Doch dann ist sein Arbeitstag noch nicht zu Ende. Sobald er die Schotten des Imbisswagens dicht macht, muss dieser komplett gereinigt werden. „Mein Tag ist eigentlich viel zu lang, aber mir macht es sehr viel Spaß.“ Das liegt auch am Kundenkontakt: Singh ist freundlich, führt, wenn die Zeit da ist, gerne Gespräche mit seinen Gästen – nicht nur mit den Stammkunden.

Die meistverkauften Gerichte

Die meistverkauften Gerichte sind Döner, Yufka, Currywurst und Schnitzel. Doch auch indische Gerichte wie Chicken Curry und Kichererbsen-Curry bietet der gebürtige Inder in seiner „Kiosk Kitchen“ an. „Ich möchte Essen anbieten, das ich kenne, mit etwas Besonderem.“ Das gewisse Etwas sind bei Sukhdev Singh die Gewürze. Hier hofft er auf eine Lieferung aus seiner Heimat. „Da merkt man sofort am Geruch, dass die indischen Gewürze viel intensiver sind, als die Produkte, die man hier teils kaufen kann.“

Erfahrung kommt mit der Zeit

In Punjab (Indien) groß geworden, zog Sukhdev Singh 1995 zu seinem Onkel nach Deutschland. Als dieser kurz darauf starb, musste sich der junge Mann in dem fremden Land alleine durchschlagen. Er arbeitete einige Zeit in einem Restaurant als Tellerwäscher. Durch einen Bekannten kam er von Bayern nach Albstadt, wo er 22 Jahre bei einer Firma beschäftigt war, darunter 13 Jahre als Lastwagenfahrer. Um sich für die Selbstständigkeit als Foodtruck-Inhaber vorzubereiten, hat er vier Wochen lang in einem Imbiss gelernt. „Das reicht für die Grundlagen, der Rest kommt mit der Erfahrung.“

Drei Foodtruck-Standorte festgelegt

Die Stadt Albstadt hat im Juli 2020 festgelegt, dass im Stadtgebiet nur drei Standorte für Foodtrucks zur Verfügung gestellt werden. Es handelt sich um den Bürgerturmplatz in Ebingen, der Fußgängerzone Untere Vorstadt auf Höhe des Rosengarten in Ebingen und im verkehrsberuhigten Bereich Am Markt in Tailfingen. Für Letzteren hat Sukhdev Singh den Zuschlag erhalten, zumindest bis zum 31. März.
Zudem erhielt Singh eine Sondernutzungserlaubnis, denn eigentlich wurde festgelegt, dass diese drei Standorte maximal an einem Tag pro Woche von einem Foodtruck genutzt werden dürfen und an diesem Wochentag nicht gleichzeitig Markt (Jahrmarkt, Wochenmarkt; Bauernmarkt) sein darf. Die Sondererlaubnis ermöglicht es Singh bis Ende März mittwochs, donnerstags und samstags in Tailfingen zu stehen.
„Um allen Bewerbern den Zugang zu einem der Standorte zu ermöglichen, wurde festgelegt, dass die Sondernutzungserlaubnis auf maximal drei Monate befristet wird und der jeweilige Standort anschließend neu vergeben wird“, erklärt die Stadt.