Einen stürmischen Sonntag im doppelten Sinn haben rund 6000 Hästräger erlebt. In 125 Gruppen waren sie aus der Region, aus Oberschwaben, dem Schwarzwald, vom Bodensee, aus Österreich, der Schweiz und Liechtenstein zum traditionellen „Ulmzug“ nach Ulm gekommen und fast vier Stunden in der Innenstadt unterwegs.
So sprangen, kletterten und rannten Hexen, Waldhutzla, Dammglonker, Seegockel und Affen durch die Gassen, Fanfarenzüge, Guggamusiker schmetterten und trommelten. Und die Ulmer...? Die waren ausgesprochen gut gelaunt, schien es.
Unter den nach Veranstalterangaben bis zu 11. 000 Zuschauern befanden sich nicht nur zahlreiche Maskierte, viele begrüßten die Zunftgruppen auch mit deren Rufen und ließen sich von den engagierten Moderatoren auf den Wagen zum Schunkeln, Klatschen und Winken animieren.
„Die Stimmung ist gut“, meinte Corinna, die sich mit ihrer Freundin Diana auf einem der Wagen in der Herrenkellergasse, Ecke Platzgasse einen guten Platz gesichert hatte, von da aus Kusshände tauschte mit den Waldschraten aus Raderach bei Friedrichshafen etwa und fleißig Konfetti streute. „Früher konnte ich nie beim Umzug dabei sein, weil ich in der Gastronomie gearbeitet habe“, sagte die Ulmerin. Ihr mache es Spaß, die schönen Masken und Häser zu sehen, und dass man einfach ausgelassen sein könne. Ihre Freundin im „Schwarzen-Schaf“-Kostüm liebt die Fasnet. Nur: „Ich finde es schwierig, in Ulm zu feiern. Fasnet außerhalb ist meistens lustiger.“ Gegen 15 Uhr wurde dann leider auch das Wetter stürmisch, nachdem der „Ulmzug“ sonnig begonnen hatte. Aber selbst das schien zunächst kein Problem: „Will jemand heim“, schrie einer der Moderatoren. „Nein“, hallte es geschlossen durch die Gasse. Erst als es auch noch zu regnen begann, ging ein Teil nach Hause – „die meisten bleiben aber da“, sagte der Ulmer Zunftmeister Gerhard Wies erfreut. Die Ulmer seien hart im Nehmen. Die ganzen zwei Tage seien „sensationell“ gelaufen, so seine Bilanz.
Der Name ist Programm
Begonnen hatte das närrische Wochenende bereits am Samstag, und zwar lautstark. Das von den Veranstaltern – der Narrenzunft Ulm und den Oberelchinger Blech Beat Gugga – angekündigte „Ulm-Beben“ machte seinem Namen alle Ehre. Vom frühen Nachmittag an zogen 18 Guggenmusikgruppen aus Süddeutschland und der Schweiz, alles in allem mehr als 500 Musiker, durch die ohnehin proppenvolle Innenstadt. Am Berblinger Brunnen, auf dem Münsterplatz, sowie am Hans-und-Sophie-Scholl-Platz gab es jeweils kleine, von den Zuschauern mit frenetischem Beifall belohnte, Standkonzerte mit fetziger Blasmusik. Vor allem die Weißenhorner Giggalesbronzer machten Stimmung mit ihrem Hit-Mix. Optisch fielen dagegen die Oschtalb Ruasgugga aus Aalen auf, die als kanadische Ranger in roten Uniformen und mit einer Pappmaché-Queen-Elizabeth vorneweg durch die Fußgängerzone marschierten. Ihren Ursprung hat die Guggenmusik in dem aus dem 16. Jahrhundert stammenden Brauch, die Wintergeister durch schräges Gebläse zu verscheuchen. Das mit dem Winteraustreiben hat am Samstag jedenfalls geklappt. Geradezu frühlingshaft waren die Temperaturen am Nachmittag, bevor es beim Guggenmusikertreffen am Abend in einem Zelt auf dem Münsterplatz noch heißer herging.
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Zong-Raus statt Amen
Narrengottesdienst Fröhlich und laut ist es gestern Morgen bei der Narrenmesse in der Wengenkirche zugegangen. Statt Orgelmusik schmetterte das Fanfanenkorps Ulm/Neu-Ulm zum Einzug „It’s so easy“, musikalisch schmissig ging es auch weiter. Rund 400 Menschen füllten die Kirche, manche verkleidet oder zumindet mit witzigen Kopfbedeckungen, wie auch Pfarrer Michael Estler und manche Ministranten. Estler und Schwester Elisa Kreutzer hielten gemeinsam die Predigt in Reimform. Statt Amen war meist der Ulmer Narrenruf Zong-Raus zu hören, statt des Glaubensbekenntnis wurde lauthals „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Fasnetszeit“ gesungen.