Eine vorerst erfreuliche Entwicklung für alle Reisenden: Im derzeitigen Tarifkonflikt bei der Bahn gibt es Fortschritte, was bedeutet, dass in den kommenden sieben Tagen höchstwahrscheinlich kein Warnstreik die Reisepläne durchkreuzen wird.
Doch jetzt hat auch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ihre Forderungen für die anstehenden Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn verkündet. Diese plant, ab Herbst nicht nur über eine Gehaltserhöhung zu verhandeln.
Sowohl die Deutsche Bahn als auch ihre Fahrgäste dürften daher mit einem herausfordernden Herbst rechnen.
Verkündung der Tarifforderungen
Die GDL strebt in den bevorstehenden Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn im Herbst nicht nur eine erhebliche Erhöhung der Löhne an, sondern auch eine Reduzierung der Arbeitszeit. Zu den zentralen Forderungen gehören eine generelle Lohnerhöhung in Höhe von 555 Euro, eine Erhöhung der Schichtzulagen um 25 Prozent sowie eine Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden, ohne dass dies zu einer proportionalen Lohnkürzung führt. Zusätzlich strebt die GDL die Durchsetzung einer steuerfreien Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro an. Wie die Gewerkschaft am Montag weiter bekannt gab, soll der Tarifvertrag eine maximale Laufzeit von zwölf Monaten haben.
Deutsche Bahn will Forderungen prüfen
Nach eigenen Angaben hat die Deutsche Bahn die Forderungen der GDL zur Kenntnis genommen und wird sie "zu gegebener Zeit prüfen und bewerten". Eine Sprecherin der Bahn gab bekannt, dass im Herbst Verhandlungen mit der GDL über neue Tarifverträge für etwa 10.000 Beschäftigte der Deutschen Bahn stattfinden werden. Aktuell liegt der Fokus auf den Verhandlungen über neue Tarifverträge mit der EVG, die für rund 180.000 Mitarbeiter der Deutschen Bahn gelten.
Droht jetzt eine Streik-Welle im Herbst?
Der Deutschen Bahn und allen Fahrgästen droht ein schwieriger Herbst. Verhandelt wird zwischen dem Konzern und der GDL zwar erst ab November, bis Ende Oktober gilt eine Friedenspflicht. GDL-Chef Weselsky darf also bis dahin keine Warnstreiks ausrufen. Ab Herbst allerdings könnte das anders aussehen, denn die Lokführer-Gewerkschaft ist bekanntlich sehr streikbereit und setzte in den vergangenen Jahren auf eine harte Verhandlungsführung und viele Arbeitsniederlegungen.
Außerdem erhalten bei der Deutschen Bahn über 8.000 Beschäftigte ihre Bezahlung gemäß den Tarifverträgen, die mit der GDL ausgehandelt wurden. Die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hat hingegen zwar eine deutlich stärkere Präsenz in dem bundeseigenen Konzern und ihr Tarifwerk findet Anwendung auf über 180.000 DB-Beschäftigte. Da die GDL jedoch hauptsächlich die Interessen der Lokführerinnen und Lokführer vertritt, hat sie auch die Möglichkeit, durch Warnstreiks den Zugverkehr erheblich zu beeinträchtigen.
Letzter Tarifkonflikt zwischen GDL und Deutscher Bahn 2021
Im September 2021 wurde der bisher letzte Tarifkonflikt zwischen der GDL und der Deutschen Bahn beigelegt. Zu diesem Zeitpunkt wurden Tariferhöhungen in Höhe von insgesamt 3,3 Prozent sowie Einmalzahlungen vereinbart. Angesichts der deutlich gestiegenen Inflation ist ein Abschluss in dieser Größenordnung diesmal völlig ausgeschlossen. Allerdings gelang es der Gewerkschaft damals auch, Tarifverträge für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Werkstätten und der Verwaltung abzuschließen. Dadurch versucht die GDL ihren Einfluss im DB-Konzern zu stärken, auch wenn die Tarifverträge nicht immer zur Anwendung kommen. Während dieses Tarifkonflikts wurden insgesamt drei Streiks durchgeführt, bei denen die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Stephan Weil (SPD) und Daniel Günther (CDU), vermittelten.
(mit Material von dpa)
Trotz neuen Gesprächen – Streikvorbereitungen bei EVG laufen weiter
Auch die EVG befindet sich in Tarifverhandlungen mit der Bahn. In diesem Tarifkonflikt kam es bereits zu zwei Warnstreiks. Zunächst deutete vieles auf einen weiteren Streik hin, jedoch haben sich beide Seiten nun darauf geeinigt, zunächst erneut in kleiner Runde nach einer Lösung zu suchen. Die Streikgefahr ist damit allerdings noch nicht gebannt, denn laut EVG laufen die Streikvorbereitungen weiter.