Es ist ein Appell gegen Hass, Hetze und Spaltung: In einer bewegenden Mitteilung haben sich die Eltern der 14-jährigen Ece S, die am 5.12.2022 Opfer eines tödlichen Messerangriffes geworden war, an die Öffentlichkeit gewendet.
Nuray und Mesut S. schreiben in ihrem Brief zum Tod ihrer Tochter: „Der Schmerz über den Verlust unseres Kindes ist unbeschreiblich und die Wunde, die das Verbrechen hinterlassen hat, wird niemals verheilen. Seither ist alles anders in unserem Leben, aber sicher auch bei den meisten Bürgerinnen und Bürgern unserer Gemeinde Illerkirchberg.“
Deutlicher Appell von Eces Eltern aus Illerkirchberg
Hintergrund des Briefes ist unter anderem die teils heftige gesellschaftliche und politische Debatte, die durch die Bluttat ausgelöst worden ist: Der mutmaßliche Täter ist ein Geflüchteter aus Eritrea. Seither versuchen rechtspopulistische Gruppierungen und die AfD, den schrecklichen Angriff für ihre Interessen zu instrumentalisieren. Dazu gehört auch eine weitere Straftat, die bereits 2019 in Illerkirchberg verübt worden war: Damals wurde ein ebenfalls 14-jähriges Mädchen in Illerkirchberg von mehreren Asylbewerbern vergewaltigt. Einer der Verurteilten kehrte nach seiner Haftentlassung nach Illerkirchberg zurück.
Verbrechen von Illerkirchberg darf Gesellschaft nicht weiter spalten
Gegen diese Instrumentalisierung wenden die trauernden Eltern sich ausdrücklich und appellieren – auch im Namen ihrer getöteten Tochter: „Lassen wir es nicht zu, dass das abscheuliche Verbrechen unsere Gesellschaft weiter spaltet. Neben der Politik hat vor allem die Presse hat eine große Verantwortung. Geben wir Hass, Hetze und Rassismus keinen Raum, ansonsten stirbt auch unser gemeinsames Miteinander.“
Nuray und Mesut S. führen weiter aus: „Auch in den dunkelsten Stunden sollten wir den Frieden zwischen allen Menschen und ihren Kulturen und Religionen suchen. Ohne diesen Frieden gibt es keine Zukunft.“
Bitte um Ruhe für die Trauer um die in Illerkirchberg getötete 14-Jährige
Zur Tat selbst schreiben die Eltern: „Am 5.12.22 haben wir unsere Tochter Ece durch eine heimtückische Tat auf ihrem morgendlichen Schulweg zum Bus verloren. Diese unbegreifliche Tat verurteilen wir auf das Allerschärfste und können unsere Trauer nicht in Worte fassen.“
Die Eltern äußern sich auch zum zweite Opfer, eine 13-Jährige Freundin Eces, die den Angriff des 27-jährigen Täters überlebt hat. Sie schreiben dazu: „Gleichzeitig wurde ein zweites befreundetes Kind und Mädchen durch den gleichen Täter schwer verletzt. Auch diese furchtbare Tat ist unbegreiflich und wir sind sehr dankbar, dass die Freundin unserer Tochter ihre lebensbedrohlichen Verletzungen überlebt hat.“
Nuray und Mesut S. bitten nun um Ruhe für ihre Trauer: „Wir trauern und dazu benötigen wir Abstand und Ruhe. Deshalb bitten wir Sie inständig: Sehen Sie ab von weiteren Versuchen der Kontaktaufnahme mit unserer Familie.“
Dank über die Konfessionen und Nationalitäten hinweg
Das Paar dankt allen, „die uns in dieser schweren Zeit begleitet haben und noch immer begleiten: dem unermüdlichen Einsatz unserer Polizei, den Rettungsdiensten, Seelsorgern, Ärztinnen und Ärzten“. Darüber hinaus dankt die Familie auch konfessionsübergreifend der Alevitischen Gemeinde, der Ditib, der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde und den beiden Pfarrern. Nicht unerwähnt lassen sie auch die Ortsverwaltung und den Bürgermeister Illerkirchbergs: Sie danken ihm „für seine Fürsorge und die Möglichkeit, unsere Tochter in Oberkirchberg, also in der Nähe zu uns als Familie, bestatten zu dürfen“.
„Vielfalt ist Reichtum, wenn alle zusammenstehen“
Die Eltern wenden sich auch an Nachbarn und Menschen, die Anteil genommen haben: „Wir danken all unseren Nachbarn und Freunden und wildfremden Menschen aus Illerkirchberg und überregional für ihre schriftlichen und persönlichen Beileidsbekundungen. Wir sind am Tiefpunkt unseres Lebens überwältigt von diesem interkulturellen und religiös vielseitigem Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Es spielt keine Rolle, ob ein Mensch Deutsch, Türkisch, Kurdisch oder von ganz anderen Kontinenten stammt oder welcher Sprache der Mensch spricht. Was zählt ist die Menschlichkeit und der Zusammenhalt einer Gesellschaft. Vielfalt ist Reichtum, wenn alle zusammenstehen.
Nuray und Mesut S. schließen mit den Worten: Was uns bleibt, ist die tiefe Sehnsucht nach Frieden in unserer Heimat und Gemeinde Illerkirchberg. Bitte lassen Sie uns zusammenstehen – Hand in Hand!