Morgens um 8 Uhr zum Frühstück ein Fläschchen Zitronen-Orangen-Saft, zwei Stunden 250 Milliliter von Orange und Ingwer, zur Mittagszeit dann das erste Mal Gemüse in Form von Grünkohl mit Gurke und Limette – ebenfalls flüssig. Weiter geht das Prozedere bis abends um 20 Uhr. Und ansonsten? Nichts. Saftkuren sind der neue Diättrend. Über einen kurzen Zeitraum von drei, vier oder sieben Tagen wird gezielt auf feste Lebensmittel verzichtet und lediglich Obst und Gemüse in flüssiger Form zu sich genommen. „Saftfasten läuft unter Detox, das wird als Entgiften bezeichnet“, sagt Raphael Schalow. Er ist in Balingen Ernährungsberater. Auf seiner Agenda: verschiedene Ernährungsformen und Diäten – unter anderem für Sportlerinnen und Sportler, Personen mit Unter- oder Übergewicht sowie alle, die sich bewusst ernähren möchten.

Abfallprodukte vom Körper automatisch ausgeschieden

Saftkuren gehören nicht dazu, unbekannt ist Schalow der Trend aber nicht. Denn immer mehr Menschen nutzen eine Saftkur, um ihren Körper zu „entschlacken“ und abzunehmen – besonders nach Weihnachten oder anderen Festtagen, bei denen oft hemmungslos geschlemmt wird. „Der Körper, insbesondere die Leber- und Nierenfunktion, wird durch die veränderte Ernährung angeregt“, sagt der Experte. „Man nimmt dabei viel Flüssigkeit zu sich, wodurch die Niere auf Hochtouren läuft.“ Abfallprodukte, die vom Körper nicht weiterverarbeitet werden können, wie Harnstoff oder Harnsäure, werden über den Urin ausgeschieden.
Das Problem hinter der Saftkur: Sie ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend erforscht – zumindest alles, was über die Gewichtsabnahme hinausgeht. „Es gibt noch keine validierten Studien zu der Thematik. Man braucht noch Forschung, um sagen zu können, Saftkuren sind gesund oder ungesund“, sagt Schalow. Der Körper entgifte sich zudem in der Regel täglich selbst: „Durch die Ausscheidung des Urins scheidet der Körper eh schon die Stoffe, die nicht verarbeitet werden können, aus. Somit haben wir jeden Tag eine natürliche Entgiftung.“

Fettdepots und Muskeln als Energielieferant

Dennoch stellen sich immer mehr Menschen der besonderen Herausforderung, die Energiezufuhr auf ein Minimum zu reduzieren. Zwar nehmen sie bei einer Saftkur alle zwei Stunden Flüssignahrung zu sich, insgesamt jedoch nur rund 700 Kalorien am ganzen Tag. Statt die Energie aus der Nahrung zu nehmen, greift der Körper entsprechend auf Fett- und Muskeldepots zurück – und verliert dadurch von Tag eins an Gewicht. Für die Anwenderinnen und Anwender eine Maßnahme mit Erfolg – zumindest kurzfristig. Experte Schalow rechnet vor: „Der Körper braucht am Tag etwa 2000 Kalorien. Durch eine eingeschränkte Zufuhr, wie in einer Saftkur, sparen wir rund 1300 Kalorien ein.“ Innerhalb von sieben Tagen könne so rund ein Kilogramm Fett abgebaut werden.
Für den kurzfristigen Effekt ist solch eine Kur durchaus sinnvoll. Langfristig gesehen rät Schalow allerdings davon ab – Stichwort Jo-Jo-Effekt: „Der Körper hat sich daran gewöhnt, in den letzten sieben Tagen weniger zu bekommen, das heißt, er fährt den Stoffwechsel runter. Dann isst man wieder normal, aber dadurch, dass der Körper den Verbrauch reduziert hat, nimmt man wieder zu.“ Aus gesundheitlicher Sicht rät Schalow seinen Klienten deshalb von einer Diät wie dieser ab. „Gerade wegen der geringen Kalorienzufuhr. Man hat zwar durch die Gemüse- und Obstbestandteile viele Vitamine, aber was fehlt sind Proteine und Fette.“ Insbesondere für untergewichtige Menschen berge eine Saftkur das Risiko, das Gewicht noch weiter zu reduzieren. Generell rät Schalow allen Menschen mit Vorerkrankungen zunächst zu einer Rücksprache mit einem Arzt, denn unterschiedliche Ernährungsweisen wirken sich immer auch auf die Gesundheit aus.

Essgewohnheiten durch Diäten ändern

Als Startpunkt für eine langfristige Gewichtsreduktion sei eine Fastenkur dennoch empfehlenswert. Demnach sind die sieben Tage gut, um die eigenen Essgewohnheiten zu durchbrechen, „wer aber nicht dran bleibt, dem bringen diese Tage auch nichts“, warnt Schalow. Eine Gewichtsabnahme sei entsprechend nicht nach der Saftkur beendet, sondern gehe danach erst los, denn rund 40 Tage dauere es, bis sich Gewohnheiten ändern. „In dem Zeitraum muss eine gesunde Ernährung stattfinden. Die Ernährung sieht zum Beispiel so aus, dass man die Kohlenhydrate reduziert, die Gemüseanteile erhöht, weniger Fleisch konsumiert und dadurch immer noch gesättigt ist.“
Auch auf Süßes müsse man dann nicht verzichten, bestätigt Schalow. „Ein Stück Kuchen, ist bei einer gesunden Ernährung genauso wichtig wie Brokkoli, denn die Psyche spielt eine wichtige Rolle.“ Auch ein zu großes Kaloriendefizit empfiehlt er nicht. Ein Defizit von 10 bis 15 Prozent sei gut, die meisten Diäten reduzieren jedoch um 50 Prozent. Schalow: „Dadurch entsteht der Jo-Jo-Effekt. Man nimmt sicherlich viel ab, hat es danach aber auch schnell wieder drauf.“

Info: Erworben werden können die Getränke einer Saftkur in ausgewählten Supermärkten oder im Internet. Fertige Fruchtsäfte eignen sich aufgrund ihrer Zuckerzusätze nicht zum Fasten.

Wechsel zwischen Obst und Gemüse

Sieben Säfte sieht eine Saftkur im Verlaufe eines Tages vor. Der erste steht um 8 Uhr morgens zum Frühstück an. Die restlichen folgen im regelmäßigen Abstand – alle zwei Stunden – bis 20 Uhr.
Dreimal am Tag werden die Säfte durch kleine Ingwer-, Beeren- und Kurkumashots ergänzt. Empfohlen werden darüber hinaus weiterhin 2,5 Liter Wasser, ungesüßter Tee und Gemüsebrühe.
Geschmacklich ist bei den Drinks alles dabei: von Zitrone-Orange, über Orange-Ingwer und Orange-Ananas-Passionsfrucht bis hin zu Gemüsesäften mit Grünkohl, Spinat und Roter Beete.