Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ist eskaliert, in der Ukraine herrscht Krieg. In der Nacht zum 24. Februar hat der russische Staatschef Wladimir Putin in einer Fernsehansprache eine „Militäroperation“ in der Ukraine befohlen. Wenig später waren in mehreren ukrainischen Städten Explosionen zu hören. Mittlerweile sind die russischen Truppen bis zur ukrainischen Hauptstadt Kiew vorgedrungen. Dort sind laute Explosionen hörbar gewesen. In einer Rede in der Woche zuvor hat Putin das Minsker Friedensabkommen für gescheitert erklärt.
- Doch worum handelt es sich beim Abkommen, von dem aktuell so viel die Rede ist?
- Welchen Inhalt hat es?
- Welche Rolle spielt es im Russland-Ukraine-Konflikt?
Hier ein Überblick über die Geschichte des Minsker Friedensabkommens.
Das Minsker Abkommen – Minsk II erklärt
Das Minsker Friedensabkommen wurde 2015 in der Hauptstadt von Belarus unterzeichnet. Verhandelt wurde es im sogenannten Normandie-Format: Russland, Ukraine, Frankreich und Deutschland haben gemeinsam beraten und dann den Vertrag unterzeichnet. Im Wesentlichen ging es darum, den Bürgerkrieg in der Ostukraine zu stoppen und Frieden zu vereinbaren. Das Minsker Friedensabkommen wurde am 15.02.2015 unterzeichnet und beinhaltet folgende Punkte:
- Waffenstillstand an der Front in Luhansk und Donezk, zwei Gebiete, die sich 2014 für unabhängig erklärt hatten
- Einführung einer Sicherheitszone, in der keine großen militärischen Waffen oder Soldaten o.ä. stationiert werden dürfen
- Die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) soll den Waffenstillstand regelmäßig überprüfen
- Beginn von Gesprächen zu möglichen Wahlen in Luhansk und Donezk in Abstimmung mit ukrainischem Recht. Zudem sollte die Ukraine festlegen, dass in den Regionen ein Sonderstatus gilt.
- Amnestie für alle Personen, die in den Kämpfen in Donezk und Luhansk verwickelt waren
- Sofortiger Austausch von Gefangenen und illegal gehaltenen Personen im Rahmen des Konflikts
- Humanitäre Organisationen sollen Zutritt zu den umkämpften Gebieten erhalten, um der Bevölkerung zu helfen
- Sozio-ökonomische Verbindungen zwischen Ukraine und den umkämpften Regionen sollen wieder aufgenommen werden. Dazu gehörte beispielsweise die Auszahlung von Renten und anderen Gehältern.
- Nachdem Wahlen in Luhansk und Donezk abgehalten wurden, sollte die Ukraine wieder Kontrolle über ihre Grenzen bekommen, und zwar in vollem Umfang
- Abzug aller ausländischen Soldaten und Entmilitarisierung illegaler Gruppierungen
- Reform der Ukraine, die auf Dezentralisierung abzielt. Bis Ende 2015 sollte eine neue Verfassung in Kraft treten. Darin sollte der Sonderstatus von Luhansk und Donezk verankert werden.
- Wahlen werden in Luhansk und Donezk mit lokalen Vertretern abgesprochen und vom OSZE überwacht
Minsker Friedensabkommen: Was wurde umgesetzt?
Im Grunde ist nur sehr wenig vom Minsker Abkommen tatsächlich in die Tat umgesetzt worden. Der Waffenstillstand, der als Grundlage für die weiteren Schritte im Abkommen gilt, wurde lediglich sporadisch eingehalten. Seit 2015 sind Schätzungen zufolge rund 15.000 Menschen an der Front in der Ostukraine ums Leben gekommen. Dennoch steht fest, dass das Abkommen zu einer Abnahme der Gewalt geführt hat.
Das Minsker Abkommen sieht vor, dass die Regionen Donezk und Luhansk Teil der Ukraine bleiben und dort Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht abgehalten werden. In bestimmten Gebieten soll eine vorläufige Selbstverwaltung eingerichtet werden. Ausländische bewaffnete Verbände müssen der Vereinbarung zufolge abziehen.
Die Ukraine hat den Regionen bisher jedoch weder einen Sonderstatus zuerkannt, noch die Wahlen abgehalten. Zuvor müsse Russland seine verdeckte Militärpräsenz beenden, argumentiert Kiew. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) drängte die ukrainische Regierung bei seinem Besuch vergangene Woche, die notwendigen Gesetze zur vollständigen Umsetzung des Friedensabkommens auszuarbeiten.
Ukrainische Unterhändler werfen Russland vor, den Friedensprozess zu behindern, indem es auf einem vom Kreml vermittelten Dialog zwischen Kiew und den Separatisten bestehe. Die Ukraine weigert sich, an solchen Gesprächen teilzunehmen, da Russland Anstifter des Konflikts und kein unparteiischer Vermittler sei.
Das Abkommen ist also seit Jahren auf Eis – die Blockade schien unüberwindbar. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, das Abkommen nicht zu respektieren, es dreht sich alles im Kreis. Mit der Anerkennung der Volksrepubliken durch Russland und dem Einmarsch russischer Truppen scheint das Abkommen aber endgültig gebrochen zu sein.
Krieg in der Ukraine: Warum greift Russland an?
Es gibt ein Friedensabkommen, es hat Gespräche gegeben, die Diplomatie versucht schon seit 2014, die Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zu lösen. Und doch greift Russland jetzt sein Nachbarland an. Warum?
Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland ist natürlich kompliziert und historisch geprägt. Im Grunde geht es aber darum, dass Russland die Annäherungsversuche der Nato an die Ukraine als Bedrohung empfindet. Putin möchte die Ukraine in seinem Einflussgebiet halten. Zudem hat Putin in den vergangenen Jahren immer wieder öffentlich gesagt, dass er der Ansicht ist, dass das ukrainische und das russische Volk eigentlich ein Volk seien. Das stimmt jedoch nicht. Die Ukraine und Russland haben zwar viele Gemeinsamkeiten und teilen eine sprachliche sowie kulturelle Geschichte – aber die Ukraine und Russland sind nicht ein Volk. In der Vergangenheit hat Putin auch immer wieder gesagt, dass er es für einen Fehler hält, dass man ehemalige sowjetische Gebiete nach dem Zusammenbruch der UdSSR „gehen lassen hat“. Aus diesem Grund denken viele, dass Putin ein russisches Großreich wieder aufleben lassen möchte.
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