Herrlich unstimmig ist das Bild, das Kampfsporttrainerin Dani König abgibt, wenn sie mit kerniger Stimme von ihrer ruhigen, um nicht zu sagen, mausigen Aura erzählt. Die Diskrepanz ergibt sich dadurch, dass ihre frühen Zwanziger nun doch schon eine Weile zurückliegen, aber die heute 32-Jährige erinnert sich noch gut: „Als Studentin war ich sehr zurückhaltend und wollte nie Aufmerksamkeit erregen. Das hat der Kampfsport dann schnell verändert.“
Von der stillen Maus ist heute nichts als ein Name geblieben. „Chinkilla“ heißt ihr Unternehmen, das sie mit ihrer zwei Jahre älteren Geschäftspartnerin Sarah Alburakeh 2018 in Paderborn gegründet hat. Alburakeh stammt aus New York, lebte aber auch in Amman. Dort lernten sich die Frauen bei einem der in Jordanien äußerst rar gesäten Kickbox-Studios kennen.

Kampagne „Join our Fight“ von Chinkilla

Das Start-Up mag seinem Namen nach an die schnuckelige Wollmaus erinnern, das kleine K aber offenbart den Kern ihrer Geschäftsidee: Frauen zum Zweck der Selbstverteidigung für den Kampfsport in all seinen Variationen zu motivieren. „Wir sagen den Frauen nicht, dass sie jetzt wahllos Männer verkloppen sollen. Es geht darum, Selbstbewusstsein aufzubauen, und dadurch schonmal mit einer ganz anderen Haltung auf der Straße unterwegs zu sein“, erklärt Dani König.
Prävention ist das eine, Performance im Notfall das andere Ziel: Damit es nicht nur bei einem Tritt gegens männliche Schienbein bleibt, bedarf es erlernter Technik und regelmäßigen Trainings. Letzteres wollen Alburakeh und König möglichst vielen bieten, und zwar mehr, als es zwei Einzelpersonen je könnten. So entstand 2022 erstmals die Idee, am Weltfrauentag unabhängig ihres eigenen Unternehmens Frauen überall in Deutschland zu mobilisieren und in Kontakt mit den nächstgelegenen Kampfsportstudios zu bringen.

48 Kampfsportstudios in 13 Bundesländern

In diesem Jahr wird die Kampagne neu ausgerollt: Unter dem Motto „Join our Fight“ hat sich Chinkilla mit 48 Studios in 13 Bundesländern abgesprochen. Sie alle werden am 8. März Frauen unabhängig ihrer Vorkenntnisse kostenlos unterrichten. In Balingen ist es „Planet Eater“, wo Peter Sobotta und sein Team ab 17 Uhr zunächst Kickboxen, ab 19 Uhr dann die Grundlagen der Mixed Martial Arts (MMA) vermitteln. MMA vereint Techniken aus mehreren Kampfsportarten, darunter Judo, brasilianisches Jiu Jitsu und Muay Thai aus Thailand.

Kickboxen und Martial Arts

Chinkilla derweil besitzt keine eigenen Räume. Das Geschäftsmodell fußt auf Reisen quer durch die Republik, wobei die beiden Trainerinnen in gemieteten Studios und auch in der Natur Workshops bieten. Die Teilnehmerinnen seien meist zwischen 20 und 35 Jahre alt, obwohl körperlich auch Frauen über 60 durchaus das Zeug hätten, sich zu wehren, wie König betont. Bei jungen Mädchen wiederum liege ein sinnvolles Einstiegsalter bei zirka neun Jahren: „Sie müssen sich über einen längeren Zeitraum konzentrieren können, weil der Geist beim Kampfsport eine enorme Rolle spielt.“

Selbstverteidigung: Grundlegende Griffe und Tritte

Dass sich die beiden Gründerinnen mit ihrem Angebot ausschließlich auf die weibliche Bevölkerungshälfte konzentrieren, ist der Tatsache geschuldet, dass der Kampfsport noch immer eine männliche Domäne ist. Interessierte Frauen ließen sich von geschlechtergemischten Kursen schnell abschrecken, erzählt König. Wer wolle sich schon in der ersten Schnupperstunde mit einem erfahrenen Muskelpaket prügeln? „Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass sich vor allem traumatisierte Frauen wohler fühlen, wenn sie sich zuerst in einem geschützten Raum ausprobieren können“, so die Trainerin. „Später können die dann locker auch in den gemischten Gruppen weitermachen.“

Planet Eater in Balingen startet um 17 Uhr

Im Planet Eater wird am Mittwoch für Teilnehmerinnen eine Art Grundstock gelegt: Es geht um eine bessere Raumorientierung, leicht erlernbare Griffe und Tritte, und vor allem um die notwendige Kühnheit, überhaupt auf einen Gegner einzuschlagen. Die Methodik, mit der Peter Sobotta und seine Kollegen in ihren jeweiligen Studios unterrichten werden, ist mit Chinkilla nicht abgesprochen: „Es bringt ja nichts, wenn bei dieser Aktion irgendwas gemacht wird, was die Studios sonst nicht anbieten.“

Teilnahme ohne Anmeldung

In ihrer Erstauflage zählte die Kampagne „Join our Fight“ insgesamt 26 beteiligte Studios, deren Angebot etwas mehr als 600 Frauen erreichte. In diesem Jahr haben sich laut König über 1000 Frauen angemeldet, dabei blieb in Balingen aber die Resonanz bislang recht verhalten. Bei Peter Sobotta ist deshalb keine Anmeldung nötig. Wer nach dem Feierabend also ordentlich zulangen will, kann die Tochter gleich mitnehmen.

Welche Kurse gibt es am 8. März?

Trainiert wird im „Planet Eater“ (Rosenfelder Straße 3). Die Teilnahme ist für Frauen in jedem Alter möglich, auch Mädchen können schon ab etwa neun Jahren mitmachen. Die individuelle Fitness spielt ebenfalls keine Rolle.
Kickboxen geht von 17 bis 18 Uhr. Seine Ursprünge hat es im Thai-Boxen, seit den 1970ern kann man aber von einer westlichen Kampfart sprechen.
Mixed Martial Arts geht von 19 bis 20 Uhr. MMA vereint zahlreiche Kampfarten, dazu zählen Kickboxen, Taekwondo und Muay Thai sowie Karate, Jiu-Jitsu, Judo und Sambo. Beliebt wurde der Sport in den 1990ern.