Was haben Autos, Gebäude, Brillen, Schmuck, Hörgeräte und Lebensmittel gemeinsam? Sie alle profitieren von 3D-Druckern und können teils gänzlich von den Druckern hergestellt werden. Seit gut zehn Jahren haben 3D-Drucker den Weg von der Industrie in Privathäuser geschafft. Denn seit 2010 gibt es unterschiedliche Drucker auch für den Heimbedarf. Damit eröffnete sich für viele Menschen neue Möglichkeiten, ihre Kreativität umzusetzen. Von kleinen beweglichen Figuren über Ersatzteile bei Möbel und Geräten – je nach Druckermodell sind keine Grenzen gesetzt.
Das merken auch die Besucher der Stadtbücherei in Ebingen. Seit Februar dieses Jahres gibt es dort in der ehemaligen Spielothek den Kreativraum „Make2Gather“. Hier werden Roboter programmiert, Podcasts aufgenommen, Spielekonsolen und VR-Brillen getestet, Taschen mithilfe eines sogenannten Schneideplotters gestaltet, Holz und Filz mit Lasercutter in Form geschnitten oder eben mit dem 3D-Drucker DIY-Projekte umgesetzt. DIY steht für „Do-it-yourself“, also „mach es selbst“. Wie aber kommt das moderne Angebot der Stadtbücherei an?
Donnerstag ist der beliebteste Tag
Es ist Donnerstag und der Kreativraum ist noch etwa eine Stunde geöffnet. Kerem Eker sitzt allein an einem der Gaming-Stühle und arbeitet am Laptop. Ohne den Bundesfreiwilligendienstler (Bufdi) wäre das Angebot kaum umsetzbar, sagt Bibliothekar Patrick Zeisl. Er selbst hat das Projekt von Beginn an begleitet. Eker ist es allerdings meist, der mittwochs, donnerstags und freitags das „Make2Gather“ betreut und helfend zur Seite steht.
Dass Eker allein ist, sei ungewöhnlich für einen Donnerstag. Das ist eigentlich der beliebteste Tag. „Die Ferien sind Stoßzeiten.“ An solchen Tagen wird Eker vom restlichen Team der Stadtbücherei unterstützt. „Da kann es vorkommen, dass die fünf Laptops belegt sind, am 3D-Drucker jemand arbeitet, auf dem Boden zwei, drei Roboter laufen und nebenbei die Konsole genutzt wird“, sagt der Bibliothekar. „Da war der Raum voll und keiner hätte mehr reingepasst.“
Kreativraum der Stadtbücherei nicht nur für Kinder
Das Angebot der Stadtbücherei nutzen nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene. Vor allem der Lasercutter und der Schneideplotter sei bei Erwachsenen beliebt. „Wir haben einen Besucher, der selbst Miniaturen bemalt und sich aus Holz Basen dafür mit dem Lasercutter schneiden lässt“, nennt Patrick Zeisl ein Beispiel. Im März gab es für das Gerät einen Anwenderkurs für Erwachsene. Fünf Teilnehmer nahmen daran teil. „Das ist auch das Maximale, weil wir nicht mehr Laptops haben“, erklärt Zeisl. Im dritten Quartal soll es einen weiteren Kurs geben. „Wir sind zur Hilfestellung da und bieten eine Einführung an.“
So auch beim 3D-Drucker, der ein beliebtes Hilfsmittel ist, um beispielsweise Geschenke wie Schlüsselanhänger drucken zu lassen oder ein Axolotl für die Redaktion der SÜDWEST PRESSE. „Es ist eigentlich ganz einfach“, versichert Eker während er ein Programm öffnet, mit dem unter anderem geometrische Figuren passend für den Druck gestaltet werden können. Auch Beispielfiguren sind hier zu finden. Wer Ausgefallenes wie einen Axolotl sucht, wird auf einer weiteren Homepage fündig. Dort gibt es teils kostenlose Dateien, aber auch kostenpflichtige, die findige Menschen bereitstellen. So können Karabiner, Pflanzentöpfe, Elefanten und vieles mehr gedruckt werden – was das Filament und die Größe des Druckers hergeben.
Während dieses Angebot altersunabhängig ist, werden Spielekonsolen hingegen gerne von Kindern und Jugendlichen genutzt. Schließlich hat nicht jedes Kind eine Spielekonsole oder gar mehrere. Doch wird das nicht eventuell auch ausgenutzt? Schließlich benötigt man für „Make2Gather“ keinen Büchereiausweis oder muss etwas für die Nutzung bezahlen. „Wir haben schon manche, die regelmäßig kommen, aber nicht jeden Tag für mehrere Stunden“, betont der Bibliothekar, „da haben wir ein Auge darauf.“ Zudem werden im Kreativraum nur Spiele mit der Altersfreigabe 6 gezockt.
Die Öffnungszeiten könnten sich noch anpassen. Noch sind die Mitarbeiter in der Probephase. Mittwochmorgens hält sich die Nachfrage beispielsweise in Grenzen. Dafür könne man sich vorstellen, den Donnerstag und Freitag auszuweiten. „Das ist auch abhängig von unserem Bufdi. Nur durch Kerem Eker können wir die Öffnungszeiten überhaupt gewährleisten.“ Das Hauptteam hätte nicht die Kapazitäten zusätzlich zum normalen Tagesgeschäft den „Makerspace“ zu betreuen. Allerdings endet Ekers Freiwilligendienst Ende August. „Wir haben schon Nachwuchs, der allerdings in Teilzeit bei uns arbeiten wird“, beruhigt Zeisl. Den Kreativraum möchte die Bücherei so schnell nicht aufgeben. „Wir können die jetzigen auf jeden Fall halten, ob wir sie ausweiten können, müssen wir sehen.“
Wie wird der Kreativraum finanziert?
2021 hat die Stadtbücherei Albstadt knapp 30 000 Euro aus der Förderlinie Wissenswandel erhalten. Das ist ein Programm innerhalb von Neustart Kultur, das Bibliotheken dabei unterstützt, digitale Angebote stärker auszubauen und neue Formate zur digitalen Nutzung und Wissensvermittlung zu entwickeln. Dank dieser Fördermittel war es der Bücherei in den vergangenen zwei Jahren möglich, die Kreativwerkstatt „Make2Gather“ ins Leben zu rufen. „Wir konnten von diesem Geld die komplette Ausrüstung kaufen“, sagt Patrick Zeisl.
Außerdem wurden Veranstaltungen etabliert: Vom Smartphone-Kurs für die „GenerationPlus“ über Programmierkurse mit Lernrobotern für Kinder und Jugendliche, bis hin zu abendlichen DIY-Projekten, an denen Erwachsene Schlüsselanhänger am 3D-Drucker oder Taschen mithilfe eines Schneideplotters gestalten. Seit Februar ist die Kreativwerkstatt auch außerhalb von Veranstaltungen zugänglich und soll sich weiterentwickeln. Das Angebot soll dabei so barrierefrei wie möglich gestaltet werden.
„Ich hätte gerne Nähmaschinen“, verrät Zeisl. Ansonsten werden Wünsche der Besucher aufgenommen, doch diese müssen ins Budget passen und es benötigt die Expertise. Kerem Eker und Zeisl beispielsweise sind keine Nähexperten, müssten aber Nähmaschinen auch instand halten.
Wenn mal viel los ist und die Beratung der Stadtbüchermitarbeiter knapper ausfallen muss – für solche Fälle arbeiten Eker und Zeisl gerade an Videos und Anleitungen, die die Funktion der einzelnen Geräte erklären.
Die Kreativwerkstatt ist immer mittwochs von 10.30 bis 13 Uhr, donnerstags von 14 bis 18 Uhr und freitags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Die Ausstattung des „Make2Gather“ umfasst: 3D-Drucker, Lasercutter, Schneideplotter, Gaming-Laptops, VR-Brillen, Farbdrucker, Spiegelreflexkamera, Podcasting-Set, verschiedene Lernroboter, Nintendo-Switch-Konsole, Playstation5-Konsole, Plattenspieler zur Digitalisierung von Vinyl, Lego-Education-Sets, Software für Bildbearbeitung, Design- und Publishing-Programme, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationssoftware, Audioeditor und Audiorekorder, Plottergestaltungs- und Slicing programm sowie diverse Onlinespiele-Clients.