Nach massiven Ausschreitungen im Zusammenhang mit einer Eritrea-Veranstaltung in Stuttgart am Samstag (16.09.2023) wurden mehr als 200 Menschen festgenommen. Das teilte die Polizei in einer Pressekonferenz am Sonntag mit. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
- Insgesamt wurden 228 Menschen festgenommen. Davon sind 227 mittlerweile wieder auf freiem Fuß.
- Ein mutmaßlicher Täter werde am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt, weil er schon häufiger polizeilich in Erscheinung getreten sei.
- 27 Polizeikräfte wurden verletzt. Davon sind sieben aktuell nicht dienstfähig.
- Außerdem gab es unter den Angreifern 21 leicht Verletzte; vier der Veranstaltungsteilnehmer wurden leicht verletzt. Das meldet der SWR.
Die mutmaßlich zur eritreischen Opposition zählenden Tatverdächtigen hatten am Samstag Polizisten attackiert; die Verdächtigen wollten eine Veranstaltung eines regierungsnahen eritreischen Vereins im Römerkastell in Stuttgart-Hallschlag stören. Den Tatverdächtigen werde unter anderem schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen, teilte die Polizei in Stuttgart am Sonntag mit. Dazu kämen Körperverletzungsdelikte und Diebstahlsdelikte.
Sieben Beamte aktuell nicht dienstfähig: Polizei bezeichnet sich als „Prellbock“
Stuttgarts Polizeivizepräsident Carsten Höfler sagte, die Polizei sei zum "Prellbock" zwischen der Veranstaltung und deren Gegner geworden. Es seien insgesamt 27 Polizisten verletzt worden, sieben von ihnen seien vorläufig nicht mehr dienstfähig. Höfler sprach von massiver Gewalt bei den Attacken: „Es wurde nach allem gegriffen, um uns massiven Verletzungen auszusetzen.“
Nach den massiven Ausschreitungen hat die Polizei nach eigenen Angaben die Personalien fast aller Tatverdächtigen abgeklärt. Überwiegend kämen die Verdächtigen aus um dem Umland von Stuttgart, sagte der Stuttgarter Polizeivizepräsident Carsten Höfler am Sonntag. Nur wenige seien aus Stuttgart selbst. 63 mutmaßliche Gegner des Regimes in Eritrea seien aus der Schweiz angereist. „Das hat uns überrascht“, sagte Höfler. Teils seien auch Personen aus dem hessischen Gießen angereist. 212 der Verdächtigen hätten die eritreische Staatsbürgerschaft, sieben Verdächtige seien deutsch mit eritreischen Wurzeln. Vereinzelt müssten Identitäten der insgesamt 228 Verdächtigen noch geklärt werden.
Wie der Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sagte, war die Veranstaltung des eritreischen Vereins nicht genehmigungspflichtig, da sie in einem geschlossenen Raum stattfand.
Die Demonstration der Oppositionellen sei überraschend gewesen. Es sei eine Gegenveranstaltung angemeldet gewesen, diese Anmeldung sei aber wieder zurückgenommen worden. Nopper und der Polizeivizepräsident verwiesen darauf, dass es zuletzt in Stuttgart störungsfreie ähnliche eritreische Veranstaltungen gegeben habe.
Ausschreitungen auf Eritreafestival bereits im Juli in Hessen
Anfang Juli hatte es im hessischen Gießen massive Ausschreitungen bei einem Eritreafestival gegeben. Gut einen Monat später ereigneten sich bei einem regierungsfreundlichen eritreischen Festival nahe der schwedischen Hauptstadt Stockholm gewaltsame Zusammenstöße mit dutzenden Verletzten. Im israelischen Tel Aviv wurden Anfang September bei Protesten gegen eine regierungsfreundliche eritreische Veranstaltung dutzende Menschen verletzt.
Das seit 1993 von Präsident Isaias Afwerki mit harter Hand regierte Eritrea ist einer der am stärksten abgeschotteten Staaten der Welt. Bei Pressefreiheit, Menschenrechten und wirtschaftlicher Entwicklung rangiert das Land im Nordosten Afrikas weltweit auf einem der hinteren Plätze.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verurteilt Ausschreitungen
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die Ausschreitungen in Stuttgart scharf verurteilt. „Ausländische Konflikte dürfen nicht in unserem Land ausgetragen werden“, sagte die SPD-Politikerin am Sonntag. Die Gewalttäter müssten zur Verantwortung gezogen werden. Den verletzten Polizeikräften wünschte Faeser eine schnelle und vollständige Genesung.