Sie sind extrem praktisch, bei der Industrie beliebt – und sie verschmutzen die Umwelt. Sogenannte PFAS-Chemikalien finden sich an vielen Orten im Boden und im Wasser, auch im Zollernalbkreis wurden sie bereits nachgewiesen. Ein Recherche-Team von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat nun deutschlandweit Messdaten ausgewertet. Das Ergebnis in der Region: Im Landkreis wurden die Chemikalien in den vergangenen Jahren an fünf Orten vorgefunden, dazu kommen drei Verdachtsfälle.
Zu den PFAS-Chemikalien, den „per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen“, zählen tausende industriell hergestellte Substanzen, die unter anderem besonders wasser- und fettabweisend sind. Die Stoffe werden in zahlreichen Produkten eingesetzt: etwa in Zahnseide oder Verpackungen, in beschichteten Pfannen und Outdoor-Kleidung.
PFAS im Zollernalbkreis: Das sind die Ergebnisse der Messungen
In der Natur kommen PFA-Substanzen ursprünglich nicht vor, doch sie können bei ihrer Herstellung oder danach in die Umwelt gelangen. Das Problem: Die künstlichen Stoffe werden dort in der Regel nicht abgebaut, sie häufen sich an. Bereits jetzt lassen sich PFAS, die in Verdacht stehen, Krankheiten auszulösen, in menschlichem Blut und in der Tierwelt nachweisen.
Die höchste PFAS-Konzentration im Zollernalbkreis wurde bislang in Albstadt-Ebingen nachgewiesen: 42 Nanogramm pro Liter Wasser hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg dort im Jahr 2017 ermittelt. Die weiteren Fundstellen aus den vergangenen acht Jahren: Tailfingen (41 Nanogramm), Burladingen (24 Nanogramm), westlich von Albstadt (24 Nanogramm) und Straßberg (16 Nanogramm).
Die Messwerte im Landkreis liegen deutlich unter den Schwellenwerten, die aus Sicht der Behörden problematisch wären. Das Umweltministerium des Landes schreibt deshalb auf Nachfrage von einer „PFAS-Konzentration“ und nicht von einer Belastung. Ein Pressesprecher teilt mit, die Chemikalien seien überall „in der Umwelt vorhanden, auch im Boden und Grundwasser finden sich flächendeckend Spuren davon“.
Ähnlich äußert sich das Landratsamt des Zollernalbkreises: „Auf Grundlage der verhältnismäßig geringen Konzentrationen ist für die Belastungen im Zollernalbkreis lediglich von Hintergrundbelastungen auszugehen“, teilt Pressesprecher Steffen Maier mit. Hinweise auf stark kontaminierte Flächen lägen im Kreis nicht vor.
Baden-Württemberg: Örtliche Böden und Grundwasser verseucht
In anderen Teilen Deutschlands ist die PFAS-Verschmutzung hingegen bereits heute sehr gravierend: Laut der Recherche von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR tritt an knapp 300 Orten eine problematische Belastung auf. Besonders schwerwiegend ist ein seit längerem bekannter Fall im Raum Rastatt und Baden-Baden. Dort haben Landwirte ihre Felder über Jahre mit Kompost gedüngt, der mit mutmaßlich belasteten Papierschlämmen aus einer Fabrik versetzt war. Örtliche Böden und das Grundwasser sind mit PFAS verseucht.
Die Pressestelle der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) teilt auf Nachfrage mit, abseits „von konkreten Schadensfällen“ würden in Baden-Württemberg die Schwellenwerte im Grundwasser eingehalten: „Verdachtsflächen auf schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten werden durch die zuständigen Bodenschutzbehörden erfasst“, schreibt die LUBW weiter. Die Behörden untersuchen solche Flächen nach Angaben der Landesanstalt und bewerten die Situation vor Ort. Der Pressesprecher des baden-württembergischen Umweltministeriums schreibt, das Ministerium unterstütze „die zuständigen Behörden nach Möglichkeit auch finanziell bei der Untersuchung von Verdachtsfällen“.
Chemikalien: Über Kläranlagen ins Grundwasser
Neben den Stellen, an denen PFAS-Vorkommen im Zollernalbkreis nachgewiesen sind, gibt es in der Region drei Verdachtsfälle: in der Luftverteidigungsanlage Bunker Martin in Meßstetten sowie in Kläranlagen in Ebingen und Ostdorf. Messergebnisse zu den drei Standorten liegen nicht vor – bislang wird lediglich aufgrund der Eigenschaften der Standorte vermutet, dass die Substanzen dort vorkommen könnten. Das Landratsamt teilt mit, es sei allgemein bekannt, „dass PFAS mit dem Abwasser aus Privathaushalten und der Industrie in die Kläranlagen gelangen können“. Von dort aus könnten die Stoffe in Oberflächengewässern oder im Grundwasser landen.
Deutschland und vier weitere Staaten haben kürzlich vorgeschlagen, viele der PFAS-Chemikalien – nach einer Übergangsfrist – in der EU zu verbieten. Ein Vorhaben, das im Umweltministerium des Landes auf Zustimmung stößt. Der Ministeriumssprecher schreibt: „Aus unserer Sicht ist eine umfassende Regulierung aller PFAS (wie vorgeschlagen) auf europäischer Ebene essenziell, um langfristig die Immissionsziele in Grund- und Oberflächengewässern sowie in Böden zu gewährleisten.“
In der Industrie gibt es große Widerstände gegen ein umfassendes PFAS-Verbot. Das liegt unter anderem daran, dass es oftmals keine alternativen Stoffe mit denselben praktischen Eigenschaften gibt. Industrievertreter halten viele der Substanzen zudem für unproblematisch. Erwiesen ist, dass einige PFAS giftig sind. Da es sich um tausende Stoffe handelt, ist in den meisten Fällen aber bis heute unklar, wie sich die einzelnen Substanzen auf Menschen und die Umwelt auswirken.