Auch ohne großes mathematisches Verständnis sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache. Als das verkürzte Abitur nach acht Jahren im Schuljahr 2012/13 eingeführt wurde, hatten sich 20 Fünftklässlerinnen und Fünftklässler am Ebinger Gymnasium für G8 eingetragen – seit dem Schuljahr 2015/16 waren es bis heute insgesamt drei weitere. Die Nachfrage hat extrem abgebaut. In der Kürze liegt die Würze? Nicht für Eltern und Schülerinnen und Schüler.
Schulleiter spricht sich klar für G9 aus
Im aktuellen Schuljahr sind alle 123 Fünftklässler als „G9-Schulversuch“ angemeldet. Der Name als „Schulversuch“ täuscht folglich, eigentlich ist das neunjährige Gymnasium zumindest in Ebingen die Regel. „Den Lernstoff über die Klassenstufen 5 bis 11 zu strecken, wird gut angenommen“, erklärte Schulleiter Dr. Christian Schenk im Vorfeld der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend. „Es entsteht mehr Zeit zum Üben, weniger Druck auf die Elternhäuser und mehr Zeit für die persönliche Reife.“ Auch im Rahmen der Corona-Pandemie sei der G9-Schulversuch von Vorteil gewesen, da mehr Zeit geblieben ist, um den ausgefallenen Stoff nachzuarbeiten. Das belegten die sehr guten Durchschnittsnoten in den letztjährigen Abiturprüfungen.
Schenk vergleicht das Ebinger Gmynasium mit umliegenden G8-Gymnasien. Während in Ebingen die Anmeldezahlen in den letzten fünf Jahren um etwa 70 Prozent gestiegen sind, seien diese in Tailfingen am Progymnasium und in Meßstetten am voll ausgebauten G8-Gymnasium rückläufig oder stagnieren. Der Schulleiter hatte dem Gemeinderat daher empfohlen, den G9-Schulversuch in Ebingen um fünf Jahre zu verlängern.
Freie Wähler und Grüne sind gegen eine Verlängerung von G9
Das Gremium folgte letztlich dem Rat des Schulleiters, doch einstimmig fiel die Entscheidung dazu nicht aus. „Eine landesweite Rückkehr von G8 zu G9 würde 115 Millionen Euro kosten und die Schaffung von 1400 Lehrerstellen bedeuten“, sagte Manuela Heider für die Freien Wähler. In einer Zeit, in der die Basis für eine erfolgreiche Schulzeit in der Grundschule gelegt werde, sei es vernünftiger, das gesamte System zu betrachten. „Haupt- und Realschule dürfen nicht vernachlässigt werden, sonst verfehlen wir das Ziel der Bildungsgerechtigkeit“, argumentierte Heider.
Ihr stimmte Susanne Feil zu. Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen ergebe G9 nur dann Sinn, wenn „es sich nicht schlicht um eine gedehnte Form von G8 handeln würde“. Letztlich werde der gleiche Stoff unterrichtet, aber über ein Jahr länger. Und: Sie befürchtet ein Konkurrenzdenken zwischen dem Ebinger Gymnasium und den zwei G8ern in Tailfingen und Meßstetten. Feil: „Das Progymnasium Tailfingen hat einen ausgezeichneten Ruf. Es wäre schade, wenn es unter der unendlichen Ausdehnung dieses Schulversuchs leiden würde.“
Vorteile: Mehr Zeit und weniger Druck
Anders sahen das die Fraktionen der CDU, SPD, FDP und ZUG. „An den Schülerzahlen erkennt man, dass G9 nach wie vor beliebt ist. Das ist die Stärke des Ebinger Gymnasiums“, betonte Daniele Steinhart-Schwab (CDU). Dass man den Schülerinnen und Schülern und den Eltern weitere fünf Jahre eine zumindest etwas entspanntere Schulzeit anbieten könne, sei wichtig für Albstadt und den gesamten Zollernalbkreis. So sieht es auch Ulrich Deufel (FDP), Vater von zwei Kindern – eines absolvierte G8, eines G9: „Warum gönnen wir unseren Kindern nicht dieses eine Jahr mehr, wenn die Landesregierung uns schon die Möglichkeit dazu gibt?“
Lara Herter von der SPD sieht zudem einen Vorteil in G9 aufgrund der Pandemie. Die jetzigen Grundschüler hätten wegen der Pandemie viel Nachholbedarf. „Der Druck bei G8 ist höher – bei G9 dagegen haben die Kinder mehr Zeit, sich zu entwickeln und die Lücken aufzuholen.“
Mehrheitlich stimmte das Gremium (bei acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen) dafür, G9 in Ebingen zu verlängern. Als Schulträger des Gymnasiums wird die Stadt folglich dem Kultusministerium diese Empfehlung weitergeben.
849
Schülerinnen und Schüler sind aktuell im Ebinger Gymnasium eingeschrieben. 123 davon sind Fünftklässlerinnen und Fünftklässler, alle absolvieren das Gymnasium als G9.