Er bedauerte, dass „wir in Deutschland keine Demokratie haben“, bejubelte eine Pegida-Demonstration mit „Das Volk erwacht!“ und verbreitete Material der vom Verfassungsschutz beobachteten, rechtsextremistischen Identitären Bewegung: Der Kreisvorsitzende der AfD, Simon Dennenmoser aus Ottenbach, ist im Hauptberuf als Polizist Gruppenführer beim Göppinger Polizeipräsidium Einsatz und war Ende 2016 wegen diverser Facebook-Posts negativ aufgefallen. Deshalb wurde gegen den Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das nun abgeschlossen ist. Fazit: „Das Präsidium sieht es als erwiesen an, dass ein Dienstvergehen vorliegt und hat das ausdrücklich festgestellt.“

Dienstvergehen liegt vor

Roland Fleischer, Sprecher des Polizeipräsidiums Einsatz, teilt auf Anfrage allerdings auch mit, dass eine förmliche Disziplinarmaßnahme nicht mehr erforderlich gewesen sei. Als Grund gibt er an: „Verschiedene Strafverfahren gegen den Beamten wegen Beleidigung hatten sich in die Länge gezogen, waren aber ohne Ergebnis eingestellt worden. Der Abschluss dieser Verfahren musste abgewartet werden.“
So kam Dennenmoser, damals noch Vorsitzender des mittlerweile aufgelösten Kreisverbands der „Jungen Alternative“, ohne einen in diesem Fall „grundsätzlich“ üblichen Verweis davon: „Insbesondere aufgrund der langen Verfahrensdauer hat das Präsidium auf eine förmliche Maßnahme verzichtet und das Disziplinarverfahren mit einer Einstellung beendet.“
Fleischer betont in seiner schriftlichen Stellungnahme aber: „Trotz der formal geringen Folgen hatte das Verfahren für den Beamten gravierende Auswirkungen: Beamte werden während eines Disziplinarverfahrens üblicherweise nicht befördert.“ Mehr als ein Jahr habe Dennenmoser auf eine ihm zustehende Beförderung warten müssen.
Der 27-jährige AfD-Kreisvorsitzende – er führt den Kreisverband als Doppelsitze gemeinsam mit dem Rentner Michael Busch – bestätigt, dass er auf seine Beförderung warten musste: „Mittlerweile bin ich befördert, das hat sich halt verzögert.“ Der Beamte, der 2015 wie auch der Göppinger AfD-Bundestagsabgeordnete Volker Münz die „Erfurter Resolution“ des rechten „Flügels“ um Björn Höcke unterzeichnet hat, räumte gestern ein: „Richtig ist, dass ich bei dem ein oder anderen Post Interpretationsspielraum gelassen habe.“ Dennenmoser hatte auf einem Facebook-Profil unter einem Tarnnamen agiert, allerdings bestand die zugehörige Facebook-Adresse seinerzeit noch immer aus seinem Klarnamen.
Für die polizeiinternen Ermittler gab es deshalb auch keinen Zweifel daran, dass die Veröffentlichungen von dem jungen Kollegen stammen. Polizeisprecher Fleischer teilt mit, der Beamte habe „stark zugespitzte, teilweise auch beleidigende Formulierungen verwendet“. Allerdings habe er nur in einem Fall gegen das Beamtenrecht verstoßen:  „Eine abfällige Äußerung über einen damaligen Bundesminister war disziplinarrechtlich relevant.“ Um welchen Minister es sich handelte, sagt Fleischer nicht. Dennenmoser selbst klärt auf: „Der Beitrag über ,Stasi-Heiko’ war relevant.“ Der AfD-Kreisvorsitzende hatte den damaligen Justizminister Heiko Maas (SPD) so tituliert.

Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit oder Mäßigungspflicht?

Das Polizeipräsidium hatte laut Fleischer darüber zu entscheiden, „ob mit Blick auf verschiedene öffentliche Äußerungen des Beamten im Einzelfall das Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit oder die so genannte Mäßigungspflicht des Beamtenrechts das höhere Gewicht hatten“. Seine Behörde sei dann zu dieser Einschätzung gekommen: „Vor diesem Hintergrund haben wir festgestellt, dass die meisten Äußerungen des Beamten, wenn auch sehr zugespitzt formuliert, letztendlich dem politischen Diskurs zuzuordnen sind. Bekanntlich werden dort Auseinandersetzungen oft auch im Ton verschärft geführt.“
Letztlich sei „ein leichtes Dienstvergehen“ festgestellt worden. Fleischer erklärt: „Das Landesdisziplinargesetz sieht für solche Fälle grundsätzlich einen Verweis vor.“
Dennenmoser betont, es habe sich um „rein private Äußerungen“ gehandelt. „Das hat sich auf meinen Dienst überhaupt nicht ausgewirkt.“ Er gibt sich nun geläutert: „Ich ziehe da natürlich auch meine Lehren draus.“
Update, 8. Juli, 17 Uhr: In einer früheren Version des Artikels stand, Dennenmoser habe einen Verweis erhalten. Das ist nicht richtig. Zudem hatten wir geschrieben, der Polizist habe Sigmar Gabriel (SPD) als „Fat Siggi“ bezeichnet. Dies weist Dennenmoser zurück, jemand anders habe auf der Facebook-Seite des Kreisverbands der „Jungen Alternativen“ diesen Post abgesetzt.

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