Die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Dienstag, den 28.02.2023 wurden nach nur zwei Stunden abgebrochen - die Signale stehen auf Eskalation. Die Gewerkschaft EVG stellt Bedingungen, damit sie sich überhaupt wieder mit an den Verhandlungstisch setzt, und droht mit einem Warnstreik.

Tarifverhandlungen nach nur zwei Stunden abgebrochen

Die erste Runde der Tarifverhandlungen für rund 180.000 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn hat nur rund zwei Stunden gedauert. Personalvorstand Martin Seiler ging am Dienstag entgegen den Forderungen der EVG ohne Angebot in die Verhandlungen. Bereits nach zwei Stunden wurden die Gespräche daraufhin unterbrochen. Der Tonfall zwischen den Parteien verschärfte sich deutlich.
Kristian Loroch, EVG-Verhandlungsführer, machte nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa im Anschluss klar, dass die Gewerkschaft nur bei einem Angebot des Arbeitgebers die Gespräche wieder aufnehmen will. „Wir möchten mit Substanz reden“, sagte Loroch in einer Online-Pressekonferenz. „Offensichtlich hat das Unternehmen überhaupt kein Interesse daran, einen Abschluss am Verhandlungstisch zu erzielen, sondern provoziert bewusst einen Arbeitskampf.“
Bahn-Personalvorstand Seiler bezeichnete die Unterbrechung der Verhandlungen als „völlig unnötig“. „Die EVG hat verlangt, dass wir ohne inhaltliche Erörterung ein Angebot vorlegen - und das ist aus unserer Sicht derzeit nicht möglich.“ Es liege ein „massives Paket“ mit 57 Forderungen auf dem Tisch, „da müssen wir zunächst den Rahmen abstecken, priorisieren und dann in die Details einsteigen.“

Zwölf Prozent mehr Gehalt: Das sind die Forderungen

Die EVG ist die größte Gewerkschaft bei der Deutschen Bahn. Ihre Forderungen gelten aber auch für insgesamt rund 50 andere Verkehrsbetriebe. „Angesichts enorm gestiegener Energie- und Lebenshaltungskosten muss die Lohnerhöhung deutlich ausfallen. Das haben unsere Mitglieder immer wieder sehr eindrücklich erklärt“, sagte EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay.
Mindestens 650 Euro mehr Lohn fordert die Gewerkschaft. Für Nachwuchskräfte sollen es mindestens 325 Euro sein. Bei den höheren Entgelten will die Gewerkschaft eigenen Angaben zufolge eine Steigerung um 12 Prozent erreichen. Damit liegt die EVG über den Vorstellungen von Verdi: 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr Lohn fordert Verdi für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen.

Mögliche Streiks bei der Bahn: Wann und wie lange könnte gestreikt werden?

Die EVG hatte ihre Forderung bereits Anfang Februar vorgelegt und betont, dass im Notfall schnell reagiert werden soll. Man habe „keine Zeit für Tariffolklore“, sagte Ingenschay und sagte weiter, dass sie direkt zu Beginn der Tarifverhandlungen ein Angebot sehen wollen. Ohne das werde man schnell reagieren, erklärte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch mit Blick auf mögliche Warnstreik-Aktionen.
Im Anschluss an die Tarifverhandlungen warnte Loroch die Bahn davor, die Reisenden als „Spielball“ gegen die Beschäftigten zu nutzen und diese schon jetzt in Warnstreiks hineinzutreiben. Zum weiteren Vorgehen bekräftigte der Gewerkschafter, dass nach den ersten Gesprächen mit den anderen 50 Unternehmen, die voraussichtlich bis Ende März dauern wird, erste Aktionen möglich seien. „Unser Credo ist eine gemeinsame Runde“, sagte Loroch, „Alle sollen die Chance bekommen haben, mit uns einmal zu sprechen, und dann werden wir in entsprechende Maßnahmen gehen oder auch nicht gehen.“
Sollte es zu Warnstreiks kommen, möchte die EVG sich mit Verdi abstimmen, denn auch im öffentlichen Dienst wird im März über eine Lohnerhöhung verhandelt. Von diesen Warnstreiks wären dann unter anderem der öffentliche Nahverkehr, die Müllabfuhr, Kitas und Feuerwehren betroffen. Der Alltag der meisten Menschen wäre also betroffen.
In den kommenden Wochen verhandelt die Gewerkschaft über diese Forderungen außer mit der Deutschen Bahn mit rund 50 weiteren Eisenbahnunternehmen. Die erste Verhandlungsrunde dauert daher voraussichtlich bis Ende März.
Die erste Runde der Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft EVG und der Deutsche Bahn AG. Drohen jetzt Streiks?
Die erste Runde der Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft EVG und der Deutsche Bahn AG. Drohen jetzt Streiks?
© Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Was tun, wenn die Bahn streikt?

Für Bahnreisende, die von einem Streik betroffen sind, hat die Verbraucherzentrale einige Tipps. Hier in Kürze zusammengefasst:
  • Erkundigen Sie sich bei dem Bahnunternehmen, mit dem Sie reisen wollen, welche Alternativen angeboten werden
  • Die Bahn empfiehlt sich, Verspätungen von Mitarbeitern des Unternehmens bestätigen zu lassen.
  • Ist das, beispielsweise durch einen zu großen Andrang, nicht möglich, sollten Sie Fotos von Anzeigetafeln machen, auf denen die Ausfälle und Verspätungen angezeigt werden. Ebenfalls zu empfehlen sind Screenshots von der App oder der Websites des Unternehmens mit ebendiesen Informationen.
  • Füllen Sie ein Fahrgastrechte-Formular aus. Zusammen mit den Belegen des Ausfalls oder der Verspätung können Sie nun Ihre Reise online oder im Servicecenter reklamieren.
  • Je nach Verspätung können Sie einen Teil ihres Ticketpreises oder sogar den gesamten Fahrpreis zurückerstattet bekommen.
(mit Material von dpa und afp)