Der Amoktäter von Hamburg stammt aus dem bayerischen Memmingen. Studiert habe er in München, sagte der Leiter des Staatsschutzes Hamburg, Thomas Radszuweit, am Freitag bei einer Pressekonferenz. Seit 2015 ist er dpa-Informationen zufolge in Hamburg gemeldet, aufgewachsen ist er demnach in Kempten im Allgäu.
Bei den Schüssen in einem Gebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg hat es acht Tote und acht Verletzte gegeben. Das teilte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Freitag in Hamburg auf einer Pressekonferenz mit. Zu den Toten zählt die Polizei auch den Täter sowie ein ungeborenes Kind. „Unter den Toten befindet sich im übrigen auch ein ungeborenes Kind im Alter von sieben Monaten, das im Mutterleib getroffen wurde“, sagte Grote. Er bezeichnete den Vorfall als Amoklauf. „Eine Amoktat dieser Dimension - das kannten wir bislang nicht. Das ist die schlimmste Straftat, das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unserer Stadt.“ Nach Informationen der Nachrichtenagentur epd erschoss der mutmaßliche Täter zwei Frauen, vier Männer und das ungeborene Kind.
Auch die Polizei stuft die Tat als Amoklauf ein – Spurensuche läuft
Nach Informationen aus Sicherheitskreisen stufte die Polizei die Tat bereits am Freitagmorgen (10.3.) als Amoklauf ein. Als Extremist war der mutmaßliche Schütze demnach nicht bekannt. Dass sein Name dennoch in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden auftauchte, hat dem Vernehmen nach auch keinen kriminellen Hintergrund, sondern damit zu tun, dass er eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt haben soll. Dafür ist immer auch eine Abfrage der Zuverlässigkeit nötig, bei der Bezüge zu Straftaten und Extremismus geprüft werden.
Die tödlichen Schüsse waren am Donnerstagabend gegen 21.00 Uhr während einer Veranstaltung im Gebäude der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Alsterdorf gefallen. Das hatte zu einem Großeinsatz geführt. Bis in den Vormittag waren die Ermittler zur Spurensuche am Tatort unterwegs. Die ersten Leichen wurden mittlerweile abtransportiert.
Der „Spiegel“ berichtete, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um ein ehemaliges Mitglied der Zeugen Jehovas handeln soll. Beim mutmaßliche Schütze handelt es sich nach übereinstimmenden Informationen mehrerer Medien um den 35-jährigen Philipp F., der laut seiner eigenen Homepage als Unternehmensberater tätig war und in Kempten im Allgäu lebte. Der Spiegel schreibt zudem von einer Pistole als Tatwaffe. Die Polizei konnte am Freitagmorgen dazu jedoch keine Angaben machen – weder zu dem mutmaßlichen Täter noch zum genauen Tathergang.
Amoklauf in Hamburg: Polizei war zufällig in der Nähe
Die Hamburger Polizei spricht von einem „glücklichen Zufall“, dass die neue Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen (USE) am Donnerstagabend gerade im Stadtteil Alsterdorf in der Nähe des Tatorts war. „Wie sie wissen, ist der Tatort in unmittelbarer Nähe zu unserem Standort“, sagte Matthias Tresp, Leiter Schutzpolizei, am Freitag auf einer Pressekonferenz.
„Durch ihre entsprechende Ausbildung, die sie genossen haben - gerade für Amok- und Terrorlagen - haben sie sehr schnell die Lage antizipiert und erkannt, dass kein Abwarten mehr hinzunehmen ist, und haben sofort versucht, sich Zugang zum Gebäude zu verschaffen.“
Die Tür sei verschlossen gewesen, berichtete Tresp. Die Kollegen hätten sich mittels Schusswaffe Zugang verschafft. Dabei hätten die Einsatzkräfte permanent Schüsse aus dem Gebäude gehört und den in den ersten Stück flüchtenden Täter wahrgenommen.
Die Kräfte hätten geschildert, dass sie Druck auf den Täter ausgeübt hätten: „Und das ist genau das, was wir in unseren Einsatzkonzeptionen wollen.“ So hätten 20 Personen unverletzt aus dem Gebäude gerettet werden können. Auch die Menschen, die verletzt gerettet worden seien, „rechnen wir dem Einschreiten der Polizei zu“.
Motiv für die Tat ist bisher unklar
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Angriff in einem Tweet als brutale Gewalttat bezeichnet. „Schlimme Nachrichten aus #Hamburg. Mehrere Mitglieder einer Jehova-Gemeinde sind gestern Abend einer brutalen Gewalttat zum Opfer gefallen“, postete er am Freitagmorgen über den Regierungsaccount auf Twitter. „Meine Gedanken sind bei ihnen und ihren Angehörigen. Und bei den Sicherheitskräften, die einen schweren Einsatz hinter sich haben.“ Die Polizei äußerte sich bislang noch nicht detailliert zu den Opfern.
Die Zeugen Jehovas zeigten sich „tief betroffen“. „Unser tiefes Mitgefühl gilt den Familien der Opfer sowie den traumatisierten Augenzeugen. Die Seelsorger der örtlichen Gemeinde tun ihr Bestes, ihnen in dieser schweren Stunde Beistand zu leisten“, hieß es in einem Statement auf der Website der Gemeinschaft.
Am frühen Morgen sicherte die Polizei vor, hinter und in dem dreigeschossigen Gebäude noch weiter Spuren. An der Außenseite des Gebäudes haben die Ermittler noch in der Nacht zahlreiche kleine Nummerntafeln aufgestellt, um Spuren der Gewalttat zu markieren. Am Morgen war auch ein 3D-Scanner im Einsatz, um den Tatablauf zu dokumentieren. Der Eingang zu dem Gebäude der Zeugen Jehovas war am Morgen mit einem Sichtschutz abgedeckt. Wie Augenzeugen die Tat erlebten, lesen Sie hier.