Der Sonntag war ein Wahltag in Griechenland. Am 21. Mai 2023 waren knapp 10 Millionen Stimmberechtigte in Griechenland zur Parlamentswahl aufgerufen. So liefen die Parlamentswahlen.
Parlamentswahl in Griechenland: Das ist das Ergebnis
Die Wahllokale in Griechenland öffneten um 7.00 Uhr Ortszeit (6.00 MESZ) und schlossen zwölf Stunden später. Und relativ schnell am Abend war dann klar: Die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia hat die Parlamentswahl klar gewonnen. Mit 40,8 Prozent ist die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis Sieger der griechischen Parlamentswahlen. Das gab das Innenministerium am frühen Montagmorgen nach Auszählung fast aller Stimmen bekannt. Eine Regierung wird es vorerst trotzdem nicht geben. Noch am Wahlabend schloss Mitsotakis eine Koalition aus. Er habe stets dafür geworben, alleine zu regieren, und nun von den Wählern den Auftrag dazu erhalten, sagte er.
Konservative in Griechenland vorn – Neuwahlen womöglich schon im Juni
Zwar haben die Konservativen die Parlamentswahl klar gewonnen, doch für die Regierungsbildung reicht es nicht. Die Griechen richten sich auf einen weiteren Urnengang ein.
Griechische Medien schrieben schon kurz nach der ersten amtlichen Hochrechnung am Sonntag von einer „historischen Wahl“, von „Erdbeben“ und „Erdrutschsieg“. Die Linkspartei Syriza von Alexis Tsipras, die als aussichtsreichster Gegner galt, stürzte ab - sie erzielte nur 20,1 Prozent und damit rund 11 Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2019. Von 59 Wahlbezirken konnten die Linken nur einen einzigen für sich gewinnen, der Rest ging an die Nea Dimokratia.
Insgesamt schafften es fünf Parteien ins Parlament - neben den beiden großen Kontrahenten noch die sozialdemokratische Pasok mit 11,5 Prozent, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) mit 7,2 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lisi (Griechische Lösung) mit 4,5 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde.
Wahlbeteiligung in Griechenland
Am Mittag lag die Wahlbeteiligung am Sonntag bei 31,5 Prozent. Beim vergangenen Wahlgang im Jahr 2019 hatte die Wahlenthaltung mit 42 Prozent einen Rekord erreicht, und die Sorge war groß, dass auch diesmal viele Wähler den Urnen fernbleiben könnten.
Letzte Umfrage zur Parlamentswahl in Griechenland
Erwartet wurde ein Duell zwischen den seit 2019 alleine regierenden Konservativen der Nea Dimokratia (ND) unter Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis und der Linkspartei Syriza von Ex-Regierungschef Alexis Tsipras. Die Konservativen lagen nach Umfragen mit etwa 35 Prozent vorn, sieben Prozentpunkte vor den Linken. Insgesamt standen 36 Parteien zur Wahl.
Die wichtigsten Kandidaten
Bei der Parlamentswahl in Griechenland am Sonntag stehen drei Kandidaten im Mittelpunkt
Kyriakos Mitsotakis
Der 55-jährige Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis strebt mit seiner Partei Nea Dimokratia eine zweite Amtszeit an. Er beruft sich im Wahlkampf auf das Wirtschaftswachstum der zurückliegenden vier Jahre und eine solide Außenpolitik mit zwei wichtigen Bündnissen mit den USA und Frankreich. Mitsotakis hat einen Abschluss der Universität Harvard und hat als Berater für McKinsey gearbeitet. „Wir haben jetzt viel mehr Erfahrung, um die Veränderungen anzugehen, die aus Griechenland einen modernen europäischen Staat machen werden“, sagte er im Mai in einem Fernsehinterview.
Nach seinen Worten muss das Land angesichts des Ukraine-Krieges und anderer Herausforderungen derzeit mit „starker Hand“ geführt werden. Wenn seine Partei, deren Chef er seit 2016 ist, nicht wiedergewählt würde, wäre Griechenlands Wirtschaftsaufschwung gefährdet.
Alexis Tsipras
Alexis Tsipras war von 2015 bis 2019 Regierungschef, als Griechenland durch eine Schulden- und Finanzkrise ging, die Europa jahrelang in Atem hielt. Er will von den Wählerinnen und Wählern nun eine zweite Chance bekommen, um zu zeigen, was seine linke Partei Syriza erreichen kann, wenn die Staatsausgaben nicht von der EU und vom Internationalen Weltwährungsfonds (IWF) gedeckelt werden.
Dreimal hatten EU und IWF Griechenland ab 2010 vor dem Staatsbankrott gerettet, allerdings mit strikten Sparauflagen. Bedingung für die Rettungskredite waren etwa massive Kürzungen bei Renten und Gehältern, der monatliche Mindestlohn fiel damals auf weniger als 600 Euro.
Tsipras hatte sich den Auflagen der Gläubiger lange so energisch widersetzt, dass das Land fast den Euro verlassen musste. Erst im letzten Moment lenkte er ein und akzeptierte ein drittes Rettungspaket. 2018, also kurz vor Ende seiner Regierungszeit, lief das dritte Kreditprogramm. Seine Partei hat sich seither weiter in die politische Mitte bewegt.
Nikos Androulakis
Der 44-jährige Nikos Androulakis ist der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei Pasok-Kinal. Er wurde schon direkt nach seiner Wahl zum Parteichef 2021 als möglicher Koalitionspartner für Mitsotakis gehandelt. Aber dann wurde bekannt, dass Androulakis' Telefon vom Geheimdienst überwacht wurde. Seither fordert er eine Aufklärung der Abhöraffäre.
Androulakis ist Bauingenieur und war schon in der Parteijugend der Pasok engagiert. Für zwei Wahlperioden saß er im Europaparlament, im Parlament in Athen sitzt er bisher nicht. Im März verblüffte er Öffentlichkeit mit der Bemerkung, er werde nur in eine Regierung eintreten, die weder von Mitsotakis noch von Tsipras angeführt werde.
(mit Material von dpa und AFP)