Trotz Inklusion verzeichnet die Gustav-Werner­-Schule für Geistigbehinderte steigende Schülerzahlen. Dadurch verschärft sich die Raumnot. „Spätestens in zwei Jahren werden wir nicht mehr genügend Räume an der Schule haben“, sagte Schulleiter Boris Matuschek im Ausschuss für Bildung und Soziales des Alb-Donau-Kreistags. Der Kreis teilt sich die Trägerschaft des Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums (SBBZ) mit der Stadt Ulm.
In deren Abteilung „Bildung und Sport“ laufen bereits die Vorbereitungen, um die Schule zukunftsfähig zu machen. Ob durch Sanierung, Umbau und Erweiterung oder einen vollständigen Neubau stehe noch nicht fest, sagte Abteilungsleiter Gerhard Semler auf Anfrage unserer Zeitung. Die Entscheidung solle in Absprache mit dem Regierungspräsidium Tübingen im Laufe dieses Jahres getroffen werden.
In jedem Fall müsse die Schule, die aus vier Gebäuden besteht, so gestaltet sein, dass sie die Anforderungen in den nächsten 15 Jahren erfülle. Am Standort Böfingen wird Semler zufolge festgehalten. Erweiterungsmöglichkeiten seien vorhanden, die Nachbarschaft zu anderen Schulen sei ein Vorteil, ebenso die geschützte Lage am Rand des Stadtteils.
Von den insgesamt 189 angemeldeten Schülern kommt jeweils etwa die Hälfte aus Ulm und dem Alb-Donau-Kreis. 38 dieser Kinder besuchen eine allgemeine Schule und werden dort auch sonderpädagogisch betreut. Ein erheblicher organisatorischer Aufwand, denn die Lehrkräfte der Gustav-Werner-Schule fahren zum Beispiel nach Staig, Dornstadt und Merklingen. Inklusion, also der Besuch einer Regelschule, werde für die Kinder mit zunehmendem Alter schwierig, sagte Matuschek. So seien im Laufe des Schuljahres 2017/2018 etwa zehn Kinder von allgemeinen Schulen zur Gustav-Werner-Schule gestoßen. Das habe vor allem in den Klassenstufen 8 und 9 einige Unruhe verursacht.
Die Zahl der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird wohl weiter steigen. Auffallend sei, dass Autismus und das Down-Syndrom häufiger werden, sagte Matuschek. Für nächstes Schuljahr rechnet er mit mehr als 200 Kindern, einschließlich der Inklusions-Schüler. Der Schulleiter hofft, dass die Zahl der Lehrkräfte damit Schritt halten kann. Allerdings werde es immer schwierieger, Sonderpädagogen zu gewinnen. So unterrichten an der Gustav-Werner-Schule einige Lehrkräfte von allgemeinbildenden Schulen.
Bei Klassengrößen von fünf bis zehn Schülern „arbeitet jedes Kind an etwas Unterschiedlichem“, sagte Matuschek. Wichtigstes Bildungsziel sei es, die Selbstständigkeit der Kinder zu fördern, um ihnen die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. In der Berufsschulstufe (Klassen 10 bis 12) gehe es nicht zuletzt um selbstständige Lebensführung. Die Absolventen finden dann in der Regel einen Arbeitsplatz in speziellen Werkstätten, zum Beispiel der Lebenshilfe.

Hohe Vermittlungsquote

An der Gustav-Werner-Schule ist zudem eine Berufsvorbereitende Einrichtung (BVE) untergebracht. Etwa 20 junge Erwachsene im Alter von 17 bis 19 Jahren nehmen das berufsschulische Angebot wahr. Laut Matuschek gelingt es, 80 Prozent der Absolventen auf einen Arbeitsplatz zu vermitteln.
An den sonderpädagogischen Erfordernissen der Schule werde sich der Um- oder Neubau orientieren, sagt Semler. Die Anforderungen seien anders als vor 20 oder 30 Jahren. Hinzu komme ein erweitertes Angebot wie Mittagessen, Betreuung nach dem Unterricht und während der Ferien. „Das alles wollen wir architektonisch und räumlich darstellen.“ Wenn alles klappt, könnte 2022 oder 2023 gebaut werden.

Alle 18 Plätze sind vergeben

Kindergarten Im Gustav-Werner-Schulkindergarten neben der Schule werden zur Zeit 18 Kinder über drei Jahren betreut. Förderschwerpunkte sind die geistige, emotionale und soziale Entwicklung der Kinder. Für das Kindergartenjahr 2019/2020 seien die sechs Plätze pro Gruppe bereits vergeben, sagt Kindergartenleiter Jan Borcherding. „Wir bräuchten eine vierte Gruppe.“ Allerdings habe das Kultusministerium für den Schulkindergarten nur drei Gruppen genehmigt. Einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Förderkindergarten gebe es im Gegensatz zu Regelkindergärten nicht.