Knusper, knusper Knäuschen, wer knuspert mir am Häuschen“? Eine grüne Tafel Ritter Sport, Nuss-Splitter, muss als Verführung genügen – und wird mal schnell für die Hexenszene von der Seite auf die Bühne geworfen. I Chiao Shih und Maria Rosendorfsky als Hänsel und Gretel naschen gern und demonstrieren zudem, dass man auch mit vollem Mund wunderbar singen kann; und sie geben später ein kleines Stück Schokolade dem Dirigenten Levente Török ab, der es wirklich verdient hat. Es war ein schöner Spaß, diese konzertant dargebotene Oper Engelbert Humperdincks am Theater Ulm.
Nein, das war viel mehr: eine ausgezeichnete, ja musikalisch beglückende Aufführung in einem leider nur zu zwei Drittel gefüllten Großen Haus. Schade. Da hätte es wohl weit mehr Werbung bedurft auch seitens des Theaters für diese 24. Ulmer Benefiz-Gala zugunsten des Mukoviszidose-Fördervereins und erstmals auch der Gänseblümchen-Stiftung. Die 1995 von Udo Botzenhart und Karlheinz Haug ins Leben gerufene Veranstaltung, die damals unter der Schirmherrschaft von Christiane Herzog stand und seither insgesamt 940 000 Euro erlöst hat, bot in der Vergangenheit die unterschiedlichsten Programme: Musicalstar Angelika Milster trat mit Cusch Jung auf, der Bariton Hanno Müller-Brachmann sang tiefernst Mahlers Wunderhorn-Lieder – „Gala der Stimmen“ hieß das Benefizkonzert zunächst.
Zuletzt waren es bunte, moderierte Unterhaltungsabende gewesen mit hauptsächlich hauseigenen Kräften des Theaters, ähnlich den Neujahrskonzerten. Eine tolle Idee deshalb von den Organisatoren Sandra und Hermann Frey und dem neuen Intendanten Kay Metzger, jetzt mal „die Strategie“ zu ändern und mit „Hänsel und Gretel“ eine Oper konzertant aufzuführen. Eine märchenhaft spätromantische Musik, ein Werk, das von Kindern in unheilvoller Situation handelt, die gleichwohl schützende Engel um sich wissen. Mehr Symbolik geht kaum. Metzger und der Ulmer Finanzbürgermeister Martin Bendel stimmten das Publikum in ihren Ansprachen auf diesen Benefizgedanken ein.
Es war dann aber auch ein Abend, an dem das Theater Ulm zeigte, welche Klasse sein neu formiertes Musiktheaterensemble besitzt. Levente Török, dem 1. Kapellmeister, gelang mit den Philharmonikern eine zupackende, fesselnde Darbietung. Der junge, unbeschwert erscheinende Dirigent kann dem Orchester zuhören, Klänge inspirieren und entfalten und jederzeit die Zügel straff anziehen fürs Musikdrama, und zwar stets sängerdienlich.
Seit Jahren schon sind die Mezzosopranistin I Chiao Shih und die Sopranistin Maria Rosendorfsky Publikumslieblinge. Als ein innig verschworenes Geschwisterpaar und mit großer Komik traten sie als Hänsel und Gretel auf: mit prächtigen, lebenserfahren farbenvollen Stimmen. Dann Maryna Zubko als dramatisch fröhliches Sand- und als Taumännchen. Und als Gast vom Theater Augsburg glänzte Sally du Randt sowohl in der Partie der Mutter als auch als Knusperhexe: mit dem nötigen Furor, den Schärfen, dem Wahnsinn des Bösen und gleichermaßen mit Witz und dann auch einem Sopran für die ganz große Oper. Und, ja, ein Ereignis war Dae-Hee Shin als Besenbinder Peter, der Vater: ein makellos strahlender, edel grundierter Heldenbariton. „Wenn die Not aufs höchste steigt, Gott der Herr die Hand uns reicht!“ – das war ein Gänsehaut-Finale.
Großer Jubel. Konzertante Oper als neues Format für die Ulmer Benefiz-Gala? Nur weiter so, das klänge sehr vielversprechend. Und so kann und sollte diese Ulmer Benefiz-Gala ein Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben der Stadt werden.
Die Krankheit Mukoviszidose
Der Erlös geht an den Mukoviszidose-Förderverein und vor allem an die Mukoviszidose-Ambulanz der Uniklinik. Mukoviszidose ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, die zur fortschreitenden Funktionsstörung lebenswichtiger Organe führt. In diesem Jahr hilft die Benefiz-Gala erstmals auch sozial benachteiligten Kindern der Region – so fließt der Erlös ebenso an die Gänseblümchen-Stiftung.