Stefan Roth aus Albstadt ist der Vorsitzende des Fahrlehrerverbands im Zollernalbkreis. Der 53-Jährige ist seit mehr als drei Jahrzehnten hauptberuflich im Schulungsraum präsent und auf dem Beifahrersitz unterwegs. „Ja, es fallen mehr durch. Manchmal ist es reine Faulheit“, sagt Roth. Viele Schüler gingen nicht gut vorbereitet in die Theorie-Prüfungen, weil diese inzwischen öfter wiederholt werden können. Früher war nach drei Fehlversuchen zunächst mal Schluss.
Das Kraftfahrtbundesamt veröffentlichte unlängst Zahlen: 2021 fielen 37 Prozent der Fahrschüler durch die theoretische Prüfung. Zehn Jahre zuvor waren es noch 29 Prozent gewesen. Innerhalb dieser Zeit erhöhte sich die Durchfallquote bei der praktischen Prüfung von 26 auf 30 Prozent. Bei der praktischen Prüfung stellen die Statistiker ein erhebliches Stadt-Land-Gefälle fest. In ländlichen Regionen bestehen mehr Fahrschüler die Prüfung.

Fahrprüfung im Zollernalbkreis: Sprachbarriere, wenig Erfahrung

Menschen, die eingewandert sind, aus ihren Heimatländern schon einen Führerschein mitbringen, können sich in Deutschland selbst zur nötigen Theorie-Prüfung anmelden. Ein Unterricht sei für sie nicht vorgeschrieben, erklärt Stefan Roth. Das erhöhe die Quote zusätzlich. Zu Sprachbarrieren könnte auch mangelnde Erfahrung bei Zugewanderten kommen.
Zudem seien die Erwartungen der praktischen Prüfung an die Fahrschüler erheblich gestiegen. Der dichte Straßenverkehr erhöhe die Anforderungen wesentlich. Durch immer mehr Fahrstunden lasse sich dies nicht immer kompensieren, wie die Statistik deutlich macht. „Die Fahrschüler müssen in kurzer Zeit immer mehr Informationen verarbeiten und dann richtig handeln“, erklärt Roth.
Außerdem wurde die Prüfungszeit ausgeweitet. Vor 40 Jahren war es möglich, dass der Prüfer den Schüler eine kurze Schleife drehen ließ, nach fünf Minuten war die Prüfung beendet. Heutzutage werde zwischen 40 und 55 Minuten gefahren, weiß Fahrlehrer Roth. „Das ist mehr Zeit, um Fehler zu machen, außerdem nimmt die Konzentration ab, je länger die Prüfung dauert.“ Nicht zuletzt stellt Roth bei manchen Fahrschülern motorische Probleme fest.
Früher sei es durchaus üblich gewesen, dass Eltern mit ihren Kindern Schwarzfahrten eingelegt haben, um dem Nachwuchs elementare Grundkenntnisse vorab zu vermitteln. Diesem war das Zusammenspiel der Pedale fürs Gasgeben, Bremsen und Kuppeln dann schon mal vertraut. Georg Meier, Vorstandsmitglied im Bayerischen Fahrlehrerverband, macht eine weitere Beobachtung: „Kinder werden heute überall hingefahren, machen weniger eigene Verkehrserfahrung. Und wenn sie im Auto sitzen, achten sie nicht mehr so auf den Verkehr, gucken lieber ins Handy.“

Fahrprüfung wird schwerer: „Hat es früher nicht gegeben“

Dass die Prüfungen anspruchsvoller geworden sind, bestätigt Jürgen Kopp, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände. Das ZDF zitiert ihn mit den Worten: „Da sind heute in der praktischen Prüfung Fahraufgaben vorgegeben, exakte Situationen vorgeschrieben, die geprüft werden müssen. Das hat es früher in dieser Form nicht gegeben.“
Hohe Durchfallquoten? „Ja, das stimmt schon“, bestätigt Gabriel Ramsauer von der Balinger City-Fahrschule. Einen Grund dafür kann er nennen: Während der Pandemie war der theoretische Unterricht nur online möglich. Damit seien viele Fahrschüler nicht gut zurechtgekommen. Dieses Kapitel sei inzwischen geschlossen, jetzt sollten wieder mehr die Prüfungen bestehen, so die Hoffnung des Fahrlehrers.
Ramsauer stellt fest, dass die Probleme ohnehin eher bei der theoretischen Prüfung auftauchen, weniger bei der praktischen. Er sieht einen generellen Unterschied zu Fahrschülern früherer Generationen. „Die jungen Leute sind eher mit dem Smartphone vertraut als mit Fahrzeugen.“ Das kann er nachvollziehen – vor allen die Entwicklung in den Großstädten. Dort würden die Menschen weniger das Auto benötigen, um mobil sein zu können.
Zudem seien theoretische und praktische Prüfung komplexer geworden. „Früher gab es in den Fahrzeugen zwei Knöpfe. Jetzt haben wir viele Assistenzsysteme. Außerdem ist die Theorie-Prüfung schwieriger geworden“, sagt er.
Michael Schlopschnat dagegen kann sich die hohen Durchfallquoten nicht erklären. Sein Eindruck weicht erheblich von der Statistik und den Erfahrungen seiner Kollegen ab. Schlopschnat betreibt in Straßberg, Tailfingen, Ebingen und Meßstetten die Fahrschulen Emser. Die Zahlen, die das Kraftfahrbundesamt meldet, ergeben für den Fahrlehrer keinen Sinn. „Ich verstehe das nicht. Meines Erachtens sind die Durchfallquoten seit vielen Jahren annähernd gleich. Dass es in der bundesweiten Betrachtung Unterschiede gibt, hält Michael Schlopschnat für möglich. Er gibt zu bedenken, dass Prüfbezirke und Prüforte nicht miteinander zu vergleichen seien.

Angst in unsicherer Zeit

Jede Generation von Fahrschülern hätte ihre spezifischen Themen, das sei keinesfalls negativ zu werten. Dazu gehöre, dass die meist jungen Frauen und Männer mehr Angst hätten, durch die Prüfungen zu fallen. Der Fahrlehrer führt dies auf generell unsichere Zeiten zurück, ausgelöst durch Corona, Krieg und Inflation. „Die jungen Leute sind derzeit eher vorbelastet“, stellt Schlopschnat fest.