Rund um die Fußball-WM 2022 in Katar gibt es weiter Streit um eine ganz besondere Armbinde. Manuel Neuer, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, und andere Fußballer wollten eine besondere Kapitänsbinde tragen, die auf die Situation der Menschenrechte in Katar hinweist. Der Weltfußballverband FIFA hat das unter Androhung von Strafen verhindert. Jetzt hat das erste Folgen für den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Hier gibt es alle Infos zur One Love-Binde:

Wegen One Love-Binde: Erster Sponsor beendet Zusammenarbeit mit DFB

Der Kölner Handelsriese Rewe beendet wegen der FIFA-Entscheidung zur „One-Love“-Armbinde ab sofort die Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund. Das Unternehmen wolle sich in aller Deutlichkeit von der Haltung des Weltverbands FIFA und den Äußerungen von Präsident Gianni Infantino distanzieren und werde deshalb auf seine Werberechte aus dem bestehenden Vertrag mit dem DFB insbesondere im Kontext der Weltmeisterschaft verzichten, sagte Konzernchef Lionel Souque am Dienstag.
„Wir stehen ein für Diversität - und auch Fußball ist Diversität“, sagte Souque. „Die skandalöse Haltung der FIFA ist für mich als CEO eines vielfältigen Unternehmens und als Fußballfan absolut nicht akzeptabel.“
Rewe hatte bereits im Oktober dem DFB mitgeteilt, den langjährigen Partnerschaftsvertrag nicht weiterzuführen - damals noch ohne inhaltliche Verbindung zur Weltmeisterschaft. Nach den aktuellen Entscheidungen der FIFA stelle der Konzern den Vertrag mit dem DFB aber ab sofort ruhend und verzichte auf Werberechte, hieß es in Köln. Dies habe das Unternehmen dem DFB bereits mitgeteilt. Das Sammelalbum, das Rewe während der WM vertreibt, wird ab jetzt kostenlos sein.
Auch der Sportartikelriese Adidas forderte eine liberale Haltung in der „One Love“-Diskussion. „Wir sind davon überzeugt, dass Sport offen für alle sein muss“, teilte Adidas-Sprecher Oliver Brüggen dem SID mit: „Wir unterstützen unsere Spieler*innen und Teams, wenn sie sich für positiven Wandel einsetzen. Sport bietet wichtigen Themen eine Bühne. Es ist unerlässlich, die Diskussion fortzuführen.“

Zieht der DFB gegen die FIFA vor Gericht?

Der „One Love“-Streit zwischen dem Deutschen Fußball-Bund und Weltverband FIFA landet womöglich vor Gericht. „Die FIFA hat uns ein Zeichen für Diversität und Menschenrechte verboten. Sie hat dies mit massiven Androhungen sportlicher Sanktionen verbunden, ohne diese zu konkretisieren. Der DFB prüft, ob dieses Vorgehen der FIFA rechtmäßig war“, sagte DFB-Sprecher Steffen Simon auf SID-Anfrage.
Die Auseinandersetzung um die Kapitänsbinde mit dem Vielfaltslogan könnte vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) landen. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf den Verbandsvorstand.
Es werde die Möglichkeit eines sogenannten Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz bei der Ad-Hoc-Division des CAS geprüft. Diese ist während der WM in Katar eingerichtet, um innerhalb von 48 Stunden zu entscheiden.

One Love-Binde: Welche Bedeutung hat sie?

Die One Love-Kapitänsbinde ähnelt der Regenbogenflagge und soll versehen mit einem Herzsymbol für Vielfalt, Offenheit und Toleranz stehen. Damit soll ein Zeichen gesetzt werden für eine verbesserte Situation der Arbeitsmigranten, für mehr Frauenrechte, mehr Meinungsfreiheit und mehr Toleranz gegenüber der LGBTQ-Community.

One Love-Binde: Welche Länder wollten dabei sein?

Die One Love-Kampagne war eine bereits im September 2022 angekündigte gemeinsame Aktion der Teams aus Deutschland, England, den Niederlanden, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind. Frankreichs Kapitän Hugo Lloris hatte als Erster angekündigt, die Binde nicht zu tragen.
Ausschlaggebend für die Entscheidung sei eine offizielle Drohung des Weltverbandes FIFA, dass jeder mit der Binde auflaufende Spieler mit einer Gelben Karte bestraft werde.
Dank der früheren englischen Fußball-Nationalspielerin Alex Scott ist die „One Love“-Kapitänsbinde am Rande des WM-Gruppenspiels zwischen England und Iran am Montag doch zum Einsatz gekommen. Scott trug sie während ihres Auftritts als TV-Expertin der britischen BBC am Spielfeldrand im Khalifa-International-Stadion am linken Oberarm. Auch England hatte wenige Stunden vor der Partie mitgeteilt, auf Druck des Weltverbandes auf die vielfarbige Armbinde zu verzichten.

One Love-Binde: Was sagen Manuel Neuer und der DFB?

Auch der Kapitän der deutschen Fußballnationalmannschaft Manuel Neuer wird bei den WM-Spielen nun doch nicht mit der „One-Love“-Kapitänsbinde auflaufen. Der Deutsche Fußball-Bund und die anderen an der Aktion für Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit beteiligten Verbände würden wegen angedrohter FIFA-Sanktionen auf das Symbol verzichten, teilte der DFB am Montag mit.
Die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes hat das FIFA-Verbot für die „One Love“-Kapitänsbinde von Manuel Neuer scharf kritisiert. „Es handelt sich aus meiner Sicht um eine Machtdemonstration der FIFA“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag im Teamquartier in Norden Katars. „Das ist aus unserer Sicht mehr als frustrierend und auch ein beispielloser Vorgang der WM-Geschichte.“ DFB-Geschäftsführer Oliver Bierhoff äußerte, es fühle sich „schon stark nach Zensur an“.

One Love-Binde: Warum hat die FIFA etwas gegen die Aktion?

Der Weltfußballverband FIFA hat in der Vergangenheit immer wieder auf seine Regeln verwiesen, wonach politische Botschaften auf dem Fußballplatz nicht erlaubt sind. Da die FIFA die WM ja an Katar vergeben hat, wäre jede Kritik an der Situation der Menschenrechte in dem Golfstaat auch eine Kritik an die FIFA selbst. Auch die One Love-Aktion lehnt die FIFA mit dem Verweis auf die Trennung von Politik und Fußball ab. Umso mehr verwunderte der Weltfußballverband, als er zwei Tage vor der WM eine eigene Kapitänsbinde vorstellte. „Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln“, teilte der Weltverband mit. Botschaften, die die FIFA laut Mitteilung gemeinsam mit drei Organisationen der Vereinten Nationen erdacht worden sind.
Die FIFA hat das Verbot der „One Love“-Kapitänsbinde am Montag explizit mit dem Artikel 13.8.1 der Ausrüstungsregeln in Verbindung gebracht: „Für FIFA-Finalwettbewerbe muss der Kapitän jeder Mannschaft eine von der FIFA gestellte Armbinde tragen.“ Die FIFA unterstütze Kampagnen wie „One Love“, so der Verband, aber dies müsse im Rahmen der allen bekannten Regeln erfolgen.

One Love-Binde: Welche Strafen drohen den Trägern der Armbinde?

Welche Strafen auf das Tragen der One Love-Binde drohen, ist bislang völlig offen. Vor allem, ob diese auch wirklich ausgesprochen werden. Den Fußballverbänden, die an der Aktion teilnehmen, drohen Geldstrafen, die beispielsweise der DFB bereit gewesen wäre, zu zahlen. Es könnte aber auch sein, dass die Kapitäne mit der One Love-Binde vom Schiedsrichter aufgefordert werden, diese abzunehmen. Wenn sich die Spieler weigern, droht eine gelbe Karte und bei Wiederholung der Aktion auch eine Spielsperre.
(mit Material von sid und dpa)