Die russische Armee hat die Öffnung mehrerer humanitärer Korridore in der Ukraine angekündigt. Kiew hatte diese zuletzt abgelehnt unter dem Vorwurf, mit Routen nur über Russland und Belarus den neuen Anlauf zu untergraben. Doch was sind humanitäre Korridore eigentlich? Welche Bedeutung haben sie bei der Evakuierung?
Humanitäre Korridore: Welcher Fluchtkorridor ist in der Ukraine geplant?
Die russische Armee hatte am Montagmorgen die Öffnung mehrerer humanitärer Korridore angekündigt, über die Menschen aus den Städten Kiew, Charkiw, Mariupol und Sumy in Sicherheit gebracht werden sollten. Dazu sollten in den umkämpften Städten Feuerpausen gelten. Kiew hat eine Evakuierung von Zivilisten über humanitäre Korridore nach Belarus und Russland abgelehnt. "Das ist keine akzeptable Option", erklärte die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Montag. Die Zivilisten würden "nicht nach Belarus gehen, um dann nach Russland zu fliegen", betonte sie.
Russland bietet nach Angaben seines UN-Botschafters am Dienstag eine erneute Feuerpause zur Öffnung humanitärer Korridore in der Ukraine an. Wassili Nebensja sagte vor dem UN-Sicherheitsrat, am Vormittag sollten humanitäre Korridore in Kiew, Tschernihiw, Sumy, Charkiw und Mariupol geöffnet werden. Wie schon beim Angebot am Vortag sprach das russische Verteidigungsministerium von einem anschließenden Transport nach Russland. Der ukrainische US-Botschafter Serhij Kyslyzja warf Russland vor, mit Routen nur über Russland und Belarus den neuen Anlauf zu untergraben. Nebensja sagte, es werde auch eine Evakuierung in Richtung ukrainischer Städte westlich von Kiew angeboten.
Völkerrecht: Welche Bedeutung haben humanitäre Korridore im Krieg?
Moskau und Kiew hatten sich in den vergangenen Tagen auf eine Feuerpause für einen humanitären Korridor geeinigt. Das bedeutet in der Regel, dass Hilfsgüter geliefert werden und Zivilisten abziehen können. Doch bisher haben sich viele Hoffnungen nicht erfüllt.
Das humanitäre Völkerrecht verpflichtet unabhängig solcher Korridore alle Konfliktparteien, die Zivilbevölkerung, verwundete Soldaten oder Gefangene zu schützen. Krankenhäuser sind grundsätzlich nach den Genfer Konventionen vor Angriffen zu bewahren. Dazu tauschen die Gegner die Standorte der medizinische Einrichtungen aus. Darüber hinaus können nach gegenseitiger Absprache Sanitäts- und Sicherheitszonen eingerichtet werden. Das ist im „Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten“ geregelt.
Daneben können sich Kriegsparteien auch darauf einigen, Verwundeten- oder Hilfstransporte entlang bestimmter Korridore durch anerkannte humanitäre Akteure wie Hilfsorganisationen nicht zu behelligen. Wasser, Lebensmittel, Medikamente, medizinische Versorgung und alltägliche Güter können in die Konfliktregion gebracht werden, Zivilisten haben die Möglichkeit, die umkämpften Gebiete zu verlassen. Anders als bei einem vereinbarten Waffenstillstand werden um die Korridore herum die Kämpfe weitergeführt.
Fluchtkorridore: Welches Ziel haben humanitäre Korridore im Krieg?
Humanitäre Korridore haben aber nach Angaben des Beirats der Bundesregierung zur zivilen Krisenprävention und Friedensförderung nicht direkt den Schutz der Bevölkerung zum Ziel. Sie könnten aber dazu beitragen, Gewalt zu reduzieren. Eine unabhängige Instanz, die die Achtung dieser Korridore durchsetzen könnte, gibt es nicht.