Nach den jüngsten Anschlägen im Westjordanland, bei dem zwei israelische Siedler getötet wurden, reagiert die israelische Regierung: Sie will die Todesstrafe für Terroristen einführen. Die Todesstrafe ist heute ethisch, strafrechtlich und praktisch umstritten, da sie vielfach als unvereinbar mit den Menschenrechten gilt. In welchen Ländern gibt es sie noch?

Israel will die Todesstrafe für Terroristen einführen

Die rechts-religiöse Regierung Israels hat die Einführung der Todesstrafe für terroristische Straftaten auf den Weg gebracht. Wie Itamar Ben Gvir, Israels ultrarechter Minister für nationale Sicherheit, der Tagesschau mitteilte, habe das Kabinett einen entsprechenden Beschluss gefasst. - und das umstrittene Gesetz zur Einführung der Todesstrafe für Terroristen hat bereits eine erste Hürde genommen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa stimmten 55 von 120 Abgeordneten im Parlament am Mittwoch, den 01-03.2023 für den Entwurf, neun dagegen. Es sind aber noch drei weitere Lesungen notwendig, bevor das Gesetz in Kraft treten kann.
Der Beschluss ist die Reaktion auf die jüngste Gewalt im Westjordanland. Zuletzt waren zwei israelische Siedler erschossen worden. Wie die Nachrichtenagentur afp berichtet, waren die beiden jungen Männer nach den Schüssen auf ihr Auto an einem Kontrollpunkt bei Nablus ins Krankenhaus gebracht worden, erlagen aber ihren schweren Verletzungen. Die israelische Regierung sprach von einem "terroristischen palästinensischen Angriff". Bei einem Treffen in Jordanien vereinbarten Vertreter Israels und der Palästinenser unterdessen, auf eine Deeskalation der angespannten Lage in den Palästinensergebieten hinzuwirken.
Im von Israel besetzten Westjordanland kommt es seit Monaten immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Armee.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen die Besorgnis Deutschlands wegen Plänen für eine Einführung der Todesstrafe übermittelt. „Wir sind aus fester Überzeugung gegen die Todesstrafe, und wir sprechen das überall auf der Welt an“, sagte Baerbock nach Informationen von dpa am Dienstag in Berlin bei einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Cohen.

Was ist die Todesstrafe eigentlich?

Amnesty international definiert die Todesstrafe als „eine vorsätzliche Tötung von Menschen durch den Staat. Sie verstößt gegen das Recht auf Leben und gegen das Verbot der Folter“.

In welchen Ländern gibt es die Todesstrafe noch?

Laut Amnesty International verzichten immer mehr Staaten auf die Todesstrafe. So verankern durchschnittlich drei Staaten jährlich die Abschaffung in ihren Gesetzen. Einmal abgeschafft, wird die Todesstrafe nur selten wiedereingeführt. Wie das Auswärtige Amt auf seiner Internetseite schreibt, ist in Europa Belarus der letzte Staat, der Hinrichtungen vollstreckt. Auch außerhalb Europas gibt es einen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe: so wurde die Todesstrafe in fast allen Staaten Lateinamerikas, aber auch in Zentralasien, Ozeanien und vielen Staaten im südlichen Afrika abgeschafft. In den USA wendet nur noch eine Minderheit der Bundesstaaten die Todesstrafe an.
Die Iranische Exil-Community demonstriert kurz vor dem "Welttag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober vor dem Reichstag. In welchen Ländern gibt es die Todesstrafe noch?
Die Iranische Exil-Community demonstriert kurz vor dem „Welttag gegen die Todesstrafe am 10. Oktober vor dem Reichstag. In welchen Ländern gibt es die Todesstrafe noch?
© Foto: Annette Riedl/picture alliance/dpa
Weltweit haben über 144 Staaten die Todesstrafe abgeschafft oder verzichten auf ihre Anwendung, während etwa 55 Staaten weiterhin Todesurteile vollstrecken.
In diesen Ländern gibt es die Todesstrafe noch:
  • Afghanistan
  • Ägypten
  • Antigua und Barbuda
  • Äquatorialguinea
  • Äthiopien
  • Bahamas
  • Bahrain
  • Bangladesch
  • Barbados
  • Belarus
  • Belize
  • Botsuana
  • China (Volksrepublik)
  • Dominica
  • Gambia 2
  • Guyana
  • Indien
  • Indonesien
  • Irak
  • Iran
  • Jamaika
  • Japan
  • Jemen
  • Jordanien
  • Katar
  • Komoren
  • Kongo (Demokr. Republik)
  • Kuba
  • Kuwait
  • Lesotho
  • Libanon
  • Libyen
  • Malaysia
  • Nigeria
  • Nordkorea
  • Oman
  • Pakistan
  • Palästina
  • Saudi-Arabien
  • Simbabwe
  • Singapur
  • Somalia
  • St. Kitts und Nevis
  • St. Lucia
  • St. Vincent und die Grenadinen
  • Sudan
  • Südsudan
  • Syrien
  • Taiwan (Republik China)
  • Thailand
  • Trinidad und Tobago
  • Uganda
  • Vereinigte Arabische Emirate
  • Vereinigte Staaten von Amerika
  • Vietnam

Die Geschichte der Todesstrafe

In vorstaatlichen Gesellschaften erlaubte es ein ungeschriebenes Sippenrecht, dass die Angehörigen eines Mordopfers Rache beim Täter und seiner Sippe nehmen durften. Mit zunehmender Sesshaftigkeit wurden einheitliche und verbindliche Regelungen notwendig, die erste bekannte Gesetzgebung mit einer Todesstrafe entstand um 1700 v. Chr.
Im Mittelalter rechtfertigte die römisch-katholische Kirche die Todesstrafe an „Heiden“ im Zuge gewaltsamer Christianisierung. Im Spätmittelalter reduzierte sich das Machtmonopol der Kirche zwar, die Menge und Grausamkeit der Hinrichtungen nahm jedoch ständig zu. Mit der Inquisition und Hexenverfolgung leistete die Kirche einen maßgeblichen Beitrag.
Je stärker sich das Volk mit Bauernaufständen und Raubrittertum gegen die Obrigkeiten wehrte, desto grausamer waren die Vergeltungsakte: 1525 bis 1648 erreichten die Hinrichtungszahlen Höchstwerte. Die Hinrichtungsarten wurden dabei immer vielfältiger und grausamer: Schwert, Galgen, Rad, Feuertod, Holzstoß usw. Die Anwendung der Todesstrafe wurde auf kleinste Vergehen wie etwa Diebstähle ausgeweitet.
Mit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts entstand im Humanismus eine erste wirkliche Opposition gegen die Todesstrafe: Mit den Idealen „Freiheit, Gleichheit und Solidarität“ der Französischen Revolution erreichte die Anerkennung grundlegender Menschenrechte einen zeitweiligen Durchbruch. Die Hinrichtungsarten wurden humanisiert. Das Ergebnis war die Erfindung der Guillotine. Die grundsätzliche Akzeptanz der Todesstrafe blieb jedoch intakt.
Während des Dritten Reiches, aber auch in der Sowjetunion kam es in den 30er und 40er Jahren zu massenhaften Justizmorden. Seither hat die Ablehnung der Todesstrafe in westlichen Demokratien immer mehr Rückhalt gewonnen.

Die Todesstrafe in Deutschland

Zum Zeitpunkt der Reichsgründung war die Rechtslage betreffend Todesstrafe uneinheitlich. Das Reichsstrafgesetzbuch schrieb ab 1871 die Todesstrafe für Mord und Mordversuch an Kaiser oder Landesherrn vor. Während der Weimarer Republik nahmen die Hinrichtungen stetig ab, ein Antrag der SPD 1927 zur Abschaffung wurde jedoch abgelehnt.
Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im März 1933 wurde die Todesstrafe wiedereingeführt. Zwischen 1933 und 1945 wurden nach Angaben von Amnesty International 16.560 Todesurteile verhängt, davon rund 12.000 vollstreckt.
Schätzungen zufolge war die sowjetische Besatzungsmacht in den 1940ern und 1950ern für einige hundert Hinrichtungen verantwortlich. Die DDR schaffte die Todesstrafe offiziell erst 1987 ab.
In Gefängnissen der US-Armee auf bundesdeutschem Boden wurden bis 1951 Todesurteile vollstreckt, bis zur Gründung der BRD 1949 war die Anwendung innerhalb der einzelnen Länder uneinheitlich. Das dem Bundesrecht übergeordnete Grundgesetz erklärte die Todesstrafe für abgeschafft.
Laut deutschem Grundgesetz und Persönlichkeitsrecht ist das Verbot der Todesstrafe absolut und unveränderbar sowie in künftige deutsche Verfassungen zu transportieren. Es handelt sich um ein nicht abstimmbares Grundrecht, das durch keine Gesetzesinitiative aufgehoben werden kann.